Eichstätt
Wo die glücklichen Viecher wohnen

Fleischesser, denen das Tierwohl am Herzen liegt, können in der Region direkt ab Hof kaufen

27.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:21 Uhr
Ganzjährig Auslauf im Freien haben die Angusrinder im Anlautertal. Die Gockel und Perlhühner in Rapperszell trauen sich ab dem Frühjahr nach draußen; viel Platz und frische Luft im Stall genießen Rinder und alte Schweinerassen auf dem Biohof in Preith. −Foto: Straßer

Eichstätt (EK) Ein Jahr - ein Vorsatz: Nicht täglich, aber doch mehrmals die Woche esse ich gerne Fleisch. Wo in der Region kann ich mich selbst davon überzeugen, dass es den Tieren, die ich esse, vor der Schlachtung wirklich gut ging?

Zu traurig und grausam sind die Bilder, die in den vergangenen Jahren von den gequälten Kreaturen aus der Massentierhaltung und den Megaschlachthöfen durch die Medien gingen, als dass ich noch Billigfleisch essen könnte. Ich will mich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass das Tier wenigstens ein gutes Leben hatte, bevor es Selbiges für mich lässt. Wieder einmal werde ich bei der Anbietergemeinschaft "Köstliches vom Lande" fündig: Eine ganze Reihe von Direktvermarktern in der Region verkauft das Fleisch - frisch oder verwurstet - der Tiere, die auf ihren Höfen wohnen.

Oder auf den sattgrünen Wiesen des Anlautertals, wie die Angusrinder der Familie Bittlmayer vom Schmiebauernhof in Enkering: Das ganze Jahr über genießen die schwarzen und dunkelroten Rinder dort ihren Auslauf, die Ruhe und ganz Platz. Auch bei Eis und Kälte. "Das ist ihnen sogar lieber als Hitze, die sind widerstandsfähig", schmunzelt Anton Bittlmayer. Schließlich entstand die Rasse Deutsch Angus in den 1950er-Jahren aus der Zucht mit schottischen Aberdeen Angus-Bullen. Die Widerstandsfähigkeit ist nur ein Merkmal der schönen Rindviecher: "Sie sind genetisch hornlos, vom Gemüt her sehr ruhig, überzeugen durch Leichtkalbigkeit und ausgeprägten Mutterinstinkt. Nicht zu vergessen: beste Fleischqualität!", gerät Anton Bittlmayer ins Schwärmen. Anderthalb bis zwei Jahre alt werden die männlichen Kälber in Enkering, dann holt sie ein befreundeter Metzger ab zum Schlachten. Das Fleisch gibt es auf Vorbestellung im Hofladen auf dem Schmiebauernhof, den Claudia Bittlmayer betreibt.

Dort gibt es auch das Fleisch der rund 30 Schweine, die die Nebenerwerbslandwirte im Stall ganz traditionell auf "Stroheinstreu" halten. Auch die Schweine schaue ich mir an: Ein bisschen mehr Platz könnten sie schon haben, denke ich als Laie, aber sie können sich frei bewegen. Gefüttert werden sie ausschließlich mit selbsterzeugtem Getreide, Erbsen und Kartoffeln. Und wenn sie "verwurstet" werden zu Köstlichkeiten, die Claudia Bittlmayer im Glas verkauft, dann wird auch kein Phosphat zugesetzt. "Das schmeckt so wie früher daheim, sagen mir viele Kunden", freut sich Claudia Bittlmayer.

Eine Idylle, die man ebenfalls mit früheren Zeiten verbindet, empfängt mich auf dem Jura-Geflügelhof von Familie Hüttinger in Rapperszell. Neben dem Wohnhaus stolzieren die Legehennen über den Hof, hinter dem Haus teilen sich Gockel, Entenküken und eine Schar Perlhühner eine große Wiese. Etwas weiter vom Haus entfernt wohnen Gänse, Puten und Wachteln. Ursprünglich war der Hof der Hüttingers ein Milchviehbetrieb, aber schon ihre Schwiegermutter habe immer auch ein paar Enten, Gänse und Hühner gehalten, erklärt mir Roswitha Hüttinger. Für Familie und Freunde habe es daher schon länger Geflügelfleisch bei Hüttingers gegeben. aber erst, als sich Roswitha Hüttinger zur Hauswirtschaftsmeisterin ausbilden ließ, entstand die Idee zur professionellen Direktvermarktung.

