Kirchanhausen
"Kleiner Ort mit großer Vergangenheit"

Kreisheimatpfleger Karl Heinz Rieder blickt zur 1250-Jahr-Feier von Kirchanhausen in die Geschichte

03.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:24 Uhr
  −Foto: Fotos: Patzelt

Kirchanhausen (EK) Die Kirche Mariä Opferung hatte sich gefüllt, als der Eichstätter Kreisheimatpfleger Dr. Karl Heinz Rieder unter dem Titel "Aohhusa - Kirchanhausen, kleiner Ort mit großer Vergangenheit" auf der Basis historisch-archäologischer Aspekte zum 1250-jährigen Jubiläum der ersten Nennung referierte.

Die Begrüßung der zahlreichen Besucher übernahm die Kindinger Bürgermeisterin Rita Böhm. Als Veranstalter trat der Markt Kinding in Zusammenarbeit mit dem Katholischen Pfarramt Beilngries auf. Unter den aufmerksamen Zuhörern befanden sich auch Domkapitular Josef Funk und Thomas Schweiger vom Kirchanhausener Organisationsteam.
Mit den Worten "Es gibt keinen besseren Ort - die Kirche ist schließlich die Keimzelle des Dorfes", bedankte sich die Bürgermeisterin bei Funk, das schmucke Gotteshaus als Veranstaltungsort nutzen zu dürfen. Die Kindinger Rathauschefin wies auf die große Jubiläumsfeier am kommenden Sonntag, 10.Juni, hin. "Bis dahin werden wohl auch die Stelen beim Brunnen fertig sein und es wird einen Kirchenführer geben."

