Gaimersheim
Noch viel Nachholbedarf

Podiumsdiskussion: Frauen sind in der Politik auch heutzutage noch unterrepräsentiert

11.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:42 Uhr

Frauen in der Politik: Darüber diskutierten in einer Podiumsdiskussion zum Weltfrauentag (von links) die Vorsitzende der Kreis-FW Ingolstadt, Petra Flauger, Landtagsabgeordnete Eva Gottstein, Moderatorin Theresia Asbach-Beringer, die Leiterin des Landwirtschaftsamtes, Else Greßmann, und die zweite Bürgermeisterin von Kipfenberg, Sabine Biberger. - Foto: Kleinhans

Gaimersheim (EK) Unter dem Motto "Frauen und Politik" hat die Landtagsfraktion der Freien Wähler mit der Eichstätter Landtagsabgeordneten Eva Gottstein in der Woche des Internationalen Frauentags zu einem Vortrag mit anschließender Podiumsdiskussion nach Gaimersheim eingeladen.

Mit Gottstein diskutierten auf dem Podium die Kreisvorsitzende der Freien Wähler Ingolstadt, Petra Flauger, die Leiterin des Landwirtschaftsamtes, Else Greßmann, und die zweite Bürgermeisterin von Kipfenberg, Sabine Biberger. Die Moderation übernahm Theresa Asbach-Beringer, Frauen engagieren sich in Elternbeiräten von Kindergärten und Schulen, sozialen Projekten oder als ehrenamtliche Helferinnen. Sie managen, gestalten und verwalten. Und trotzdem gehen noch immer wenige Frauen den Weg in die Politik, wo genau diese Eigenschaften gefordert sind. Seit 1911 wird der internationale Weltfrauentag in vielen Ländern begangen, in manchen sogar als Feiertag.

"Ich wollte mich nicht nur von Männern regieren lassen", mit diesen Worten begrüßte Sabine Jarisch, Markträtin in Kipfenberg, die Besucher. Deshalb engagiere sie sich in der Kommunalpolitik. Dass Frauen einen Platz in politischen Gremien einnehmen, ist keine Seltenheit mehr, doch wie schwer es ist, von Männern gehört zu werden, kann nicht nur die Markträtin aus eigener Erfahrung berichten.

Frauen in der Politik - immer noch ist das weibliche Geschlecht in den Parlamenten und Parteien der Republik deutlich unterrepräsentiert. Dies verdeutlichte die Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, Eva Gottstein, in ihrem Vortrag zum Thema "Parität in der Politik". Die deutsche Volksvertretung wird nach wie vor von Männern dominiert. "Männerparlamente" bezeichnete Gottstein die Gremien auf allen Ebenen. So ist der Frauenanteil im Bundestag mit der letzten Wahl sogar wieder gesunken, von 37 Prozent auf nur noch knapp über 30 Prozent. Auch auf Länderebene gibt es kein besseres Bild: 28,3 Prozent, die magere Ausbeute an weiblichen Abgeordneten in Bayern. Deutliche Unterschiede, so zeigte Gottstein auf, gebe es hier vor allem innerhalb der Fraktionen. Bestimmte Parteien treten mit nur 20 Prozent weiblicher Abgeordneter oder sogar noch weniger an. Genau 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts und langen Jahren des Gleichberechtigungsartikels kaum vorstellbar. Auch auf kommunaler Ebene spiegelt sich dieses Bild wider. Nur sechs Prozent der bayerischen Landräte und nur acht Prozent der bayerischen Bürgermeister sind weiblich. In den Stadträten liegt die Frauenquote bei knapp 32 Prozent. In den Kreisräten sind es nur knapp 23 Prozent und den Gemeinderäte sogar nur 17,9 Prozent Frauen.

"Als Volksvertretungen müssen Parlamente auch Spiegelbild der Gesellschaft sein. Deshalb brauchen wir für die Frauen, die mehr als 50 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, auch eine adäquate Anzahl an Frauen in den Parlamenten." Da gebe es also auch 100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts noch viel Nachholbedarf. Zur anschließenden Podiumsdiskussion berichteten Kommunalpolitikerinnen von ihren Erfahrungen: "Alle Menschen sind gleich, manche sind gleicher." Mit dieser an George Orwells Zitat angelehnten Aussage eröffnete Moderatorin Theresia Asbach-Beringer eine bunte Gesprächsrunde. Die Ungleichheit wie im Zitat werde in der Politik sehr deutlich, bestätigte Gottstein. Auch im Berufsleben, so bestätigte Else Greßmann, Leiterin des Amts für Landwirtschaft und Ernährung und Forsten Ingolstadt, werden solche Unterschiede noch deutlich.