Seit 2010 betreiben Hüttingers auf ihrem Hof einen kontrollierten Schlachtbetrieb, seit 2011 gibt es auch einen Hofladen. Die Milchviehhaltung wurde aufgegeben, als der Hof im Jahr 2014 an Alexandra und Bernhard Hüttinger übergeben wurde. Sie bauen zur Zeit an einem neuen Freilaufstall für die Legehennen - um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. "Zuviel darf es aber nicht werden, wir wollen unsere Qualität auch halten", betonen Roswitha und Alex. Außerdem ist ihnen wichtig, "dass das ganze Tier verarbeitet wird, daher verkaufen wir zum Beispiel auch keine Putenschnitzel, sondern nur halbe oder ganze Puten", erklären sie. Für die Wachteln und Perlhühner interessieren sich auch die Slowfood-Restaurants der Region - "man muss halt seine Niesche finden", sagt Roswitha Hüttinger.

Die beliebten Eier der Hühner aus Freilandhaltung kann man nicht nur im Hofladen kaufen: Seit September 2017 steht in der Hofeinfahrt der Hüttingers "Buxls Eierhäusl". In dem hübschen weißen Holzhäuschen kann man sich rund um die Uhr aus zwei Kühlschränken bedienen und das Geld in die (gesicherte) Kasse werfen. Neben Hühner- und Wachteleiern warten dort auch Wurstdosen, Nudeln, Kartoffeln und ab Samstagnachmittag auch vakuumiertes Geflügelfleisch auf Kunden.

Wie artgerechte Tierhaltung nach Bioland-Richtlinien aussieht, das schaue ich mir auf dem Biohof Mayer in Preith an. Wer nur Kühe kennt, die in Anbindehaltung leben, also an einem Platz fixiert sind, für den ist der Cuccettenstall der Mayers eine Offenbarung: Er gibt den Tieren Schutz und Unterstand, aber genauso die Möglichkeit, sich Sonne und Regen auszusetzen und die frische Luft zu genießen. Errichtet wurde der Stall schon 2001, damals noch für Milchkühe, inzwischen zur Mutterhuhhaltung.

Auch Franz Josef und Andrea Mayer setzen auf eine besondere Rinderrasse: Sie stellen zur Zeit von Fleckvieh auf Murnau-Werdenfelser, auch "Oberländer" genannt, um. Gut die Hälfte der Tiere im Stall entstammen bereits dieser alten, vom Aussterben bedrohten Rasse. "Mir war halt wichtig, was Einheimisches im Stall zu haben", erklärt Franz Josef Mayer. Ihm macht aber auch die Arbeit mit diesen Kühen Spaß: "Sie sind viel lebhafter und frecher als das Fleckvieh."

Alte Rassen, die im vergangenen Jahrhundert beinahe völlig den Hochleistungszüchtungen der Fleischindustrie weichen mussten, trifft man auf dem Biohof Mayer auch im Schweinekober: In einem abgetrennten Bereich im Cucettenstall genießen gerade drei Mangalica-Schweine viel Platz und das Herumwälzen im Stroh. Warum sie auch "Wollschweine" heißen, erklären ihre dichten, lockigen Borsten auf den ersten Blick. Im Außenbereich quiekt und grunzt eine Gruppe gefleckter Ferkel vor sich hin - die kleinen Husumer strecken mir sofort neugierig ihre Rüssel entgegen, als ich sie fotografieren möchte.

Aus Platzgründen züchtet Franz Josef Mayer seine seltenen Schweine nicht selbst, er kauft sie von einem Biolandbetrieb aus Ellingen zu und zieht sie auf. Für eine stressfreie Schlachtung von Rindern und Schweinen sorgt ein befreundeter Metzger aus Greding; das Fleisch und auch Wurstwaren vermarktet Familie Mayer über den Hofladen in Preith. Für das nächste Mangalica melde ich mich sofort an - die Wollschweine sind nicht nur niedlich, ihr Fleisch und sogar ihre dicke Fettschicht schmecken saftig und angenehm nach Schwein.

Außerdem gilt für alle seltenen Rassen: Wer sie retten will, muss ihr Fleisch kaufen - denn nur dann wird es weiterhin Menschen geben, die diese Tiere züchten und aufziehen.
 

Katrin Straßer