Zandt
"Keine Flieger und Bomben"

Auf der Flucht vor der Roten Armee landeten am Ende des Zweiten Weltkriegs auch Flüchtlinge in Zandt

28.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:27 Uhr
Bürgermeister ab Dezember 1945: Konrad Waltl. −Foto: Bauer

Zandt - Anfang Januar 1945 war die militärische Niederlage des deutschen Reiches bereits offenkundig.

Die Rote Armee rückte unaufhaltbar westwärts vor. Die Wehrmacht musste zurückweichen. Die zivilen deutschen Bewohner in den umkämpften Kriegsgebieten im Osten mussten ab Januar 1945 und lange vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs ihre Heimat verlassen und flüchten. Es gab erschütternde Berichte über das unmenschliche Vorgehen der russischen Armee gegen deutsche Zivilisten.
In Zandt wie in anderen Orten der Umgebung kamen erste Flüchtlinge aus den Ostgebieten an.

Die ersten Flüchtlinge, die in Zandt eine Bleibe fanden, erreichten den Ort am 28. Februar 1945 und stammten unter anderem aus Glatz, Breslau, Brüx, Brandenburg und der Ukraine.
In Zandt war niemand auf die erste Welle von Flüchtlingen vorbereitet. Alle irgendwie geeigneten Unterkünfte, Zimmer und Kammern im Dorf wurden vom Bürgermeister beschlagnahmt. Der Platz fürs Wohnen war schon für die Einheimischen eng bemessen, oft mit karger Ausstattung.

Als Zeitzeugen haben unmittelbar Betroffene und deren Kinder aus diesen Gebieten für die "Chronik Zandt" ihre Fluchterlebnisse vom Verlassen ihrer Heimat bis zur Ankunft in Zandt niedergeschrieben. Mit ihren Aufzeichnungen und Erinnerungen werden Einblicke in ihr eigenes Erleben und das ihrer Eltern während der Flucht und auch Einblicke in ihr Leben im Riesengebirge in ihre neue Lebenssituation in Zandt gestattet. Besonders bewegend ist die Begegnung einer Familie aus Breslau mit einem deutschen Soldaten aus Zandt im Riesengebirge, der der Familie den Hinweis gab, in Zandt gäbe es "keine Flieger und Bomben" (siehe grauen Kasten).

Eine weitere Fluchtbewegung begann Anfang 1946. Zu dieser Zeit begannen planmäßige Zwangsvertreibungen von Deutschen aus dem Sudetenland und anderen Gebieten. Am 25. Juli 1946 hielten sich in Zandt bei geschätzten 600 Einwohnern insgesamt 86 Flüchtlinge auf. Diese Zahl steht in einem "Bericht über den Stand der Flüchtlingsseelsorge in der Pfarrei Zandt vom 25. Juli 1946" von Pfarrer Peter Möges. Weil er diese Zahl nach Eichstätt melden musste, hat er auch den Anteil an Katholiken und Protestanten ermittelt: 60 Katholiken und 26 Protestanten.

Den Flüchtlingsfamilien fehlte vieles - im Grunde genommen alles, was eine Familie zum täglichen Leben braucht. In Zandt versuchten sowohl die Gemeinde als auch von kirchlicher Seite der damalige Seelsorger Peter Möges, die vielfältigen Folgen der Flucht zu mildern. Die Zandter an sich waren in diesen Zeiten ebenfalls in vielfältiger Weise betroffen und eingeschränkt, manche Familien hatten den Vater, den Sohn oder auch den Bruder im Krieg verloren, vermisst oder Angehörige befanden sich in Kriegsgefangenschaft. So gut wie alle Zandter haben sich beteiligt an den Sammlungen von Pfarrer Möges und der politischen Gemeinde, obwohl die Besitztümer der Einheimischen auch nicht üppig waren.

Die überschaubaren Arbeitsmöglichkeiten in Zandt wurden angeboten im Steinbruch und bei Handwerksbetrieben in der Umgebung. Frauen fanden Hinzuverdienste im Köschinger Forst beim Kultivieren und Seegrasschneiden, manche Frau versuchte sich als Näherin sowie beim Hopfenzupfen in der Hallertau.

EK

Konrad Schießl