Böhmfeld
Für Frieden, gegen Nationalismus

Böhmfelds Bürgermeister: Europäische Integration bester Schutz vor Krieg

19.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:00 Uhr
Sonst nur im Vorübergehen flüchtig beachtet, rückt der eindrucksvolle steinerne Soldat in kniender Haltung auf mächtigem Sockel bei der Ehrung der Gefallenen, Vermissten und Opfer von Krieg und Gewalt auf dem Kirchbuck in Böhmfeld ins Rampen- beziehungsweise Fackellicht. −Foto: Adamo

Böhmfeld (EK) Der Kirchenzug der Fahnenabordnungen der Böhmfelder Ortsvereine mit den Bergbläsern und eine Messe in der sehr gut gefüllten Pfarrkirche Sankt Bonifatius bildeten in Böhmfeld den Auftakt zur Gedenkfeier für die Opfer beider Weltkriege, jeglicher kriegerischer Auseinandersetzung und terroristischer Gewalt.

Die Ansprache von Pfarrer Anton Schatz in der Kirche war ein leidenschaftliches Plädoyer für den Frieden, in dessen Mittelpunkt er den Ausspruch Jesu stellte: "Frieden hinterlasse ich Euch, meinen Frieden gebe ich Euch!" Schatz wies dabei darauf hin, dass man es in Deutschland nach einer sieben Jahrzehnte lang währenden Friedenszeit verlernt habe, Frieden immer gebührend wahrzunehmen und dankbar dafür zu sein. Der Geistliche gab dazu einige Beispiele: Als bei uns zu Beginn des ersten Golfkrieges im Jahr 1991 die Angst umgegangen sei, dass auch Europa von ABC-Waffen heimgesucht werden könnte, habe man Neujahrsempfänge und Fasching ausfallen lassen und in Bittgottesdiensten überwältigenden Zulauf gehabt. Als dann die Gefahr gebannt gewesen sei und ein Dankgottesdienst anberaumt worden sei, seien nur ein paar treue Kirchgänger erschienen.

Mit einem Schwenk nach Böhmfeld und in die heutige Zeit erinnerte Schatz an die Demonstration am 1. Oktober 2018 anlässlich einer Wahlveranstaltung der AfD im Dorf. Zum anschließenden Friedensgebet in der Kirche seien erfreulich viele Leute gekommen, erkannte der Pfarrer an. "Es ist eine Riesenaufgabe für Gesellschaft und Politik, diesen Blickwinkel und diese Grundhaltung zu ändern", hob Pfarrer Schatz hervor. Der seit über 70 Jahren andauernde Frieden in Deutschland sei ein weltweites Privileg und ein unschätzbar wertvolles Geschenk, das wie eine übersensible kostbare Pflanze gehegt und gepflegt werden müsse.

"Jedes Jahr fragen wir uns am Volkstrauertag, ob wir für unsere Gegenwart die richtigen Lehren aus den verheerenden Weltkriegen gezogen haben", sagte Bürgermeister Alfred Ostermeier am Kriegerdenkmal. Bisher sei die Antwort immer klar und eindeutig gewesen: "Ja, wir haben aus diesem Blutvergießen gelernt und den Nationalismus überwunden, der zum Tod von Abermillionen Soldaten und Zivilisten geführt hat. Die europäische Integration ist der beste Schutz gegen Krieg."

Allerdings habe die Verunsicherung in der Bevölkerung wegen der Banken- und Finanzkrise, wegen des Ausstiegs Großbritanniens und wegen der Uneinigkeit in der Flüchtlingsfrage den überwunden geglaubten Nationalismus wieder aufleben lassen, bedauerte Ostermeier. Durch Europas Hauptstädte marschierten stramme Nationalisten und Faschisten. In Polen, Ungarn und Italien säßen schon Nationalisten auf den Regierungsbänken. Der amerikanische Präsident sei ihnen seit zwei Jahren ein großes Vorbild. "Diese Entwicklung hin zum Nationalismus ist für Europa brandgefährlich", stellte der Bürgermeister fest. Ostermeier rief dazu auf, nicht der Hetze und dem Hass hinterherzulaufen und bei der Europawahl im Mai 2019 die europafreundlichen Parteien zu stärken und die Nationalisten in die Schranken zu verweisen.

"100 Jahre nach dem Ersten und 73 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg stehen wir hier und denken in Trauer und Dankbarkeit an die zahllosen Opfer", erklärte Karlheinz Nieberle, stellvertretender Vorsitzender des Krieger- Kameraden- und Reservistenvereins Böhmfeld. Auch die Menschen in Krisengebieten dürften nicht vergessen werden. Kriege seien keine Naturereignisse, sondern von Menschen gemacht. Diplomatie und Gespräche seien der richtige Weg, um kriegerische Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Anneliese Siebendritt