Möckenlohe
Eine Ära geht zu Ende

160 Jahre war der "Beslwirt" Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in Möckenlohe - Nun wird er zum Gemeinschaftshaus

08.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:17 Uhr
Dominik Harrer
Die Aufnahme aus dem Jahre 1898 zeigt viel Betrieb am Gasthaus "Zur Krone" von Franz Xaver Bösl. −Foto: Sammlung Meyer

Möckenlohe - Eine 160-jährige Familientradition geht zu Ende - und findet dennoch eine adäquate Weiterführung: Die Familie Meyer schloss ihr Gasthaus in Möckenlohe Ende Oktober, ab November wird das Gebäude jedoch von der Gemeinde Adelschlag gepachtet und steht allen Möckenlohern nun als Gemeinschaftshaus zur Verfügung.

Begonnen hatte alles im Jahr 1861. Damals kaufte Franz Xaver Bösl zusammen mit seiner Frau Kreszentia das Anwesen Hausnummer 7 in Möckenlohe und errichtete darauf ein Gasthaus. Bis heute bewahrt Josef Meyer eine alte Gussplatte vom ehemaligen Stubenofen der Wirtschaft aus dem Gründungsjahr 1861 auf. Hier ist der Name "Besl" mit "e" geschrieben, was der Aussprache des heutigen Hausnamens "beim Besl" im Möckenloher Dialekt nahekommt. Wahrscheinlich handelt es sich hier aber um einen Fehler vonseiten der Gießerei in Obereichstätt, die offizielle Schreibweise des Familiennamens war immer "Bösl".
Günstige Lage
Die Lage an der Durchgangsstraße von Neuburg nach Eichstätt war günstig, hier mussten alle Reisenden und natürlich alle Fuhrwerke vorbei und waren dankbar für eine Rastmöglichkeit. Besonders der Gütertransport zur nahe gelegenen Bahnstation in Adelschlag ließ das Gasthaus "Zur Krone" florieren. Aus diesem Grund gab es im südlichen Gebäudeteil auch einen geräumigen Rossstall, in dem die Zugtiere während der Rast versorgt werden konnten.

Franz Xaver Bösl senior war gelernter Bierbrauer, weshalb in den Anfangsjahren im eigenen Haus gebraut wurde. Doch schon nach wenigen Jahren bezog man das benötigte Bier von der Brauerei Hofmühl in Eichstätt. Als Wirt war Franz Xaver Bösl senior auch Musikant und spielte Zither, was seine Schwiegermutter beim Bau des Gasthauses zur Bemerkung veranlasste: "Wenns auf d'Vagant kummts, dann spüt er Zither und sie macht d'Sängerin dazou! "

1894 übernahm Sohn Franz Xaver junior mit seiner Frau Johanna (geboren Speth aus Möckenlohe) das Gasthaus. Da sie keine männlichen Nachkommen hatten, wurde der Familienname Bösl nicht weitergeführt, blieb aber bis heute als Hausnamen erhalten.
Neue Investitionen
Während des Ersten Weltkrieges heirateten 1917 Sophie Bösl und Andreas Meyer vom Roußerhof aus Untermöckenlohe und führten fortan das Gasthaus. Hier wurden nun einige Modernisierungen vorgenommen: So ließ Andreas Meyer etwa einen 79 Meter tiefen Trinkwasserbrunnen im Hof bohren, der das Anwesen zuverlässig versorgte. Dass es sich um ein sehr kostspieliges Unterfangen gehandelt haben muss, geht aus einem bezeichnenden Satz auf der Rechnung (die Josef Meyer bis heute aufbewahrt hat) hervor: "Und wenn er sich das leisten kann, dann soll er's auch bezahlen! "

Außerdem vergrößerte Andreas Meyer das Wirtsgebäude mit einem Anbau nach Süden, wodurch der Saal im Obergeschoss entscheidend an Kapazität gewann und nun Veranstaltungen mit bis zu 130 Gästen möglich waren. Mitte der 1920er-Jahre erfolgte auch ein Brauereiwechsel, seit dieser Zeit wird im Gasthaus Meyer Julius-Bier aus Neuburg ausgeschenkt. Im Jahr 1949 fand erneut ein Generationswechsel statt, Sohn Franz Xaver Meyer heiratete im November seine Frau Walburga (geborene Donabauer aus Möckenlohe) und übernahm für 35 Jahre den Zapfhahn.

