Eichstätt
"Eine Lücke meiner Karriere als Philosoph"

Zu den "Philosophischen Memoiren" des mittlerweile verstorbenen Alt-Unipräsidenten Nikolaus Lobkowicz

19.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:31 Uhr
  −Foto: EOS-Verlag/upd

Eichstätt - Im vergangenen September starb in Starnberg Nikolaus Lobkowicz, der zwölf Jahre lang die Geschicke der Katholischen Universität Eichstätt geleitet hatte, eine Amtsdauer, die sonst nur noch sein Nachfolger Ruprecht Wimmer erreichte.

 

Erst wenige Monate vor seinem Tod hatte Lobkowicz noch als Autobiographie "Philosophische Memoiren" veröffentlicht.

Doch seltsam: Trotz seiner langen Amtszeit spielt Eichstätt darin kaum eine Rolle. Ist es da verständlich, dass auch sein Buch seinerseits in Eichstätt bislang so gut wie gar nicht wahrgenommen wurde? Es ist in keinem einzigen Schaufenster einer Eichstätter Buchhandlung zu finden.

Nun erweisen sich die "Philosophischen Memoiren" als ein Vermächtnis des ehemaligen Präsidenten der Katholischen Universität, die er als Nachfolger des Alttestamentlers Rudolf Mosis von 1984 bis 1996 geleitet hatte und an der er von 1994 bis 2011 auch als Direktor des Zentralinstituts für Mittel- und Osteuropastudien fungierte. Daher sollte man in Eichstätt vielleicht doch einen Blick in das stilistisch sehr gefällige Werk werfen, das den Untertitel "Erinnerungen an die Philosophie" trägt.

 

Das Buch zeigt den gebürtigen Böhmen, amerikanischen Staatsbürger und bayerischen Beamten nach der Beschreibung durch den EOS-Verlag beim Rückblick "auf sein Leben als Philosophierender und den Weg zur Philosophie, auf seine Hegel- und Marxismusstudien, auf die umfassenden Aristoteles- und Thomaslektüren sowie auf seine Tätigkeiten als akademischer Lehrer und Universitätsadministrator". Entsprechende Titel tragen auch die fünf Hauptkapitel des Buches; das letzte ist dem Verhältnis von "Philosophie und Theologie" gewidmet. Im Prolog schlägt der Autor einen fast saloppen Ton an, wenn er darüber nachdenkt, warum er selbst Philosophie studierte und ob die Philosophie im Leben etwas bringt: "Ich weiß es nicht. Man fällt in die Philosophie hinein wie in ein Loch. Es ist eine Falle, in die man reingerät und die zuschnappt". Einer der Abschnitte trägt den Titel "Rektorate". Hier geht Lobkowicz ausführlich auf sein Wirken als Rektor und Präsident der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (1971-1982) ein und nennt auch seine Eichstätter Präsidentschaft, sieht diese beiden Phasen aber lediglich als "dreiundzwanzig Jahre, die eine Lücke meiner Karriere als ,Philosoph' ausmachen". Im weiteren Verlauf dieses Kapitels geht es ausschließlich um die Münchner Zeit, bevor allgemeinere Reflexionen auch über seine Jahre in den USA einsetzen, auf die Professorenjahre an der Notre-Dame-University in Indiana geht der Autor immer wieder ein. Von Eichstätt ist aber selbst im "Rektorate"-Kapitel nicht mehr die Rede.

Nur zweimal stößt man im Verlauf des Buches auf Eichstätter Professoren-Kollegen. Zum einen wird Karl Graf Ballestrem erwähnt, der ebenfalls bei Bochenski promoviert hatte und Lobkowicz später nach Notre Dame folgte. Zum anderen erinnert sich der Autor daran, dass er einmal seinen einzigen Eichstätter Philosophiekollegen Reto Luzius Fetz während dessen Freisemester trotz seiner Präsidentschaft durch die Übernahme eines Ethik-Seminars vertrat.
Mag sein, dass dieses weitgehende Schweigen über Eichstätt damit zu tun hat, dass es Lobkowicz trotz großer Ambition nicht gelungen war, aus der KU ein "katholisches Oxford" zu machen, wie es ihm vorgeschwebt war. Dennoch: ein lesenswertes Buch.

Nikolaus Lobkowicz: "Philosophischen Memoiren. Erinnerungen an die Philosophie". EOS-Verlag St. Ottilien, 307 Seiten, Preis 19,95 Euro.

buk