Flurnamen erinnern an Lein- und Hanfanbau

23.07.2008 | Stand 03.12.2020, 5:44 Uhr

Ein Bild aus dem Jahr 1936: Flachsernte in Weißenkirchen (Gemeinde Adelschlag). ? Reproduktion: Johann Krieger

Eichstätt (HK) Jahrtausende war der Lein unentbehrlich. Seit der Jungsteinzeit ab rund 4000 Jahre vor Christus bis in die Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war der aus dieser Pflanze gewonnene Flachs neben der Schafwolle der wichtigste Rohstoff zur Herstellung von Kleidung.

Mit dem Leinanbau, auch Flachs genannt, ging es etwa ab 1900 abwärts, als immer mehr Baumwolle importiert wurde. Die Ackerpflanze wurde auch im Landkreis Eichstätt bis in die 1950er Jahre gezogen und vermarktet. Heute noch erinnern Flurnamen an den Anbau, wie Hanfacker in Pollenfeld und Flachsacker in Weigersdorf.

Xaver Meyer, Bauer von Untermöckenlohe, und Altbürgermeister Wendelin Funk (Möckenlohe), berichteten, dass der Lein nach der Reife geschnitten und bündelweise im Stadel getrocknet wurde. Die Bündel wurden dann mit dem mit Pferden oder Ochsen bespannten Leiterwagen zur Bahnstation Adelschlag gebracht und von dort entweder nach Berching oder Schrobenhausen zur Weiterverarbeitung transportiert.

Im Dezember 1881 hieß es in einer Anzeige im EICHSTÄTTER KURIER: "Die bestbekannte Flachs-, Hanf- und Wergspinnerei ist in Bäumenheim." Der Ort befindet sich bei Donauwörth und hatte eine eigene Bahnstation. Die Eichstätter Bauern konnten Flachs, Hanf und Abwerg jede Woche an drei Stellen zur Weiterlieferung nach Bäumenheim bringen: Bei Emil Weißmüller in Eichstätt in der Großen Marktgasse (Gabrielistraße), bei Johann Katzenstein in Nassenfels und bei Anton Edler von Schorn in Dollnstein.

In Eichstätt bestand zu dieser Zeit auch noch die Flachs-Agentur des Seilermeisters Josef Schlotter (Plenaglgasse, heute Pedettistraße), der für die Mechanische Leinenspinnerei von Müller & Cie. in Babenhausen, Station Kellmünz an der Illertalbahn, arbeitete.

Der Lein ist eine unproblematische und genügsame Kulturpflanze, die blau blüht. Die Fasern der Stängelrinde werden zu Flachs verarbeitet, dem Rohmaterial für das Leinen. Die Stängel wurden früher per Hand ausgerupft und zu Bündeln zusammengestellt. Um die Samenkapseln abzutrennen, wurde der Lein geriffelt, also durch einen Kamm mit Eisenzinken gezogen.

Solche Geräte sind zum Beispiel in der Sammlung des Historischen Vereins vorhanden und im Bauernhofmuseum in Hofstetten zu sehen. Danach mussten die Stängel zur Flachsröste gebracht werden. Die Pflanzen wurden auf feuchten Wiesen ausgebreitet, und durch Regen und Tau löste sich die Faserschicht vom Holzkern, das Dörren erleichterte diesen Vorgang. Schließlich blieben die Faserbündel, der eigentliche Flachs, übrig. Es kam das Brechen und als letzter Arbeitsgang das Hecheln, dann war der Flachs fertig zum Verspinnen.

Im Mittelalter und den späteren Jahrhunderten war Leinwand ein wichtiges Handelsgut. In vielen Bauernhöfen waren häufig Webstühle zum Herstellen von Stoffen vorhanden. Im April 1840 verlangte das Innenministerium von den Distrikten Informationen über den Flachsanbau. Wie Briefen, verwahrt im Eichstätter Stadtarchiv, zu entnehmen ist, ging es darum, den Anbau dieser Kulturpflanze auszuweiten und Handspinnereien zu fördern. Ermittelt wurden die Anbauflächen, die Beschaffung des Samens und die Möglichkeiten der Weiterverarbeitung der Fasern. Erstaunlich: Beauftragt mit der Erhebung waren die Polizeibehörden.

Eine weitere Kulturpflanze war einst der Hanf (Cannabis), dessen Anbau in Deutschland seit 1981 wegen der Gefahr des Drogenmissbrauchs verboten ist. Diese Nutzpflanze hatte große Bedeutung. Die Fasern wurden zur Herstellung von groben Stoffen, zum Beispiel von Rupfensäcken, verwendet. Aus Hanf wurden Seile, Segeltuch, Riemen, Feuerwehrschläuche, Zelte oder etwa Wäscheleinen gefertigt. Genutzt wurden auch die ölreichen Samen des Hanfs.

Der Samen des Leins war für die Vorfahren ein Heilmittel. In katholischen Gegenden wurde der Lein an Marienfeiertagen oder Festtagen von weiblichen Heiligen gesät, "weil er dann am besten gedeiht", so die Volksmeinung.

Im März 1917 wurden die Distriktsbehörden (Landkreise) vom Innenministerium aufgefordert, die Bauern zum Hanfanbau zu animieren. Als Grund wurde die "große kriegs- und volkswirtschaftliche Bedeutung der Bastfasergewinnung" genannt. In der nationalsozialistischen Zeit ab 1933 wurde der Anbau von Lein staatlich gefördert. 1933 waren in Deutschland 3100 Tonnen erzeugt worden, 1937 waren es 33 900 Tonnen. Der Rohstoff war begehrt.

Beim Bauernhofmuseum in Hofstetten wurden öfter schon Feldparzellen mit Lein besät. Wie Kreisheimatpfleger Wunibald Iser (Meilenhofen) sagte, soll im Herbst im Museum eine Vorführung geboten werden, wie aus den Pflanzen blütenweißer Stoff zum Beispiel für Hemden gemacht wird.