In dieser Zeit fanden entscheidende Modernisierungen in der Landwirtschaft statt. So wurde bereits 1948/49 ein erster Lanz-Bulldog angeschafft, und 1957 lief der erste Mähdrescher in Möckenlohe beim Besl. Bereits 1973 wurde die Milchwirtschaft aufgegeben und auf damals moderne Bullenmast umgestellt. 1981 sollte dann Xaver Meyer junior die traditionsreiche Gaststätte übernehmen. Hierzu war 1983 das alte Gebäude aus dem Jahr 1861 abgebrochen und ein neues und modernes Gasthaus errichtet worden. Doch dann traf ein schwerer Schicksalsschlag die Familie: Xaver Meyer junior erkrankte schwer und verstarb im Dezember 1985.

Nun sprang Josef Meyer mit seiner Frau Centa ein und entschloss sich kurzfristig, Hof und Gasthaus zu übernehmen. Sie legten nun einen neuen Schwerpunkt auf Fremdenzimmer. Waren anfangs nur vier Zimmer geplant gewesen, bauten sie die Kapazitäten sukzessive aus und hatten schließlich elf Zimmer mit bis zu 16 Betten.
Gleichzeitig war aber in der Gaststätte viel Betrieb. Neben unzähligen Hochzeiten, Geburtstagen, Tauffeiern oder Leichenmahlen gab es viele jährlich wiederkehrende Veranstaltungen, die das dörfliche Leben prägten und strukturierten. Dies waren beispielsweise die Generalversammlungen der örtlichen Vereine, die Faschingsbälle (in Spitzenzeiten bis zu fünf in einer Saison! ), der Kinderfasching, das Strohpackschießen beziehungsweise spätere Sauschießen in der Fastenzeit, die Erstkommunion, der sogenannte "Antnkattara" und natürlich diverse Weihnachtsfeiern. Legendär waren auch die Bockbierfeste, zu denen Gäste aus dem ganzen Landkreis und darüber hinaus kamen, um den Darbietungen der Rabensteiner und der Ruaßkuchlmusi zu lauschen. Legendär war auch, dass die Musikanten nach getaner Arbeit regelmäßig noch in den Genuss einer höchst willkommenen mitternächtlichen Stärkung aus der Meyerschen Küche kamen.
Geschätzte Küche
Überhaupt waren alle größeren Veranstaltungen geprägt durch die hervorragende Küche von Centa Meyer. Dabei waren ihrer Phantasie keine Grenzen gesetzt, die Bandbreite reichte vom Brotzeitteller über Schnitzel und Braten bis hin zum kalt/warmen Buffet. Bestimmte Veranstaltungen hatten immer ein typisches Gericht, so gab es zum Beispiel beim Kriegerverein stets Saure Zipfel. Manches änderte sich auch im Lauf der Zeit: Bestand früher das traditionelle Leichenmahl nach einer Beerdigung aus geräucherten Bratwürsten mit Kraut, so setze sich später mehr und mehr der gemischte Braten mit Knödel und hausgemachten Spätzle durch. Für die Wirtsfamilie war Letzteres Standard und wurde daher scherzhaft "Allerweltsessen" genannt, für die Gäste jedoch war es jedesmal ein hochgeschätzter Festschmaus.

Unter den vielen Helfern in Küche und Service soll Walburga Jörg (geborene Meyer) nicht unerwähnt bleiben. In Möckenlohe wurde sie einfach "Besl-Wale" genannt und war über Jahrzehnte hinweg unverzichtbare und höchst zuverlässige Bedienung bei allen größeren Veranstaltungen.

Ausblick
Nach knapp 35 Jahren beenden nun die Meyers ihre Arbeit im Gasthaus. Auch wenn die Familientradition nun nicht direkt weitergeführt wird, hat die Familie mit der Verpachtung ihrer Wirtschaft an die Gemeinde eine Möglichkeit gefunden, das Wirtshaus im Dorf zu erhalten - eine für alle Beteiligten positive Lösung.

Eigentlich war ein nahtloser Übergang geplant: Centa und Josef Meyer bewirteten Ende Oktober zum letzten Mal den Stammtisch, am Allerheiligen-Wochenende sollte dann der neu gegründete Dachverein die erste Veranstaltung übernehmen. Doch nun hat das Coronavirus auch diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Es bleibt die Erinnerung an eine wunderbare Zeit mit dem "Beslwirt" in Möckenlohe und die Hoffnung auf eine glückliche Zukunft mit der nun neuen Nutzung als Gemeinschaftshaus im Ort.

EK

Dominik Harrer