Eichstätt
Home-Office-Kolumne Teil 27

Der Gatte, der Teenager und Ich - CORONotizen aus der Kleinstadt

03.07.2020 | Stand 02.12.2020, 11:03 Uhr
  −Foto: Wein, Elisabeth, Pollenfeld/Preith

Jede Lage, so ernst sie auch sein mag, wird leichter, wenn wir uns unseren Humor bewahren - gerade auch, wenn man plötzlich viel mehr Zeit mit der eigenen Familie verbringt, als man vielleicht jemals wollte.

 

Deshalb erzählt Autorin Elisabeth Wein in unserer Kolumne "CORONotizen aus der Kleinstadt", wie eine Familie, bestehend aus Mutter, Vater und Teenager-Sohn, ihren Corona-Alltag meistert. Und auch wenn es diese Eichstätter Familie tatsächlich geben und sich durchaus ein wahrer Kern in den Begebenheiten finden sollte, sind sie doch alle frei erfunden. Sie wollen vor allem eines: Sie in dieser schwierigen Zeit zum Lachen bringen.

Was für eine Grenzerfahrung - ich schmelze. Ungefähr so muss sich Mozzarella fühlen, wenn er auf Nudelauflauf gebettet in den Backofen geschoben wird; ungefähr so sehe ich auch aus: Weiß und fern jeglicher Sonnenbräune habe ich mich im abgedunkelten Schlafzimmer ausgebreitet und fließe langsam in die Besucherritze des Doppelbetts. "Es ist so heiß", keuche ich dem Gatten entgegen, der durchs Dämmerlicht tappt und sich die Zehen am Bettpfosten stößt. "Es ist halt Sommer", entgegnet er und unterdrückt einen Schmerzfluch, "außerdem hast du dich wochenlang beschwert, dass es dir viel zu kalt ist". "Ich liebe den Sommer ja, aber doch nicht gleich so heiß", verteidige ich mich.

Der Gatte seufzt resigniert und öffnet auf dem Tablet eine Excel-Tabelle. In dieser führt er penibel Buch, bei welchen Temperaturen sich sein Eheweib wohl fühlt. "Nach meinen neuesten Berechnungen liegt deine optimale Betriebstemperatur bei 23,4 Grad Celsius, bei leichtem Ostwind dürfen es auch 23,7 Grad sein", doziert er. "Das kannst du doch so pauschal nicht sagen", protestiere ich. Der Gatte hebt zu einem Vortrag über meine verschiedenen körperlichen Klimazonen an. Kalte Hände zum Beispiel führen zu akuter Motzerei, kalte Füße zu Schlaflosigkeit und Schwermut. Zu warme Füße hingegen haben emotionalen Hitzestau zur Folge - und wehe, der Kopf wird nicht kühl gehalten (allerdings nicht zu kühl, der Nacken, sie wissen ja?. ). "Eigentlich bist Du eine Mischung aus Eisbär und Eidechse", schließt er.

Ich fühle mich unverstanden. Kein Wunder: Sowohl Gatte als auch Teenager scheinen jeglicher Temperatur mit stoischem Gleichmut zu begegnen, weshalb auch bei größter Hitze zu langer schwarzer Jeans und geschlossenen Schuhen gegriffen wird. Ich hingegen besitze nicht nur eine Übergangsjacke, sondern eine Garderobe für jede Wetterlage - aufgeteilt in 5-Grad-Schritte. Und was wissen Männer schließlich schon von Hitzeattacken im Unterbrustbereich!

Um mich mit einem Eis abzukühlen, fließe ich die Treppe in den Keller hinab. An der Tiefkühltruhe treffe ich den Teenager, der gerade unsere Eisvorräte plündern will, vom Gatten aber wegen meiner brenzligen Gemütslage daran gehindert wird. Während das letzte Spaghetti-Eis mich wieder ins Gleichgewicht bringt, diskutieren Gatte und Kind weiter meine Klimazonen. "Was machen wir eigentlich, wenn Muttern in den Wechsel kommt und die Hitzewallungen einsetzen? ", fragt der Teenager besorgt. "Müssen wir sie dann weggeben? ". Der Gatte schielt auffällig zur Tiefkühltruhe und stellt im Kopf bereits Berechnungen an, um meinen Umzug in eben diese vorzubereiten. "Nur über meine Leiche", beschwere ich mich, "ich passe da niemals rein. " "Am Stück nicht", murmelt der Gatte. Der Teenager grätscht dazwischen: "Wenn die in die Tiefkühltruhe zieht, passt doch sonst nichts mehr rein! ". Ich kann beruhigt aufatmen, schon aus ästhetischen Gründen. Denn Hitzewallungssprays und Altersfleckensalbe hat die Apotheke meines Vertrauens sicher im Angebot - bei Cremes gegen Gefrierbrand könnte es allerdings etwas schwierig werden.

EK

(Fortsetzung folgt. . . )