Eichstätt
Kunterbunte Abstimmungen

Maurer, Ponschab und Losert Landrat-Stellvertreter – 50 Jahre neuer Landkreis Eichstätt (3)

22.05.2022 | Stand 23.09.2023, 0:57 Uhr

Abstimmung im Kreistag 1978 (vordere Reihe von links): Rosemarie Heimerer, Martin Meier, Walter Trautenbach und Johann Wittmann (alle SPD), Heidrun Ponschab, Gustl Schön, Alfred Maurer, Andreas Meyer (alle CSU). Foto: Ettle

Von Josef Ettle

Eichstätt – Zu den am meisten kontrovers diskutierten Landesteilen gehörte bei der großen bayerischen Gebietsreform in den 1970er-Jahren der heutige Landkreis Eichstätt. Da bedurfte es Lokalpolitiker, die mit Engelszungen auf die in Amt und Würden Sitzenden und auf das Wählervolk einredeten. Die von der eingesessenen Christlich Sozialen Union abgesplitterten „Rebellen“, die in Ingolstadt nahen Gemeinden wohnten, sahen ihre Hoffnungen nicht erfüllt. Sie gründeten die CUM (Christliche Union der Mitte).

Die 1972 errungenen neun CUM-Mandate wurden als „ein etwas enttäuschendes Ergebnis“ bezeichnet. Kreisrat Johann Blumenhofer weiter: „Wir müssen uns auf ein langes Bestehen einstellen und uns als eingetragener Verein registrieren lassen.“ Wenn es dem Wohl der Bevölkerung diene, so beschloss die CUM, wolle man mit der CSU stimmen. Das Hauptanliegen war, den Landkreissitz nach Ingolstadt zu bekommen. Da lag aber schon seit einem Jahr der Vorschlag der Regierung von Oberbayern vor, der im Wesentlichen dem heutigen Zuschnitt der Region entsprach.

Start des neuen Kreisesam 1. Juli 1972

Beim Start des neuen Landkreises bestanden drei Verwaltungsstellen. Das Landratsamt Eichstätt war für das Gebiet des bisherigen Stadt- und Landkreises Eichstätt und die neu hinzugekommenen Tittinger Gemeinden zuständig. In dem vom aufgelösten Landkreis Beilngries überkommenen Landratsamt Beilngries saßen die Ansprechpartner für die Stadt Beilngries und die Gemeinden Biberbach, Grampersdorf und Kottingwörth. Dieses Landratsamt wurde bis zum Jahresende 1972 „abgewickelt“, verschiedene Aufgaben der Stadt Beilngries übertragen.

Übrigens ging der Übergang des Landkreises Beilngries an den neuen großen Landkreis unspektakulär vor sich. In den ersten Julitagen 1972 erschien Konrad Regler im Landratsamt und bekam von Landrat Hans Pröll, nun im Ruhestand, die Schlüssel überreicht. Regler erhielt noch das Wappen von Beilngries, „damit er immer an die Beilngrieser Ecke erinnert wird“.

Kreisgremien tagtenin Ingolstadt

Das Landratsamt Eichstätt, Dienststelle Ingolstadt, blieb als Außenstelle bis Dezember 2018 bestehen, als der Einzug in den Dienststellen-Neubau Lenting erfolgte. Die Landräte hielten in Ingolstadt regelmäßig Sprechstunden. Das Amt war für den Rest des bisherigen Landkreises Ingolstadt zuständig sowie für das Gebiet Altmannstein aus dem aufgelösten Landkreis Riedenburg. In der Dienststelle Ingolstadt fanden regelmäßig Beratungen des Kreisausschusses und des Kreistags statt.

Der Stadtrat Eichstätt hatte in den Vorjahren der Reform den Arbeitstitel „Altmühlkreis“ gewählt und zugestimmt, dem Kreis angehören zu wollen. Eichstätt war ab 1940 eine kreisangehörige Stadt, seit 1949 aber wieder kreisfrei. Nach Oberbürgermeister Hans Hutter galt für die Stadt das höchste Bemühen, dass der Verwaltungssitz des neuen Kreises in Eichstätt festgeschrieben wird. Was die freiwillige Rückkreisung betraf, wurde am 26. März 1971 im Stadtrat heiß diskutiert. Bedingung war, dass die Kommune als Mittelzentrum und als „Große Kreisstadt“ eingestuft wird und dass Gemeinden am Rand eingemeindet werden. Die Rückkreisung wurde bei sieben Gegenstimmen angenommen.

