Eichstätt
Ein Brückenbauer zwischen Orient und Okzident

Ägyptischer Jesuit Samir erhält Stephanus-Sonderpreis für verfolgte Christen

27.07.2018 | Stand 02.12.2020, 15:59 Uhr
Der Preisträger Pater Samir (3. von links) mit seinem Laudator und Schüler Andreas Thiermeyer (links), der Vorsitzenden der Stephanus-Stiftung für verfolgte Christen, Michaela Koller (2. von links), und dem Stifter Wolfgang Link. −Foto: Foto: Luff

Eichstätt (rlu) Er ist ein Grenzgänger zwischen den Kulturen und erforscht seit Jahrzehnten als Islamwissenschaftler und katholischer Theologe die frühchristlich-arabische Religionsgeschichte.

Für sein Lebenswerk erhielt nun der 80-jährige Pater Professor Dr. Dr. Samir Khalil Samir im Spiegelsaal der Residenz im Rahmen eines Festaktes den Sonderpreis der Stephanus-Stiftung für verfolgte Christen.

Wie kein anderer habe dieser einflussreiche Gelehrte durch Forschung und Lehre den orientalischen Christen "ihre Geschichte und damit neues Selbstbewusstsein in Zeiten der Unterdrückung zurückgegeben", wie es in der Begründung der Stiftung heißt, die durch ihren Namen an den ersten urchristlichen Märtyrer erinnern will. Überreicht wurde der nicht dotierte, aber weltweit beachtete Preis von der Politikwissenschaftlerin und Journalistin Michaela Koller, seit 2015 Referentin für Religionsfreiheit bei der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte und zugleich Vorstandsvorsitzende der Stephanus-Stiftung.

Michaela Koller sah man die Freude an, als sie dem von ihr hochverehrten, "herzlichen und zugleich humorvollen Ägypter" Samir die Urkunde überreichte und damit ein Lebenswerk im Dienste der Wissenschaft und Humanität ehrte. Denn Samir hat der Öffentlichkeit bis heute nicht weniger als 60 Bücher und über 1500 Artikel überlassen, in denen er ein fundiertes, ehrliches und authentisches Bild der christlich-islamischen Geschichte im Orient vermittelt. Der Jesuitenpater nahm den Preis sichtlich gerührt entgegen und sprach am Ende der Veranstaltung in der ihm eigenen Bescheidenheit nur wenige Worte, die gleichwohl zeigten, worum es dem Universalgelehrten stets ging: "Ich habe mir immer nur eine einzige Frage gestellt: Wie können wir alle eine friedliche Welt bauen, in der wir alle zusammenleben können? "
Zuvor hatte Archimandrit Andreas Thiermeyer, ehemaliger Gründungsrektor des Collegium Orientale, Leben und Werk seines ehemaligen Lehrers und Professors in einer Laudatio gewürdigt. Präzise zeichnete Thiermeyer den bewegten Lebenslauf eines Kosmopoliten nach, der nie still gestanden sei, sondern sich immer neuen Herausforderungen gestellt habe. Als Sohn einer griechisch-katholischen Mutter und eines griechisch-orthodoxen Vaters wuchs er in unmittelbarer Nähe einer jüdischen Synagoge in Kairo auf, erlebte die Aufstände gegen die Briten und die Machtergreifung von Gamal Abdel Nasser.

Samier initiierte Alphabetisierungskampagnen in Ägypten und baute eine riesige christlich-arabische Bibliothek auf, die leider durch einen Großbrand zerstört wurde. Er wirkte am Ostkirchlichen Institut in Regensburg und traf dort in einer Lehrveranstaltung Professor Joseph Ratzinger, den späteren Papst Benedikt XVI. , der Samir dann zu seinem persönlichen Berater in Sachen Islam bestellen sollte. Er wirkte im englischen Birmingham und in den Niederlanden, lehrte zwölf Jahre lang am Päpstlichen Orientinstitut in Rom und gründete das Forschungs- und Dokumentationszentrum CEDRAC in Beirut, an dem Literatur zum christlichen Erbe im Nahen Osten gesammelt wird. Er hatte Gastprofessuren in Österreich, Japan und den USA inne und siedelte 1986 in den Libanon über, um dort - zu Zeiten des Bürgerkrieges - an der Universität Saint Joseph Theologie und Islamwissenschaften zu lehren.

Das US-Magazin "Time" sieht in ihm einen der einflussreichsten Islamkenner der katholischen Kirche. Dem Preisträger kam es dabei immer auf einen Dialog mit dem Islam an, wie er am Ende des Festaktes erläuterte: "Ausgleich, Verständigung und Versöhnung zwischen den großen ethnischen und religiösen Gruppen sind im Nahen Osten so dringend notwendig wie nirgendwo sonst auf der Welt. " Den innerislamischen Machtkampf zwischen gewaltbereiten und gemäßigten Muslimen betrachtet Samir deshalb mit großer Sorge. Er plädiert stets für Gewaltlosigkeit, für die auch Jesus Christus eintrat. Am Ende war es Pater Samir wichtig, gemeinsam mit Andreas Thiermeyer und allen Anwesenden seinen Glauben im gemeinsamen "Vaterunser" zu bekennen. Bbei den Nonnen des Riedenburger Klosters Sankt Anna bedankte er sich dafür, dass er einmal jährlich ein paar Wochen bei ihnen verbringen darf und dabei auch pastoral tätig ist. Dieses Kloster sei für ihn einer der schönsten Orte auf Erden; und hier möchte er auch einmal begraben sein