Ingolstadt
"Gedanklich schon sortiert"

SPD-Fraktionschef Werner ist demnächst Rentner, aber kein politischer Ruheständler

24.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:21 Uhr
"Wenn einer meint, er müsse bis 70 arbeiten, dann soll er das tun": Achim Werner will beim VdK und in der Kommunalpolitik als Rentner weiterhin aktiv bleiben. −Foto: Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Zum Thema Rente hat der Ingolstädter SPD-Politiker Achim Werner, Chef der Rathausfraktion und ehemaliger Landtagsabgeordneter, eine besondere Beziehung.

Als Vorsitzender eines Kreisverbandes wie des VdK Ingolstadt-Eichstätt mit seinen rund 16700 Mitgliedern kann das gar nicht anders sein. Vergangene Woche wurde Werner in Berlin wieder in den VdK-Bundesverbandsausschuss gewählt. Und in der gleichen Woche bekam er seinen eigenen Rentenbescheid.

Herr Werner, Sie gehen am 1. Juni mit 65 Jahren und sechs Monaten regulär in Rente. Hat CDU-Minister Norbert Blüm also doch recht gehabt, als er schon 1986 prophezeite: Die Rente ist sicher?

Achim Werner: Ich glaube auch, dass der Spruch nach wie vor gilt, wenn man weiterhin die richtigen Entscheidungen fällt. Da sind in der Vergangenheit nicht immer die richtigen gefällt worden.

Wird das jetzt geltende Renteneintrittsalter langfristig so zu halten sein?

Werner: Was heißt langfristig? Wenn ich mir vor Augen führe, dass in meiner Kindheit ein Sechzigjähriger schon ein Greis war, so hat sich durch die gesündere Lebensweise und den medizinischen Fortschritt die Lebenszeit der Menschen beachtlich erhöht. Aus körperlichen und mentalen Gründen hätte ich nicht aufhören müssen. Wenn die Gesundheit erhalten bleibt, habe ich noch 15, 20 gute Jahre vor mir. Das beobachte ich ja auch bei anderen, die dieses Alter schon erreicht haben. Ich könnte mir vorstellen, dass es für viele Sinn macht, auch noch länger zu arbeiten. Aber das sollte ins Belieben der Betroffenen gestellt werden, das darf kein Instrument zur Sicherung der Finanzen sein. Wir brauchen halt viel mehr Flexibilität für den Menschen, das gilt auch bei der Arbeitszeit. Und wenn einer meint, er müsste bis 70 arbeiten, dann soll er das tun. Und wenn einer mit 60 nicht mehr kann, dann muss er zu menschenwürdigen Bedingungen in Rente gehen können, die ihm ein Auskommen erlauben. Möglicherweise hat auch ein Sechzigjähriger schon 45 Jahre in die Rente einbezahlt. Das muss ja auch bewertet werden.

Sie waren nach den Landtagsjahren in der politischen Lobbyarbeit bei Audi beschäftigt, was die Ingolstädter Öffentlichkeit nicht groß zur Kenntnis genommen hat. Anders 2001, als mitten im OB-Wahlkampf Ihr Vertragsverhältnis mit der Audi AG als Abgeordneter großen Wirbel verursachte. Wie bewerten Sie das aus heutiger Sicht?

Werner: Ich habe damals schon viel Verständnis für die Öffentlichkeit gehabt. Das war auch der Grund, warum ich das sehr schnell beendet habe, obwohl es ja bekannt war. Ich habe kein Hehl daraus gemacht und es dem Landtagspräsidenten gemeldet gehabt. Der Landtag hatte es veröffentlicht im Jahrbuch, auf der Webseite. Man muss natürlich ein Gefühl dafür haben - ich glaube, dass ich es gehabt habe -, dass die Menschen es nicht akzeptieren.

Wird der Renter Achim Werner jetzt umso mehr Zeit für die Politik haben? Schließlich steht die nächste Kommunalwahl 2020 ins Haus.

Werner: Gedanklich hab' ich mich schon sortiert. Ich kann sicher mein politisches Engagement noch etwas intensivieren, vor allem das Engagement beim VdK. Darüber hinaus nehm' ich mir schon die Freiheit, auch mal an mich selber zu denken und mich Dingen hinzugeben, die jetzt 30 Jahre lang vernachlässigt worden sind.

Zum Beispiel?

Werner: Zum Beispiel meine Frau. Zum Beispiel verlängerte Wochenenden in mittelgroßen bayerischen Städten wie Bayreuth oder Bamberg. Ich war überall schon, kenne aber überall nur die Kongresssäle dieser Städte. Jetzt will ich mal diese Städte zusammen mit meiner Frau selber anschauen und ohne Terminkalender, ohne Stress mal sehen, was für Schätze wir in Bayern haben.

Die Fragen stellte

Reimund Herbst
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