Eichstätt
Hilfe für Kinder mitten in Eichstätt

Einweihung der interdisziplinären Frühförderung in der Westenstraße 33a

14.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:57 Uhr
Das Suchspiel "Socken zocken" begeistert nicht nur kleine, sondern auch große Kinder: (von links) Einrichtungsleiter Peter Kopischke, Dritter Bürgermeister Gerhard Nieberle, AWO-Vorstandsvorsitzender Dieter Egger, der Leiter des AWO-Sozialzentrums in Neuburg Stefan Langen, stellvertretende Landrätin Rita Böhm und Diplompädagogin und Koordinatorin Cora Beck. −Foto: Steimle

Eichstätt (EK) Kurze Wege und individuelle Hilfe: Am Dienstagabend ist die neue Außenstelle der interdisziplinären Frühförderung der Arbeiterwohlfahrt (AWO) eingeweiht worden. In der Westenstraße 33a soll Kindern mit einem breit gefächerten Angebot von Ergotherapie bis Logopädie geholfen werden.

In einer Ecke steht ein Kaufladen, im Regal warten das Anglerspiel, eine Puppe und ein Teddy auf die Kinder im Alter von null bis sechs Jahren, die wegen seelischer, körperlicher oder geistiger Defizite Unterstützung benötigen. Eine Besucherin nimmt eine Handpuppe in Form einer Schnecke aus dem Regal, deren Fühler lustig wippen. "Die benutzen wir oft, um mit schüchternen Kindern eine Verbindung aufzubauen", sagt Diplompädagogin Cora Beck. Die Zielgruppe sind aber heute Abend andere: Vertreter der Kindergärten und -krippen sowie Ärzte sollen sich die Behandlungsräume ansehen, denn mit ihnen will man künftig kooperieren, wie Einrichtungsleiter Peter Kopischke erklärt. "Wir wollen mit Ihnen im Austausch stehen, um gewinnbringend für die Kinder zu arbeiten."

Diesen interdisziplinären Ansatz verfolgt man auch in den Räumen der Frühförderung selbst, denn hier finden auf 200 Quadratmetern Experten aus verschiedenen Bereichen zusammen, beispielsweise Psychologen, Logopäden und Physiotherapeuten. Nach verschiedenen Tests zu Beginn werde überlegt, "was das einzelne Kind braucht", sagt Kopischke. Dabei werden aber auch die Eltern nicht vergessen. "Sie kennen ihr Kind am besten und können uns eine Rückmeldung geben, ob es Fortschritte macht."

Es sei gut, dass es dieses Angebot vor Ort gebe, betont stellvertretende Landrätin Rita Böhm, "und die Eltern nicht mehr lange Wege in Kauf nehmen müssen". Denn Eichstätt war bisher als einzige Stadt in Oberbayern ohne die Möglichkeit einer Frühförderung. "Schön, dass ein weißer Fleck mit diesem Angebot farbig gemacht wurde."

Auf Anregung des Bezirks Oberbayern habe man sich entschlossen, sagt Stefan Langen, Leiter des AWO-Sozialzentrums in Neuburg an der Donau zur Begrüßung, eine weitere Außenstelle in Eichstätt einzurichten. In der Hauptstelle in Neuburg und in einer Außenstelle in Schrobenhausen werden etwa 400 Kinder und Familien betreut. Betreiber ist der AWO-Bezirksverband Schwaben, da die Zentrale in Neuburg vor der Gebietsreform schwäbisch war. Den Blick über den Tellerrand wünschte sich der schwäbische AWO-Vorstandsvorsitzende Dieter Egger, nicht nur über die Grenzen von Schwaben und Oberbayern. Toleranz und ein gutes Miteinander seien gerade "in Zeiten des Populismus" wichtig.

Es gebe "keinerlei Berührungsängste" sagt Dritter Bürgermeister Gerhard Nieberle, man freue sich, dass so viele Fachleute zum Wohle der Kinder hier zusammenarbeiten. "Ich bin selbst Lehrer", sagte er, die Arbeit mit Kindern könne "schön, aber auch mitunter anstrengend sein", deshalb wünschte er dem Team "Kraft und Mut".

Seit August ist man in der Westenstraße und betreut dort etwa 40 Kinder. "Das ist für den Anfang ganz gut", meint Kopischke, diese Zahl habe man in etwa auch erwartet. Es dürfen noch Kinder dazukommen: "Wir sind für ungefähr 100 ausgelegt."
 

Fachvortrag über Nutzen der Frühförderung

Eichstätt (tsl) Nicht nur Kindertageseinrichtungen sind zukünftige Kooperationspartner der neuen Außenstelle in Eichstätt, auch mit der Katholischen Universität möchte man zusammenarbeiten. Deshalb sprach Jens Kratzmann, Professor für Pädagogik der frühen Kindheit über "Frühe Hilfen und interdisziplinäre Frühförderung".

Dabei untermauerte Kratzmann den Nutzen einer frühzeitigen Unterstützung mit Studien und Zahlen. "Für einen Dollar Investition bekommt die Gesellschaft drei Dollar zurück", sagte er mit Blick auf die Daten eines amerikanischen Wissenschaftlers, auch 40 Jahre später ließen sich die Effekte der Förderung noch finden. Die Unterstützten machten in einer Studie im Gegensatz zu einer Testgruppe einen höheren Schulabschluss, hatten ein höheres Einkommen und seien seltener von staatlicher Unterstützung abhängig. "Man hat später weniger Kosten, wenn man frühzeitig investiert", fasste Kratzmann die Ergebnisse zusammen.

Besonders nachhaltig sei der Einsatz, wenn die Betreuung nicht nur längerfristig angelegt sei, sondern auch die Familie einbeziehe - ein Gedanke, der in der neuen Außenstelle eine große Rolle spielen soll.

Tina Steimle