Titting
Jurakalk schenkt einzigartige Lebensräume

Bei einem Workshop vor der Coronakrise ging es um die Biodiversität in Titting

23.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:41 Uhr
Agrarlandschaft, Wald und Gewässer waren die Schwerpunkte beim Biodiversitäts-Workshop. −Foto: Brigl

Titting - Der Markt Titting ist eine von zehn Kommunen im Modellprojekt "Marktplatz der biologischen Vielfalt - Bayerische Kommunen setzen auf Biodiversität".

Ziel des "Marktplatzes" ist es, den Erhalt der Biodiversität als kommunale Aufgabe zu verankern und ins Gemeindeleben zu integrieren. Die Projektgemeinden sollen neben positiven Entwicklungen im Gemeindegebiet auch zum Schutz der Arten und Lebensräume in bayerischen Kommunen beitragen. Das Projekt bringt die Bayerische Biodiversitätsstrategie beziehungsweise das Biodiversitätsprogramm Bayern 2030 auf kommunaler Ebene zur Umsetzung. Hierzu erhalten die Gemeinden Beratung, um Strategien zu erstellen, die auf die Gemeinde abgestimmt sind. Außerdem bekommen sie Unterstützung bei der praktischen Umsetzung erster Maßnahmen zum Arten- und Lebensraumschutz.

Vorbild für das Modellprojekt ist die Marktgemeinde Tännesberg im Landkreis Neustadt an der Waldnaab, die erste Biodiversitätsgemeinde Deutschlands. Seit über 30 Jahren werden hier Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Biodiversität durchgeführt. Auf Grundlage dieser langjährigen Erfahrung werden die Projektgemeinden gemäß ihren jeweiligen Voraussetzungen beraten. Das Projekt trägt die Kosten für die Entwicklung der gemeindeeigenen Strategien und koordiniert den Austausch im Netzwerk.

In Titting schenke der Jurakalk einzigartige Lebensräume mit bedeutender Artenvielfalt. Die Kommune trage Verantwortung, den Naturreichtum zu erhalten, und integriert diese Aufgabe in das Leitbild seiner zukünftigen Gemeindeentwicklung: So könnte man die Vision zusammenfassen, die im dritten Workshop zu diesem Thema entstand. Er fand bereits vor einigen Wochen statt. Thomas Schwarz und Paula Guggenberger von der landimpuls GmbH aus Regenstauf leiteten ihn. Guggenberger stellte den aktuellen Entwurf des Tittinger Biodiversitätsplans vor, in dem die bisher zum Workshop erarbeiteten Schwerpunkte des Biodiversitätsengagements für die Handlungsfelder Agrarlandschaft, Wald und Gewässer grafisch dokumentiert werden. Grafisch nicht abgebildet werden die Bereiche Siedlung, Naturerleben und Bewusstseinsbildung sowie Wertschöpfung. Für alle sechs Felder wurden im Workshop zahlreiche Maßnahmen entwickelt, in eine Rangfolge der Dringlichkeit gebracht und mit Zuständigkeiten versehen.

Die mit hoher Priorität eingestuften Maßnahmen sollen noch während der Projektlaufzeit bis Dezember 2021 eingeleitet, beziehungsweise abgeschlossen werden. Eine herausragende Maßnahme ist dabei die Entwicklung der landwirtschaftlichen Flächen am Pfleimberg zu einem Reservat für gefährdete Ackerwildkräuter. Von dort ausgehend sollen die größtenteils gefährdeten Pflanzen auch ihren Weg zurück in die Tittinger Flur schaffen. Erste Vorarbeiten wurden bereits unternommen und es wurde im Workshop bekanntgegeben, dass die Finanzierung der Maßnahme bereits langfristig gesichert werden konnte.

Die ökologische Entwicklung von Feldrainen und wegbegleitenden Rändern unterstützt die Ausbreitung und schafft wichtige Vernetzungsstrukturen für Insekten und andere Arten. Hierzu werden als vorrangige Maßnahme in diesem Jahr Versuche mit unterschiedliche Pflegetechniken unternommen. Die effizienteste Pflege soll dann auf das Gemeindegebiet ausgedehnt werden, um den Biotopverbund zu fördern.

Weitere Schwerpunkte sind die Renaturierung beziehungsweise Rekultivierung der bereits stillgelegten und aktuell bewirtschafteten Abbaugebieten des Juramarmors sowie die Vorranggebiete des zukünftigen Abbaus. Allein die gesamte Ausdehnung der entsprechenden Flächen macht ein konzeptionelles Vorgehen für die Förderung der Biodiversität im Südwesten des Gemeindegebiets absolut notwendig.

Im Handlungsfeld Wald erhält die Gemeinde wertvolle Unterstützung aus dem zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Neben den ökologischen Aufwertungsmaßnahmen, die mit dem Waldumbau einhergehen, wird eine studentische Projektarbeit konkrete Ansätze erarbeiten, wie die Lebensraum- und Artenvielfalt in den Tittinger Wäldern gesteigert werden kann.

In Summe umfasste der Maßnahmenkatalog am Ende des dritten Workshops gut 30 Einzelmaßnahmen. Allen Beteiligten war bewusst, dass die vollständige und nachhaltige Umsetzung eine große Herausforderung darstellt. Aus diesem Grund wurde als weiteres Ziel die Einrichtung eines zentralen Biodiversitätsmanagers in der Verwaltung des Marktes aufgenommen. Zusammen mit den zahlreichen aktiven Teilnehmern im Arbeitskreis entstünde eine tragfähige Organisationsstruktur, die diese Herausforderungen bewältigen kann.

In seinem Schlusswort betonte der erste Bürgermeister Andreas Brigl, welche Bedeutung eine intakte Natur hat und bedankte sich für die konstruktive Mitarbeit. Er sei zuversichtlich, dass der Markt Titting seine Ziele erreichen wird.

Die Trägergemeinschaft des "Marktplatz"-Projekts setzt sich zusammen aus dem Markt Tännesberg und den landesweit tätigen Naturschutzverbänden Bund Naturschutz in Bayern e. V. , Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. und der Wildland-Stiftung Bayern. Gefördert wird das Projekt über den Bayerischen Naturschutzfonds aus Zweckerträgen der "Glücksspirale". Ferner wird es unterstützt vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz sowie dem Bayerischen Gemeindetag. Die ausgewählten Gemeinden haben ihre Bereitschaft erklärt, eigene Haushaltsmittel für Maßnahmen bereitzustellen.

EK