Eichstätt
Home-Office-Kolumne Teil 17

Der Gatte, der Teenager und ich - CORONotizen aus der Kleinstadt

21.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:30 Uhr
  −Foto: Wein, Elisabeth, Pollenfeld/Preith

Jede Lage, so ernst sie auch sein mag, wird leichter, wenn wir uns unseren Humor bewahren - gerade auch, wenn man plötzlich viel mehr Zeit mit der eigenen Familie verbringt, als man vielleicht jemals wollte. Deshalb erzählt Autorin Elisabeth Wein in unserer Kolumne "CORONotizen aus der Kleinstadt", wie eine Familie, bestehend aus Mutter, Vater und Teenager-Sohn, ihren Corona-Alltag meistert. Und auch wenn es diese Eichstätter Familie tatsächlich geben und sich durchaus ein wahrer Kern in den Begebenheiten finden sollte, sind sie doch alle frei erfunden. Sie wollen vor allem eines: Sie in dieser schwierigen Zeit zum Lachen bringen.

 

Eichstätt - Der Gatte trifft mich in der Küche, wo ich unserem aus Italien mitgebrachten Weißweinessig die letzten Tropfen fürs Salatdressing abtrotze. Natürlich gibt es auch bei uns wunderbare Salatessenzen, aber dieser Essig ist das Symbol unserer jährlichen Aufenthalte an Adria und Gardasee. Er steht für Dolce Vita, Strandspaziergänge und Raubzüge durch italienische Supermärkte, wo wir uns mit einem Jahresvorrat an südlicher Sonne in Dosen und Flaschen eindecken.

Die leeren Regale in der Vorratskammer zeigen es an: Bis zur nächsten Reise in den Süden wäre es eigentlich nicht mehr lange hin. Doch damit wird es wohl nichts werden. "Die Italienerin in mir will aber nach Hause", lamentiere ich. "Welche Italienerin denn?", fragt der Gatte und vergleicht mein klein-gedrungenes Äußeres mit der italienischen Standard-Schönheit. "Du brauchst doch schon im Morgengrauen Lichtschutzfaktor 50 und wirst nie braun! Ich tippe da eher auf einen Eskimo im Stammbaum!" Daraufhin wird der Gatte kurz Opfer meines südländischen Temperaments und muss mir darin zustimmen, dass die Römer bei uns nicht nur den Limes gebaut, sondern auch allerhand Erbgut verstreut haben. Und außerdem gibt es auch hellhäutige Italiener. Basta!

"Tja", sagt der Gatte und zitiert Rainhard Fendrich, "willst Du behaarte Männerbrust, Du nicht übern Brenner musst!". Am nächsten Morgen wirft er deshalb den Teenager und mich um vier Uhr morgens aus den Federn und verfrachtet uns ins Auto. In diesem sitzen wir bis kurz vor Mittag, ohne die Garage zu verlassen. Erlaubte Pinkelpause: eine. Als wir das aufgeheizte Auto endlich verlassen dürfen, reserviert der Gatte zwei unserer Gartenliegen mit Handtüchern.

Dem Teenager eröffnet er, dass ihm die Rolle des Personals in unserem improvisierten italienischen Hotel zukommt - und zwar in allen Funktionen. Er wird also ins Haus gescheucht, um dort gleichzeitig Muttern einen kühlen Spritz zuzubereiten, Vanillecreme ins Hörnchen zu bugsieren und einmal das große Italien-Kochbuch durchzuarbeiten. Außerdem wird er dazu abgestellt, das Bad für die neuen Gäste zu putzen (dringend nötig) und auf unsere Betten anstatt weicher Daunendecken bügelbrettharte Laken zu tackern. Und wir bestehen darauf, dass er dabei alle Hits von Adriano Celentano trällert - auswendig, versteht sich. An unserem Minipool streut mir der Gatte unterdessen fürsorglich Sand aus der Filteranlage in den Bikini und versucht nebenbei, mir Sonnenbrillen und Handtaschen zu verkaufen.

So ließe sich Urlaub aushalten. Allerdings kippt die Stimmung, als der Gatte beim Teenager, der gerade das von ihm zubereitete Meeresfrüchtebuffet abräumt und an der 34. Eissorte des Tages tüftelt, noch einen Cappuccino bestellt. "Draußen nur Kännchen" reagiert er entnervt und wirft das Küchenhandtuch. "Bei dem unmotivierten Service" resümiert der Gatte "kriegen die von mehr garantiert nur einen Stern auf Holiday Check. Hier fahren wir nicht mehr hin - da machen wir uns lieber ein paar schöne Tage zu Hause!"

(Fortsetzung folgt?)

EK