Eichstätt
Eichstätter Klosterarbeit in Londoner Galerie?

13.08.2018 | Stand 02.12.2020, 15:53 Uhr
Mit der Herkunft einer Tapisserie beschäftigt sich das Kunstmagazin "Frieze" in seiner jüngsten Ausgabe. Der Webteppich aus dem 15. Jahrhundert weist große Ähnlichkeiten mit den Walburga-Teppichen im Diözesanmuseum auf und könnte wie diese aus der Werkstatt der Eichstätter Abtei St. Walburg stammen (Fotos rechts). −Foto: Foto: Diözesanmuseum/Screenshot: EK

Eichstätt/London (smo) Wird ein Wandteppich, im ausgehenden 15. Jahrhundert im Eichstätter Kloster St. Walburg gefertigt, derzeit in der renommierten Londoner Galerie von Sam Fogg ausgestellt?

Ein Bericht im Kunstmagazin "Frieze", das mit einer Auflage von 15000 Exemplaren achtmal jährlich erscheint, geht jedenfalls dieser Spur nach. Die Tapisserie zeigt demnach "fünf Szenen aus dem Leben Christi, die durch Bänder, die wie Säulen aussehen, getrennt sind", beschreibt Verfasserin Mimi Chu in ihrem Artikel.

Der Wandteppich weist frappierende Ähnlichkeiten mit der "älteren" Tapisserie im Eichstätter Diözesanmuseum über das Leben der heiligen Walburga auf. Diese Nähe greift auch die Überschrift der Geschichte auf: "The Mystery of the Eichstatt Tapestry" steht dort in großen Lettern geschrieben.

Autorin Chu greift in ihrer Spurensuche nach der Herkunft der Bildwirkerei die Argumentationslinie der österreichischen Kunsthistorikerin Betty Kurth (1878 bis 1948) auf. Kurth hatte die Wandteppiche aus dem Kloster St. Walburg 1926 als Arbeiten einer "peripheren, verspäteten, unselbstständigen Provinzwerkstatt des Eichstätter Klosters" klassifiziert, die Figuren als "leere, ausdruckslose Köpfe" beschrieben. Damit war für die Tapisserien erst einmal das kunstgeschichtliche Aus besiegelt, sie gerieten in Vergessenheit. Mimi Chu schreibt dazu in ihrer Betrachtung, dass die "exzentrischen Figurentypen", lege man herkömmliche Maßstäbe an, eher "als fehlerhaft" gesehen würden - provinziell eben. Bis Anna Rapp-Buri und Monica Stucky-Schürer in ihren Forschungen zur oberrheinischen Bildwirkerei die Werke einer ganzheitlichen Betrachtung unterzogen. So schloss sich offenbar auch für Kunsthistorikerin Kurth der Kreis, die laut Artikel den Teppich als Auftrag für das Kloster gesehen hat, möglicherweise gefertigt durch die Nonnen selbst. Die Benediktinerinnen hätten dabei, so mutmaßt die Autorin, nicht nur beim Betrachten Buße getan: "Sie webten sich aus der Sünde. "

Die Eichstätter Walburga-Teppiche aus der Zeit zwischen 1465 und 1520, die im Domschatz- und Diözesanmuseum zu sehen sind, gehören übrigens "zu den besterhaltenen und eindrucksvollsten Zeugnissen der süddeutschen Wirkkunst des ausgehenden Mittelalters", wie der frühere Wissenschaftsminister Thomas Goppel einmal betont hat. Heute sind sie in das Verzeichnis zum Schutz national wertvollen Kulturguts eingetragen. Vor zwei Jahren konnte das Bistum eine weitere mutmaßlich in der St. Walburger Werkstatt angefertigte Tapisserie erwerben: die heilige Sippe aus dem Jahr 1527.

Insgesamt elf Bildtapisserien sind der Werkstatt des Klosters zuzuordnen, die wohl während einer Reform unter Bischof Johann von Eyb eingerichtet worden sein könnte. "Was noch in Privatbesitz ist, weiß man nicht", berichtet Museumsleiter Emanuel Braun. "Die Tapisserien sind sicher zu wichtigen Anlässen präsentiert worden", sagt Braun. Das könnte wohl auch, so vermutet Braun, der Sinn der Erstellung der Teppiche gewesen sein.