Eichstätt
Ein Glücksschwein mit permanenter Pechsträhne

Sebastian Reich bot mit Nilpferd-Dame Amanda perfekte "Glückskeks"-Show im Alten Stadttheater

05.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:04 Uhr
  −Foto: Buckl

Eichstätt (EK) Es ist einfach nur toll, wie Bauchredner Sebastian Reich es schafft, solch ein unterhaltsam-vergnügliches Programm für alle Generationen zu bieten: für Kinder, die sich an jeder Art knalliger Pointen und auch an den vordergründigen "Flachwitzen" erfreuen können, aber auch für Erwachsene, denen manche Anzüglichkeiten präsentiert werden, von denen man nur hoffen kann, dass die Kinder nicht allzu intensiv bei Eltern, Omas und Opas nachbohren werden, wie das denn nun gemeint war (etwa die Definition eines Kondoms mit Loch - als "Kinderüberraschung").

Bei ihrem Auftritt vorgestern im Alten Stadttheater, dessen Saal mit über 400 Besuchern wieder bestens gefüllt war, sorgten Bauchredner Sebastian Reich und Nilpferd-Dame Amanda mit dem Programm "Glückskeks" für einen absolut gelungenen Abend. Es war Reichs zweites Eichstätter Gastspiel nach der Premiere vor vier Jahren. Diesmal standen ihm mit dem Esel, dem "Pig Nick" und Herrn Amor noch weitere sprechende Puppen zur Seite. Dabei war der Titel des Programms bestens passend: Am Ende der Veranstaltung, die aufgrund der erwartbar zahlreichen Kinder im Publikum schon um 18 Uhr begonnen hatte, sah man nach zweieinhalb Stunden in lauter lachende glückliche Gesichter.

Ein Positivum überdies: Wenn man den "Glückskeks"-Abend mit dem vorigen Programm "Amanda packt aus" vergleicht, fällt auf, dass die Strukturen der Komik zwar gleich bleibt, sich aber keine einzige Pointe, kein einziger Witz wiederholt - wenn man mal absieht von der Definition für Amandas Lieblingsvokabel: denn der Gebrauch des Wortes "spezifisch", mal als Substantiv, mal als Adjektiv, gehört zu den Running Gags des Abends. Was entsteht, wenn ein "Cola-Fisch" einen "Fanta-Fisch" trifft? Ganz klar: ein "Spezi-Fiiiisch", kräht Amanda ins Alte Stadttheater. Ein weiteres Leitmotiv bildet ihr Seufzer "Ich kriech' die Krise! ", wozu ihr Reich, ihr "Stalker", reichlich Anlass bietet. Und den ganzen Abend über geht es um "Titting" - so wie Reich vor vier Jahren an dem Ortsnamen "Gungoldung" einen Narren gefressen hatte.

 

Das symbiotische Verhältnis zwischen Reich und Amanda ist zwar einerseits von Sympathie und Abhängigkeit geprägt, vor allem aber frotzeln beide sehr gern übereinander: Da veräppelt Reich Amandas dicke Pfoten beim "Schnick, Schnack, Schnuck"-Spiel und macht sich über die Größe ihrer Nasenlöcher lustig. Umgekehrt findet Amanda, Reich sei viel zu hässlich, um als ihr Bruder gelten zu können. Sein neues Hobby, den Stepptanz, kommentiert sie in der Zugabe mit einem veritablen Schüttelreim: "Auch unter den kleinsten Steppdecken / kann noch der größte Depp steppen! " Neben Amanda betreten weitere Figuren die Bühne. Hatte Reich vor vier Jahren mit dem blinden "Hausmeister Schorsch" einen Maulwurf dabei, so steht in "Glückskeks", übrigens Reichs drittes Solo-Programm, auch "Herr Nick Pick" auf der Bühne, der lieber "Pig Nick" genannt werden will und sich als ein Glücksschwein mit permanenter Pechsträhne entpuppt, das bei seinem zweiten Auftritt aber sogar singend zur "Rampensau" mutiert. Unter anderem war Pig Nick schon für die SPD und den FCN im Einsatz. Dann landet da noch im wahrsten Wortsinn ein verfilzter Waldschrat als Bruchpilot, der anhand von Pfeil und Bogen als gealterter "Herr Amor" zu identifizieren ist. Amors Abgang erfolgt, weil er noch auf einen Abi-Ball muss - "der Lothar Matthäus sucht eine Neue! " Nicht zuletzt tritt wieder der Esel auf, der "König der Kalauer", der Flachwitze am Fließband von sich gibt ("Wie nennt man einen sehr intelligenten Professor auf dem Klo? Einen Klugscheißer! Und wie einen Cowboy ohne Pferd? Einen Sattelschlepper! "). Erstaunlich, wie Reich all diesen Figuren individuelle Stimmen verleiht.

Überhaupt beherrscht der Bauchredner sein Metier mit faszinierender Perfektion, oft glaubt man, auf der Bühne fänden faktische Dialoge zweier Protagonisten statt. Dazu lässt Reich all seine Puppen noch in kleinsten Nuancen ihrer Bewegungen mit perfekter Fingerfertigkeit agieren. Und die Kalauer und Flachwitze der Figuren, für die sich Reich ostentativ schämt, werden durch witzige Sentenzen ausgeglichen, wenn Amanda ihr Alter Ego etwa belehrt, dass es "genau zwei Worte im Leben gibt, die einem alle Türen öffnen: ziehen und drücken! ".

Bestens gelingt es dem Würzburger Duo auch in diesem dritten Solo-Programm, einer Mischung aus Comedy und Varieté, intensivsten Kontakt mit dem Publikum herzustellen, indem die Besucher Kärtchen in eine Box auf der Bühne einwerfen dürfen, was für sie Glück bedeute: Im Lauf des Abends verliest Reich diese dann - etwa von Anna aus Sappenfeld, die Pferde liebt (dazu Amandas spontaner Kommentar: "Die hat das ,Nil'- vergessen! ! "), von Paul von der Wegscheid, der gerne Bulldog fahren will, oder von den Geschwistern Anna und Benedikt aus Wachenzell, die nur ein Autogramm möchten, dann aber von Reich sogar auf die Bühne gebeten werden.

Dazu flirtet und flachst Amanda den ganzen Abend hindurch mit Klaus aus Reihe III, sie spottet und spaßt, und sogar singen kann sie: nämlich mit dem Publikum den "Schubidubidu"-Song, mit dem sie die Besucher glücklich machen will. Und das ist ihr und ihrem Mentor Reich mit diesem "Glückskeks"-Programm auch bestens gelungen.

Walter Buckl