Eichstätt
Orchestrale Wucht

Konzert des Sinfonieorchesters der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt

26.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:34 Uhr
Das Sinfonieorechester der KU unter der Leitung von Uwe Sochaczewsky und die Mezzosopranistin Merit Ostermann begeisterten das Publikum bei diesjährigen Benefizkonzert. −Foto: Mayer

Eichstätt (EK) Dieses Konzert war nichts für schwache Nerven!

Ging es mit dem Soundtrack zu einem Harry Potter Film noch vergleichsweise harmlos los, schlug den Zuhörern, die zum Konzert des Sinfonieorchesters der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) unter der Leitung von Uwe Sochaczewsky in den voll besetzten Stadtsaal gekommen waren, bei zwei ursprünglich für Klavier und Sprecher gesetzten Melodramen von Franz Liszt schon eine sehr depressive, fast morbide Stimmung entgegen. Die entlud sich im zweiten Teil in einen feurigen, von andalusischer Zigeunermusik inspirierten Liebeszauber, wodurch sich das Publikum am Ende nach einem fulminanten Konzert der jungen Musiker zu donnerndem Applaus hingerissen fühlte.

Zum Einstieg und damit gewissermaßen zum langsamen Abtauchen in magische Welten gab es etwas leichter verdauliche Kost: Ein Arrangement aus Soundtracks zu Harry Potter-Filmen. Um diese Musik auch in Konzertsälen aufführen zu können, wurden Suiten und Medleys zusammengestellt, von denen ein Arrangement von Michael Story und Orchesterleiter Uwe Sochaczewsky unter dem Titel "The Magic of Harry Potter" zu hören war. Bezaubernd der Beginn mit dem auf einer Celesta gespielten "Hedwig's Theme". Doch spätestens nach der Rede von Daniela Hoffmann vom integra-Sozialdienst aus Gaimersheim, die sich für den Reinerlös des Konzerts schon im Voraus bedankte, war es mit der Wohlfühlatmosphäre vorbei. Denn Schauspieler Sebastian Griegel enterte die Bühne, um dem "Traurigen Mönch" von Nikolaus Lenau zusammen mit dem Sinfonieorchester Gestalt zu geben. Franz Liszt vertonte das Melodram, das mit seinen deklamatorischen, der menschlichen Sprache ähnelnden Lamentos und an der Grenze zur Atonalität liegenden Instrumental-Rezitativen daherkommt.

Auch das zweite Stück "Leonore", basierend auf einer Ballade von August Bürger, interpretierte Sebastian Griegel voll Liebe, Lust und Leidenschaft auf seine eigene, effektvoll tragische Weise. Das Orchester präsentierte das anrührende und empfindsame Werk dabei stets im Einklang mit dem genialen Rezitator, der mit seiner sonoren Bassstimme die Verzweiflung einer jungen Frau spürbar werden ließ. Die Schlussszene am Friedhof in Fis- Dur: Welch schwarzer Humor, ist doch diese Tonart jene mit den meisten Kreuzen! Beide Melodramen hatte übrigens Orchesterleiter Uwe Sochaczewsky für sein Ensemble instrumentiert.

War das Publikum bereits inspiriert angesichts solch außergewöhnlicher Werke, setzte das Orchester im zweiten Teil mit Musik aus der Feder von Manuel de Falla noch ein Werk drauf, das dem frühen 20.Jahrhundert entstammt: "El amor brujo" - Liebeszauber. Mit dem ursprünglich als Zigeunermusik komponierten Stück , das de Falla für die berühmte Zigeunersängerin Pastora Imperio, eine Tanzgruppe und 14 Musiker geplant hatte, entführte das Orchester sein Publikum nach Spanien.

Das in Andalusien spielende Ballettstück des spanischen Nationalkomponisten ist als Geistergeschichte mit rituellem Feuertanz, mit Gespenstern, Hexen und anderen zwielichtigen Figuren konzipiert. Es ist geprägt von deren Riten und ihrer Musik und: vom Cante jondo, dem schlichten andalusischen Volksgesang, dessen Stil sich in drei Liedern, die von "La voce" gesungen wird, wiederfindet. Interpretin dieser "Stimme", der geistergeplagten Witwe, war Merit Ostermann, die an der Hochschule für Musik und Theater in München klassischen Gesang studierte. Die Mezzosopranistin ist auch ausgebildete Musicaldarstellerin, Schauspielerin und Jazzsängerin, mittlerweile hat sie sich auf klassischen Gesang spezialisiert. Wohltuend unaufdringlich und berührend nahm sie das Publikum mit zum schmerzvollen Lied vom gebrochenen Herzen, dem Irrlicht sowie dem Tanz des Liebesspiels.

Das Orchester war mit viel Feuer und Temperament bei der Sache - sicher auch eine Folge des eindringlichen und überzeugenden Dirigats von Uwe Sochaczewsky. Und die Farben vor allem der Bläser funkelten, die Streicher brachten ein wirklich butterzartes Pianissimo zustande und erweckten zauberhafte Stimmungen und delikate Klangnuancen, vor allem wenn der Komponist im berühmten rituellen Feuertanz, der von zwölf Glockenschlägen zu Beginn der Geisterstunde ausgelöst wird, die Atmosphäre des Hummelflugs von Rimsky-Korsakov aufnimmt und ihn mit flammenden Trillern spickt. Der Tanz endet in gewaltigen Hammerschlägen, als sei der Sieg über die verstörende Kraft errungen.

Am Ende nahm das Publikum diese gewaltige orchestrale Wucht dankbar auf: Sie entlud sich in einem donnernden und wohl verdienten Applaus.
 

Edgar Mayer