Die Moderatorin wollte auch wissen, wie das Verhältnis der Geschlechter im Stadt- oder Gemeinderat sei. "Ideen von Frauen werden oftmals nicht so ernst genommen. Doch man darf sich nicht scheu machen lassen", so Greßmann. Das alles sei wohl auch eine Frage des Mutes, verdeutlichte die Debatte.

Dies war zugleich auch die Antwort auf die nächste Frage der Runde, weshalb Frauen nur selten in Vorständen zu finden sind. Speziell in der Politik sei fehlender Mut sicherlich nicht förderlich, so Gottstein. Aber auch der fehlende Wille, führende Aufgaben in bestimmten Lebensphasen zu übernehmen, verhindere oftmals den Sprung auf der Karriereleiter. Weiter wurde die Frage diskutiert, ob sich Karriere und Kinder vereinbaren lassen. Dies wurde von allen Teilnehmerinnen als schwierig angesehen, vor allem wegen der Kinderbetreuung. Daran müsse die Politik arbeiten, so das deutliche Fazit.

Die Frage der Gleichberechtigung von Mann und Frau sei ein wesentlicher Punkt für die Zukunft unserer Gesellschaft. In diesem Zusammenhang beschäftigten sich aktuell unzählige Menschen auch mit häuslicher und sexualisierter Gewalt. "Die #MeToo-Debatte ist wichtig", bestätigte Petra Flauger, Vorsitzende der Kreisvereinigung der Freien Wähler Ingolstadt. Auch Sabine Biberger, zweite Bürgermeisterin der Marktgemeinde Kipfenberg, stimmte dem wie auch die anderen Diskussionsteilnehmerinnen zu.

Zwei abschließende Äußerungen aus dem Publikum verdeutlichten, dass es wichtig sei, Mädchen bereits im Kindesalter Mut zu machen und Hilfestellung zu geben, um sie für künftige Aufgaben in oftmals noch männerdominierten Bereichen zu stärken.

 

Drei Fragen zum Thema an Eva Gottstein


Frau Gottstein: Sie nutzen gerne das Zitat "Politik ist eine viel zu ernste Sache, als dass man sie allein den Männern überlassen könnte." Was machen Frauen in der Politik anders als Männer?

Eva Gottstein: Ich gehe davon aus, dass jeder, der in der Politik tätig ist, seinen persönlichen Erfahrungsschatz mitbringt. Dieser ist bei einer Frau anders als bei einem Mann. In der Wirtschaft gibt es inzwischen ganz klar Ergebnisse, dass Unternehmen, bei denen Frauen in der Führungsebene beteiligt sind, mehr Gewinn machen.

 

Die #MeToo-Debatte ist in vielen Lebensbereichen angekommen, auch in der Politik. Gehen Ihre männlichen und weiblichen Kollegen unterschiedlich mit dem Thema um?

Gottstein: Ich habe keine Frau getroffen, die gesagt hat, es sei kein Thema für sie. Männer tun sich schwer mit dem Thema. Ich glaube, viele Männer sind durch die Debatte oftmals verunsichert und ziehen sie ins Lächerliche. Da muss sich etwas ändern. Es geht meines Erachtens darum, dass Männer bei manchen Bemerkungen einen Zwischenschritt einschalten müssen und sich fragen müssen: Wie kommt das jetzt bei meinem Gegenüber an?

 

Wie wichtig und wie effektiv sind Veranstaltungen wie diese, um auf Missstände im Zuge der Gleichstellung der Geschlechter hinzuweisen?

Gottstein: Mit dieser Veranstaltung haben wir die Möglichkeit, ein paar Leute mehr auf das Thema aufmerksam zu machen, und damit ist der Sinn erreicht.

 

Die Fragen stellte

Kerstin Kleinhans