Kreisheimatpfleger Rieder versuchte bei seinen Recherchen zunächst auf einige Fotos der damaligen Pfarrherrn zurückzugreifen, musste jedoch feststellen, dass sich "die hohe Geistlichkeit nur selten hatte abbilden lassen". Fotos gab es dann meist nur auf den Sterbebildchen. Bei den Recherchen komme man laut Rieder an Franz Heidingsfelder nicht vorbei. Der studierte zuerst Katholische Theologie und empfing in Eichstätt die Priesterweihe. Heidingsfelder bearbeitete unter anderem für die Gesellschaft für fränkische Geschichte die Geschichte der Bischöfe von Eichstätt. Im Jahr 1965 ist dann eine Urkunde aus dem Jahr 895 in Verkehr gebracht worden, in der König Arnulf die kleine Abtei Ahhusa dem Eichstätter Bischof schenkte. Bei Nachforschungen, so Rieder weiter, stoße man automatisch auf das Kloster Weltenburg. "Träger dieser Bewegung waren irische Mönche, allerdings besitzen wir aus dieser Zeit keinerlei Urkunde, das sind reine Legenden", erläuterte der Kreisheimatpfleger.
Ab 600 bis 650 kam es zum Bau von Kirchen in Friedhöfen. Allerdings seien diese fast ausschließlich in Holzarchitektur erstellt worden. "In den ältesten Plänen sehen wir nicht allzu viel, das eine große Kirchengeschichte vermuten lässt", stellte Rieder fest. Die ältesten Siedlungen sind die "-ing-Orte". Es folgen die Orte mit den Endungen "-heim". Die "-hofen-Ortschaften" sind dann meist durch Expandieren im Sinne von Hofhaltung entstanden. Die Orte mit den Endungen "-hausen" verfolgten dagegen eine ganz andere Strategie, quasi im Sinne einer Lückenschließung, erklärte Rieder. Sie entstanden ab 650 bis etwa 700 dort, wo noch Platz war. "Bei diesen Orten hat man Jahrhunderte lang nicht unterschieden. Erst im Mittelalter erfolgte die Trennung, beispielsweise in Badanhausen und eben Kirchanhausen."
Nach diesen sprachlichen Erläuterungen ging der Heimatpfleger auf die Archäologie näher ein. Hier hatte ihm der bereits verstorbene Beilngrieser Max Künzel als "echter Steinzeitler" mit Bruchstücken entscheidend weiter geholfen. Bei Nachforschung in den Archiven ließ sich Rieder auch diverse Bauakten vorlegen. "Dabei kamen unter anderem Pläne eines Bauzeichners aus Kipfenberg hervor, die auf Büttenpapier die alte Kirche mit gewölbtem Chor zeigen, die für die Romanik richtig wäre. Rot war ein Vorschlag für eine Erweiterung des Gotteshauses eingezeichnet - wir reden dabei um die Zeit 1830 bis 1850", so Rieder. Aus der Bevölkerung heraus sei der Durck für einen Neubau entstanden, "weil sich die Kirche als baufällig herausgestellt hatte". Um das Jahr 1834 habe dann der damalige Pfarrer sogar "zu wettern begonnen", er brauche unbedingt eine neue Kirche, da das alte Gotteshaus eine Schande darstelle.
Anno 1856 erfolgte schließlich der vollständige Abbruch der alten Kirche, ein Jahr später wurde ein kompletter Neubau im neugotischen Stil erstellt. Die Baupläne eines Regierungsbauzeichners aus Ansbach stießen jedoch nicht sofort auf die Zustimmung der Bevölkerung. "Man zeigte sich sogar empört. Man wollte zwar eine neue, aber keine solche Kirche." Und sparsam, wie die Kirchanhausener waren, bauten sie die Steine der romanischen Kirche wieder mit ein. Ebenso eine große Anzahl an Gewölberippen aus Tuffstein in den Bereich des heutigen Chorturms. Das Gotteshaus erhielt 1867 die kirchliche Weihe.
Über Künzel war Rieder auf einen Fotostreifen gestoßen, der die Errichtung einer neuen Friedhofsmauer zeigte. Dabei bargen die Handwerker unter anderem auch einen Säulenknauf, ein romanisches Kapitell. Es handelte sich dabei um den Abschluss einer Säule, versehen mit roten Ornamenten. Die Steine wurden sorgfältig in Papier verpackt und von Künzel ins Eichstätter Diözesanmuseum gebracht. Beim Aufräumen kamen im Oktober 1982 auch Skelettteile zum Vorschein. "Im Diözesanmuseum bin ich dann auf die besagten Steine gestoßen. Ich merkte schnell, dass sich dabei um Säulen aus Tuffstein mit einem stolzen Durchmesser von 33 Zentimeter handelt. Sie hatten eine rote Farbgebung und waren wohl mal mit Stuck umkleidet. Diese Machart kenne ich eigentlich nur aus der Gotik", erzählte Rieder und man merkte ihm die Freude über diesen Fund noch deutlich an.
Zum Schluss seines mehr als einstündigen Vortrags zog Karl-Heinz Rieder noch ein Fazit. Der Zusatz "-achhausen" sei kein Name für ein Kloster. Er führe vielmehr auf zwei noch heute vorhandene, allerdings verrohrte Wasserquellen zurück. Diese waren zwar als Viehtränke ausreichend, konnten aber keine Mühle betreiben. Die Altmühl komme als "-ach" (Bach,Wasser) nicht in Frage, da es sich dabei ja um einen Fluss handelt. Daher blieben nur diese größeren Quellbäche übrig. Zum Gesamtensemble gehören noch Badanhausen und "Kratzhusa", wo eine Mühle betrieben werden konnte. "Ich bin der Meinung, dass wir mit Aoh-husa eine Siedlung am Bach um die Zeit von 650 bis etwa 670 vor uns haben", so Rieder. Um das Jahr 700 bestand dann das große Bestreben, Klöster mit ins Boot zu nehmen.

Das ehemalige Kloster in Kirchanhausen war vermutlich nicht in Stein-, sondern in Holzarchitektur errichtet worden. Für Eichstätt war es später nicht mehr relevant und es ging komplett verloren. Die Ausstattung übernahmen Lehennehmer. Rieder schloss seine Ausführungen mit den Worten "Geschichte geht nicht gerade Wege - Geschichte passt sich an."

Anton Patzelt