Eichstätt
Polizei widerspricht Gerüchten über Asylbewerber

"Hier wird nichts vertuscht"

28.09.2015 | Stand 14.02.2018, 16:16 Uhr

Eichstätt (EK) Die Gerüchteküche hört nicht auf zu brodeln: Erst dieser Tage sei angeblich eine junge Frau von einer Gruppe Flüchtlinge vergewaltigt worden – und die Polizei halte solche Vorfälle auf politische Weisung zurück. Eichstätts Polizeichef Heinz Rindlbacher: „Hier wird nichts vertuscht.“

Am vergangenen Samstag vor genau einem Jahr war bekanntgeworden, dass in der ehemaligen Maria-Ward-Realschule eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet werden soll. Die ersten Asylsuchenden waren noch nicht wirklich eingezogen, kam auch die Gerüchteküche in Fahrt. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass es auf der Straße heißt: „Die Polizei war schon wieder hinten.“ Oder: „Hast schon gehört . . .“ Und immer die Stammtischparole dazu: „Aber die dürfen ja nichts sagen und die Zeitung schreibt auch nichts drüber, weil die Politik das nicht will.“ Auf die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung einer jungen Frau angesprochen, reagierte der Eichstätter Polizeichef Heinz Rindlbacher perplex: „Uns liegt dazu nichts vor.“ Und dass es politische Weisungen gebe, Delikte, die von Flüchtlingen begangen werden, nicht zu veröffentlichen, weist Rindlbacher mit aller Deutlichkeit zurück. Auch das bayerische Innenministerium verwahrt sich auf Anfrage unserer Zeitung gegen eine solche Darstellung: „Die Politik untersagt hier keinerlei Veröffentlichung“, so ein Sprecher. Die Ermittlungsbehörden würden – wie bei allen vergleichbaren Delikten – entscheiden, was veröffentlicht wird. „Da wird nicht reingeredet.“ Es gebe sicher den ein oder anderen Fall, wo aus „ermittlungstaktischen Gründen“ keine oder nur wenige Informationen an die Öffentlichkeit kommen.

„Der Schutz der Persönlichkeit“ sei hier etwa ein Entscheidungskriterium, erklärt Polizeichef Heinz Rindlbacher. Er versteht die Aufregung auf der einen Seite. Allerdings: „Uns hat noch nie jemand gefragt, ob an so einem Gerücht etwas dran ist.“ Würde die Polizei aber überhaupt Auskunft geben? Ja, sagt Rindlbacher: Wenn etwas passiert sei, dann könne er das auch einräumen, ohne genauere Details natürlich. „Wir veröffentlichen alle relevanten Vorfälle.“

Und die kann Rindlbacher in Eichstätt an seinen Fingern abzählen: fünf Körperverletzungen in der Erstaufnahmeeinrichtung, der Missbrauch des Notrufs (im September) und eine sexuelle Nötigung innerhalb der Mauern der Einrichtung (der Täter sitzt in U-Haft). Die sei nicht gemeldet worden, räumt Rindlbacher ein, um die Privatsphäre der Frau zu schützen. „Das hat nichts mit Vertuschung zu tun.“ Bei einem ähnlich gelagerten Fall in den eigenen vier Wänden wäre man genauso verfahren. Die Körperverletzungen wären allesamt zwischen den Bewohnern begangen worden – „teils wegen Nichtigkeiten“. Die Massenschlägerei Anfang August sei die größte Auseinandersetzung gewesen, seit die Erstaufnahme besteht. Sicher, so Rindlbacher, stehe ein Polizeiauto mindestens einmal pro Woche am Residenzplatz vor der Tür: Dann sei er in der Einrichtung, um sich mit Leiter Tobias Geyer auszutauschen. „Wir haben einen sehr engen Draht zueinander.“

Wie sieht es außerhalb von Maria-Ward aus, etwa bei Ladendiebstählen? „Die Zahl tatverdächtiger Deutscher ist in der Relation wesentlich höher als die bei Flüchtlingen.“ Er versichert, dass man, „sobald Hinweise auf strafbares Verhalten vorliegen“, die Staatsanwaltschaft einschalte. Das gilt übrigens auch, wie Rindlbacher anfügt, für die Urheber solcher Gerüchte: Dabei könnte das Vortäuschen einer Straftat im Raum stehen oder falsche Verdächtigungen.

Oder Volksverhetzung: In Donaueschingen (Baden-Württemberg) muss sich derzeit eine 31-Jährige deswegen verantworten: Die Frau hat nach Angaben der Polizei über soziale Netzwerke die Meldung verbreitet, dass ein Asylbewerber eine junge Frau im Schwarzwald-Baar-Kreis vergewaltigt und ihr anschließend ein Ohr abgeschnitten habe. Laut der dort erscheinenden Tageszeitung „Südkurier“ hat die Polizei mitgeteilt, dass der „unwahre Inhalt dieses Postings geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“.