Mit Spannung wurde die erste Beratung des neuen Kreistags an dem heißen Sommertag 18. Juli 1972 im prunkvollen Spiegelsaal der Eichstätter Residenz erwartet. Es galt, für Landrat Konrad Regler den 1. Stellvertreter zu bestimmen. Kreisrat Alfred Maurer (CSU) aus Beilngries bekam 36 Stimmen, Kreisrat Thomas Ferstl (SPD) aus Kösching erhielt 16 Stimmen und Kreisrat Johann Blumenhofer (CUM) aus Stammham acht Stimmen. Zu weiteren Stellvertretern von Konrad Regler wurden dann Heidrun Ponschab (CSU) aus Wettstetten und Raimund Losert (CSU) aus Altmannstein gewählt. Damit stellte die Christlich Soziale Union die komplette Spitze des neuen Landkreises.

In den Kreisausschuss entsandte die CSU sieben Mitglieder: Gustl Schön und Hans Hutter (beide Eichstätt), Andreas Meyer (Möckenlohe), Alfred Maurer (Beilngries), Heidrun Ponschab (Wettstetten), Rainer Losert (Altmannstein) und Josef Hirsch (Egweil). Von der SPD kamen Martin Meier (Gaimersheim), Thomas Ferstl (Kösching) und Walter Trautenbach (Eichstätt). Die CUM war mit zwei Leuten vertreten: Johann Blumenhofer (Stammham) und Martin Amberger (Oberdolling).

Die Vereidigung von Landrat Konrad Regler oblag dem ältesten Kreistagsmitglied, das war Max Rucker aus Beilngries von der Christlichen Union der Mitte. Eine Entscheidung der ersten Stunden des Kreistags war: „Zur Festlegung des Kreissitzes gibt es keine Volksabstimmung.“

In der Kreistagssitzung am 5. Dezember 1972 stand das Thema „Kreiskrankenhaus Kösching“ auf der Tagesordnung. Dabei wurde beschlossen, den zweiten Bauabschnitt des Krankenhauses anzupacken und rund 100 weitere Betten zu schaffen. Bei dieser Beratung galt es, 27 Punkte abzuarbeiten. Dabei stand auch das Thema Grenzkorrektur an. Bei Biberbach (Stadt Beilngries) sollten aus praktischen Gründen ein paar hundert Quadratmeter von Eichstätter auf Neumarkter Gebiet umgewidmet werden. Kreisrat Oberbürgermeister Hans Hutter stimmte dagegen. Nach dem Grund befragt, sagte er: „A guata Baua gibt nix her.“ Als Kuriosum und Beispiel von gelebter Demokratie schrieb der Berichterstatter damals: „Mal stimmte die CSU mit der SPD gegen die CUM, dann die SPD mit der CUM gegen die CSU und schließlich die CUM mit der CSU gegen die SPD.“ Kunterbunte Abstimmungen sind ein Zeichen gelebter Demokratie. Bei der nächsten Kreistagswahl nach der Gebietsreform, das war im März 1978, waren Christliche Union der Mitte und Landkreisblock der Mitte bereits in der Versenkung verschwunden. Landrat Regler legte noch an Stimmen zu. Lediglich zwei Frauen zogen ins Kreisparlament ein: Heidrun Ponschab (CSU, Wettstetten) und Rosemarie Heimerer (SPD, Gaimersheim). Die CSU stellte 43 Kreisräte, die SPD 16, die FDP einen. Mit 87 Prozent lag die Wahlbeteiligung im Landkreis deutlich über der Bayerns.

Name und Sitz des Landkreises standen also fest, die Aufgaben waren verteilt, nun musste ein Wappen her. Für die Schaffung dieses Aushängeschildes war ein Wettbewerb ausgeschrieben worden. Zwanzig Entwürfe gingen ein, die Idee von Karl Westermeier aus Beilngries gefiel am besten. Er platzierte links eine Fackel der Raffinerie, in der Mitte den Bischofsstab und rechts einen Laub-Zweig (aus dem am Schluss ein Hirschgeweih wurde).

Damit sollten alle Gebietsteile vertreten sein: Die Fackel symbolisiert die Gemeinden mit den Raffinerien an der Donau, der Bischofsstab steht für den Eichstätter Raum, die Zugehörigkeit zum einstigen Fürstbistum unterstreicht das Geweih für Beilngries mit Hirschberg. Auf Westermeiers Basis schuf der Passauer Grafiker Max Reinhart das Wappen. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr „50 Jahre Landkreis“ wurde ein neues stilisiertes Emblem entworfen. Trostpflaster: Das alte Wappen bleibt gültig.

EK



In der nächsten Folge zum Jubiläum „50 Jahre Landkreis Eichstätt“ stehen die Behörden, Schulen, Wirtschaft und Umwelt im Mittelpunkt.