Eichstätt
Virtuelle Plauderstunden

OB-Kandidaten stellten sich im Livestream Fragen der Grünen - "Joe, du musst langsamer sprechen"

24.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:40 Uhr
Immer schön der Reihe nach: Die Spitzenkräfte der Eichstätter Grünen, Simone Zink und Klaus Bittlmayer, befragten am Montagabend via Internet die beiden verbliebenen OB-Kandidaten. In der ersten Stunde war Josef Grienberger (CSU, links) dran, in der zweiten Christian Alberter (SPD). −Foto: Knopp

Eichstätt - "Live?

 

Live? Ich seh' uns schon! " Zugegeben, der Anfang dessen, was am Montagabend über manch heimischen Laptop flimmerte, war etwas holprig. In Corona-Zeiten muss man aber eben zu "moderneren Mitteln" greifen: Die Eichstätter Grünen hatten zu einem Live-stream mit den OB-Kandidaten geladen - allerdings nicht im direkten Duell. Die ersten 60 Minuten gehörten Josef Grienberger (CSU), die zweiten Christian Alberter (SPD). Allzu viel Neues gab es eigentlich nicht, es waren aber immerhin zwei interessante Plauderstündchen, die über den Youtube-Kanal und die Facebook-Seite der Grünen ausgestrahlt wurden. In der Spitze waren 75 Nutzer dabei.

Die erste Erkenntnis: Man duzt sich. So begrüßte Simone Zink, die gerade den Einzug in den Stadtrat geschafft hat und gemeinsam mit Ex-OB-Kandidat Klaus Bittlmayer die Fragen stellte, Grienberger mit einem verbindlichen: "Hi Joe, schön, dass du dir die Zeit genommen hast. " Dieser wiederum pixelte zunächst etwas vor sich hin, was auf eine nicht besonders stabile Leitung schließen ließ. Auch sein Tempo musste der CSU-Mann, der den ersten Wahlgang mit 43,3 Prozent für sich entschieden hatte, im Verlauf des Chats immer wieder den Tücken des Internets anpassen: "Joe, du musst langsamer sprechen. "

So wurde es ein zwar gezähmter, aber durchaus munterer Ritt durch Themenfelder, die auch im bisherigen Wahlkampf schon hinlänglich beackert wurden. Zum Tourismus meinte Grienberger, die Stadt müsse das Potenzial der Willibaldsburg besser nutzen und auch irgendwann an die Ausrichtung der Landesgartenschau denken. "Leben am Fluss" sei ebenso im Fokus: "Hier ist in den vergangenen Jahren zu wenig passiert", und es lasse sich schon mit geringen Mitteln einiges erreichen.

"Die Mischung macht's", lautet Grienbergers Credo beim Komplex Bauen, bei dem es speziell um Nachverdichtung ging. Hier müssten unter anderem Brücken gebaut werden zwischen älteren Menschen, die allein in großen Häusern leben, und jungen Familien, die auf der Suche nach einer Bleibe sind. Baugebiete sollten natürlich an die Stadtlinie angeschlossen werden - und was das Thema Stadtbus allgemein betrifft, dürfe es laut Grienberger übrigens keine Denkverbote geben: Dazu gehöre auch die Überprüfung der "heiligen Kuh" Halbstundentakt.

Bei der Frage nach einer Erhöhung des Kulturetats war der CSU-Kandidat etwas zurückhaltend: Ehreamtliche sollten selbstverständlich leichter an Fördermittel kommen können, allerdings "müssen wir angesichts der aktuellen Lage und der nicht abschätzbaren Folgen froh sein, wenn wir den Status halten können".

Dass die Universität immer mehr Flächen im Zentrum belege, findet Grienberger nicht schlecht: "Das ist ein kleiner Campus in der Innenstadt", der auch zur Belebung beitrage. Was die weitere Entwicklung der KU angehe, mahnte er mit Blick auf Ingolstadt an, "nicht zu schlafen": Hier ruhe seine Hoffnung auf der ehemaligen Maria-Ward-Schule am Residenzplatz.

