Pfünz
Im Licht des "Kini"

Schloss Neuschwanstein bekommt eine neue Beleuchtung von den Ingenieuren Bamberger aus Pfünz

22.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:18 Uhr
Zeichnen mit Schatten: Die neue Beleuchtung für das Schloss Neuschwanstein wurde in den vergangenen Tagen eingestellt. 47 LED-Strahler setzen das Licht so geschickt, dass der Betrachter ein plastisches Bild des Märchenschlosses sieht. −Foto: Gerhard Bumann

Eichstätt - Walter Bamberger ist kein Freund dramatischer Effekte.

Und genau damit war der Lichtdesigner aus Pfünz offenbar der richtige Mann, um mit seinem Team ein Projekt zu stemmen, das in Deutschland seinesgleichen sucht: eine neue Außenbeleuchtung für Schloss Neuschwanstein.

Es gibt wohl kaum eine andere Sehenswürdigkeit, die eine solch große Bekanntheit weltweit und einen solch großen Besucheransturm von allen Kontinenten verzeichnet. 1,5 Millionen Touristen besuchen das Märchenschloss von König Ludwig II. jedes Jahr.

Die alte Außenbeleuchtung stammt aus den 1980er-Jahren. Sie hat das Gebäude in den Augen Bambergers "einfach nur hell gemacht". Es seit damit nicht erlebbar gewesen, habe "wenig Körper" gehabt. Obwohl Schloss Neuschwanstein dem Freistaat gehört, ist der Markt Schwangau zuständig für die Außenbeleuchtung. Allerdings hat die Bayerische Schlösserverwaltung das letzte Wort. Dieses Vetorecht hat sie genutzt. Denn es lagen bereits zwei Beleuchtungskonzepte vor, die der Markt Schwangau abgesegnet hatte. Die Schlösserverwaltung hat sie abgelehnt - verbunden mit dem Tipp, doch einmal bei den Lichtspezialisten in Pfünz anzurufen. "Trauen Sie sich das zu? ", fragte also der Bürgermeister im Frühjahr 2018 bei Walter Bamberger an, dem es nicht unbedingt an Selbstvertrauen mangelt. "Das haben wir im Kreuz", habe er damals geantwortet, erzählt er.

Dieses Selbstvertrauen kommt nicht von ungefähr. In der Region hat das Büro die Lichtplanung für die Zentralbibliothek der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt oder der Steinernen Brücke in Regensburg übernommen. Aber auch die Frauenkirche in Dresden und sogar der Kölner Dom sind Zeugnisse der Pfünzer Ingenieurskunst. Nun also Schloss Neuschwanstein.

Die beiden abgelehnten Konzepte haben sich laut Bamberger dem Schloss von der Lichttechnik her genähert. Er dagegen hat sich zunächst einmal mit der Baugeschichte beschäftigt und der Biografie von König Ludwig II. , dem "Kini". "Ich habe mich sehr schwergetan", sagt Bamberger. "Es ist ein wildes Zusammenleben von Architektur - da ist viel Fantasie dabei. " Der eine Turm erinnert an eine römische Wehranlage, der andere nimmt Anleihen aus dem Orient und sieht beinahe aus wie ein Minarett. Bamberger spricht von einem wilden Mix aus unterschiedlichen Stilen. Das gesamte Schloss ist aus seiner Sicht ein Kunstwerk. Es bedarf deshalb keiner besonderen Effekte oder gar Farbspiele. Das Schloss selbst ist die Sensation.

Als der erste Entwurf nach monatelanger Arbeit fertig war, schüttelte der Lichtdesigner den Kopf. "Wir hatten alles richtig gemacht - aber das war nicht der Kini", sagt er. Bamberger und sein Team hatten das Schloss wie ein historisches Gebäude fachgerecht ausgeleuchtet, aber der 74-Jährige war dennoch unzufrieden. Sein Bauchgefühl sagte, dass etwas fehlte, auch wenn er nicht exakt wusste, was es war. Also hat er die erste Planung verworfen und noch einmal von vorne angefangen.

An einem Wochenende beim Sonntagsgottesdienst ist ihm dann die entscheidende Idee gekommen. In den meisten Fällen sei es der falsche Weg, Details zu übersteuern und herauszuarbeiten, erzählt Bamberger. "Dadurch kann der Gesamteindruck verloren gehen. " Aber bei Schloss Neuschwanstein gebe es überall Details, die nicht zusammenpassen. Und genau durch das gezielte Herausarbeiten dieser Einzelheiten entsteht für Bamberger ein Gesamteindruck, der dem Wesen des Schlosses und seines Urhebers entspricht. Dieses überarbeitete Konzept wurde problemlos sowohl von der Gemeinde Schwangau als auch von der Bayerischen Schlösserverwaltung akzeptiert.

In den vergangenen Tagen waren Bamberger und sein Team mehrmals in Schwangau und haben die 47 LED-Strahler, die zum Teil auf 200 Meter entfernten Masten verteilt sind, eingestellt. Für Bamberger geht es vor allem darum, die Schatten richtig zu setzen. Denn nur dadurch wirkt das Schloss auch bei Nacht und großer Entfernung noch plastisch.

Auch Schwangaus Bürgermeister Stefan Rinke (CSU) ist zufrieden. Er spricht von einer "dezent-eleganten Beleuchtung mit leichter Theatralik". Das gefällt Bamberger. "Das trifft es ziemlich gut. "

EK