Eichstätt
Frisches Theater - schwieriges Thema

Das Berliner Ensemble Radiks zeigt an der Berufsschule das Stück "Fake oder War doch nur Spaß"

15.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:00 Uhr
Eindringliches Theater: Sehr anschaulich präsentierte das Ensemble Radiks aus Berlin das Thema Cybermobbing auf der Bühne in der Berufsschule. −Foto: Bauer

Eichstätt (EK) Wie kann es dazu kommen, dass die lebensfrohe, aktive, 17-jährige Lea sich immer mehr zurückzieht und schließlich den Suizid als Lösung ihrer Probleme sieht? Eine Antwort brachte das Ensemble Radiks aus Berlin. Es führte an der Berufsschule Eichstätt für die Schüler der 10. Klassen das Theaterstück "Fake oder War doch nur Spaß" auf. Dabei ging es um Mobbing, Cybermobbing und Medienkompetenz.

 


Das Stück wurde als Dokumentartheater gezeigt. Eine Schauspielerin (Svenja Otto) und ein Schauspieler (Michael Sumper) führten es auf. Beide schlüpften im Verlauf des Stückes in die Rollen von mehreren Personen und agierten zusätzlich als Erzähler der Geschichte um die Protagonistin Lea. Sie spielten ihre Rollen eindringlich und überzeugend und fanden durch jugendliche Sprache und schwungvolle schauspielerische Leistung gleich Zugang zum Publikum.

Lea ist ein aufgeschlossenes Mädchen, das in der Schule gut zurecht kommt. Unter Mitschülern ist sie durchaus beliebt. Leas Mutter starb bei einem Autounfall, als das Kind fünf Jahre alt war. Der Vater unterstützt Lea in allem, was ihre Ausbildung angeht. Erst als Lea an eine künstlerische Karriere denkt, kommt es zum Konflikt zwischen Vater und Tochter. Lea träumt davon, wie ihre Mutter Sängerin oder Schauspielerin zu werden. Als sie schließlich in eine Casting-Agentur aufgenommen wird, weckt das den Neid einiger Mitschüler, besonders von Nadine, Leas vermeintlich bester Freundin. Erste Sticheleien und Ausgrenzungen beginnen in der Schule und schließlich weiten sich die Mobbing-Attacken auf diverse Netzwerk-Portale aus.

Lea wehrt sich zunächst gegen die Kommentare und Lügen, postet ihrerseits Nachrichten und stellt unter anderem einen von ihr verfassten Rap-Song gegen die Mobber online. Was als vermeintlicher Zickenkrieg begann, nimmt nun enorme Ausmaße an. Die gesamte Clique steht gegen sie. Lea erhält nun auch fortgesetzt anonyme Anrufe und Nachrichten mit Drohungen und Beleidigungen. Mittlerweile beschäftigen sich auch einige Lehrer mit den Mobbing-Attacken.

Lea wehrt sich schließlich nicht mehr und erträgt fast gleichgültig die Beleidigungen und Drohungen. Das führt aber nicht zu einem Ende der Aktionen. Das Mädchen gerät nun in eine Depression, wirkt häufig gereizt und bisweilen auch aggressiv, zieht sich dann aber immer mehr zurück. Sie fehlt oft in der Schule. Nachdem sie erfährt, dass Andi, der ihr eine Liebesaffäre vorgetäuscht hat, zu der Gruppe der Mobber gehört, und ihr Vater sie drängt, Anzeige gegen die Mobber zu erstatten, sieht Lea keinen anderen Ausweg und will sich das Leben nehmen. Sie wird noch rechtzeitig gefunden und kann gerettet werden.

Ein wesentlicher Teil des Konzepts von "Fake oder War doch nur Spaß" ist, dass sich die Darsteller im Anschluss an die letzte Spielszene an das Publikum wenden und so in ein Gespräch und eine erste Nachbereitung überleiten. Dabei ging es an der Berufsschule vor allem darum, wie sich die unabsehbar große Reichweite und rasche Vervielfältigung in den sozialen Netzwerken im Cybermobbing auswirken. Ferner wurden die Fragen besprochen, wie die Eskalation hätte verhindert werden können, beziehungsweise, was Lea hätte besser machen können und welche Hilfen für sie sinnvoll gewesen wären? Die Schüler hatten bereits einige Ideen, wie das frühzeitige Einbinden der Lehrer, um die oft verdeckten Prozesse beim Mobbing offenzulegen. Hierbei seien laut den beiden Schauspielern des Ensemble Radiks gerade die Schüler von Bedeutung, die den Mobbingprozess in ihrer Klasse beobachten, ohne direkt daran beteiligt zu sein.
 

JUGENDSOZIALARBEIT

Träger der Jugendsozialarbeit an der Staatlichen Berufsschule Eichstätt ist das Kolping-Bildungswerk Eichstätt. Dominik Amersdorffer, einer der Sozialpädagogen an der Berufsschule, holte das Ensemble Radiks aus Berlin nach Eichstätt. Hintergrund seiner Idee waren Einzelgespräche mit  Schülern, bei denen sich die Problematik des Mobbings und speziell auch Cybermobbings herauskristallisiert hatte. 
  Amersdorffer sieht  das Theaterstück nah an der Lebenswelt der Jugend: „Unsere jungen Leute wurden durch die frische Inszenierung  zu dem brisanten Thema informiert und konnten eigene Erfahrungen und Lösungsvorschläge einbringen.“ 

 

Franz Bauer