 

Die aktuelle Verkehrssituation bezeichnete Grienberger als "Flickenteppich": Es müsse ein Gesamtkonzept her, was Punkte wie die Lenkung von Verkehrsströmen, ÖPNV, Nachdenken über ein Parkdeck und Barrierefreiheit beinhalte. Beim Stadtmarketing müsse Eichstätt unter anderem alle Kanäle nutzen, den "Markenkern Fairtrade-Stadt" besser pushen und auch über eine Neuausrichtung der Dulten nachsinnieren. Derzeit gehe es darum, "gut durch die Corona-Krise zu kommen": Dazu schlug Grienberger zur Stützung des Einzelhandels unter anderem ein temporäres Aussetzen der Fremdenverkehrsabgabe und der Parkraumüberwachung vor.

Beim Punkt "Bahnhof lebt" zuckte er etwas zurück: Er sei "ein großer Freund" der Genossenschaftsidee, bekannte Grienberger, allerdings vermisse er noch ein langfristiges, tragfähiges Konzept für die Nutzung des Bahnhofgebäudes: Man müsse den Prozess "kritisch-konstruktiv" begleiten.

"Ich stehe voll dahinter", ließ dagegen Christian Alberter, der im ersten Wahlgang auf 22,6 Prozent kam, anschließend zu dem Thema wissen. Ebenso wichtige Projekte seien die Haifischbar und die Einbeziehung des Altmühlufers in die Barockstadt. Forciert werden müsse auch der "Einkaufstourismus" - sprich, Leute aus dem Umland sollen nach Eichstätt zum shoppen gelockt werden. Im Bereich Bauen warnte der SPD-Kandidat davor, "Fehler aus der Vergangenheit zu wiederholen": In Neubaugebieten müsse Bauzwang herrschen - nicht so wie beim Roten Bügel in Landershofen, der einem privaten Bauträger überlassen worden war, und wo immer noch ein Drittel der Fläche unbebaut sei. Was die Schließung innerstädtischer Baulücken betreffe, müsse der Oberbürgermeister erster Ansprechpartner für Grundstückseigentümer sein und Überzeugungsarbeit leisten. Auch genossenschaftlichem Bauen und der damit verbundenen Schaffung von günstigem Wohnraum solle mehr Bedeutung beigemessen werden. Grundsätzlich sollten Baugebiete künftig klimapositiv ausgerichtet werden, und auch bei bestehenden, älteren Vierteln, in denen man sich über kurz oder lang von Ölheizungen verabschieden werde, sei die Versorgung über Blockheizkraftwerke eine Zukunftsoption. Darüber hinaus "müssen wir beim Stromangebot der Stadtwerke raus aus Kohle und Kernkraft".

Bei der Kulturförderung sprach Alberter von "veralteten Richtlinien", die überarbeitet werden müssten. Versprechungen zu machen, sei allerdings angesichts der Corona-Krise unseriös. In Sachen Uni und Raumbedarf sieht Alberter das große Ganze: Bistum und Stadt hätten hier ebenfalls Lücken - "da müssen wir zeitnah in Gespräche gehen". Leerstände in der Innenstadt gelte es aktiv zu bekämpfen: Auch hier müsse der Oberbürgermeister auf Immobilieneigentümer zugehen und ihnen klarmachen, "dass 15 Euro pro Quadratmeter nicht realistisch sind", streifte Alberter das nächste Thema. In Sachen Verkehr müsse die Innenstadt entschleunigt und Eichstätt zudem zur Fahrradstadt ausgebaut werden: Hierfür gebe es vom Staat übrigens 80 Prozent Zuschuss. Zur Stadtlinie meinte Alberter, dass die Konzessionen in zwei, drei Jahren auslaufen: "Auch da müssen wir das Konzept neu überdenken. " Er sei "ein großer Fan" von Rufbussen und auch von selbstfahrenden Bussen.

Alberter warb dafür, Stadtratsvorlagen künftig vor den Sitzungen online zu stellen, er sprach sich für mehr Bürgerbeteiligung abseits der klassischen Bürgerversammlungen aus und plädierte dafür, Klimaschutzmaßnahmen in der Verwaltungsarbeit zu manifestieren.

Beim Thema Migration verwies er auf die vielen Projekte der Malteser, deren Geschäftsführer er bekanntlich ist. In diesem Zusammenhang erwähnte Alberter auch OB Andreas Steppberger (FW), der immer für eine offene und solidarische Gesellschaft eingetreten sei: "Hier hat er einen guten Job gemacht. Das will ich eins zu eins so weiterführen. "

EK