Eichstätt
Vom Zauber des Ortes

Hunderte Besucher der "Giardini" erleben ein heiteres und vielseitiges Kunstfest im Wieser-Anwesen

15.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:17 Uhr

Besucheransturm und konzentrierte Momente: Drei Tage strömten die Menschen zum Wieser-Anwesen. Traumwandlerisch waren die Werke von Iris Gabber. Marco Stanke, der seine assoziationsreichen Siebdrucke ausstellte, animierte die Besucher, die Technik auszuprobieren.

Eichstätt (EK) Ein Garten der Sinne war das Projekt „Giardini“ im Wieser-Anwesen. Kunst in vielfältiger Form, Musik, Tanzperformance, Natur und Kulinarisches wurden zu einem Gesamtkunstwerk, das auf enorme Resonanz stieß.

Für den städtischen Kulturbeauftragten Günther Köppel war es eines der Höhepunkte, für Eva Schmatloch die Erfüllung eines großen Traums, für das Künstlerkollektiv auf Zeit eine Freude und einzigartige Gelegenheit, sich zu präsentieren. Und für die Besucher waren die „Giardini“ ein heiteres, kommunikatives Kunstfest im Grünen an einem atmosphärischen Ort, der überraschende Perspektiven und Einsichten hinter Fassaden und in ansonsten nicht zugängliche Räumlichkeiten ermöglichte.

Aberhunderte Besucher haben in den vergangenen drei Tagen den Kunstgarten im Wieser-Anwesen besucht, sich von der Vielfalt der Kunst überraschen und inspirieren lassen, sind mit den Künstlern ins Gespräch gekommen. Oder haben sich im weitläufigen Garten bei Weißwurst und Weißbier, bei Kaffee und Kuchen oder bei Spritz und Schnittlauchbrot gestärkt, sich zufällig oder verabredet getroffen, im Garten unter den Bäumen verweilt oder dem Trio Luna zugehört. Und sie haben sich auf Spurensuche durch die verwinkelten Räume des Gebäudekomplexes begeben. „Das ist ein einzigartiges Erlebnis an einem wundersamen Ort“, sagte Silvia Schröder, die wegen des Kunstgartens aus Ingolstadt nach Eichstätt gekommen war. „Danke für diesen Traum an der Altmühl“, schrieb einer der Besucher ins Gästebuch.


 
Die Idee dazu hatte Eva Schmatloch, Enkelin von Maria Wieser. Nach vier Jahren in Italien, aus der Ferne mit verändertem Blick auf die Heimat in diese zurück, war es ihr ein Anliegen, den verwunschenen Garten ihrer Kindheit, die Gebäude voller Erinnerungen, in denen ihre Familie erst eine Schäfflerei und dann eine Mosterei betrieben hat, mit diesem Projekt „wertzuschätzen“, wie sie sagt. Wiederzubeleben. An diesem für sie so wichtigen Ort – dessen Historie auch mit einer Reihe historischer Fotografien nachzuvollziehen war – Menschen zusammenzubringen und jungen Eichstätter Künstlern eine Plattform zu bieten.

Acht Künstler und eine Tänzerin waren von der Idee der 28-jährigen Kulturwirtin begeistert und haben die ehemaligen Betriebsräume bestückt. Ideale Ausstellungsräume, wie sich nach deren detailfreudiger Verwandlung gezeigt hat. Weitläufige Hallen, Kunstkammern in kleinen Räumen, dazu Aussichten und Durchblicke.

Der Fotograf und Galerist Hubert Klotzeck präsentierte sein groß angelegtes, originelles wie charmantes Projekt. Mit Tänzern und Tänzerinnen unterschiedlichen Alters hat er die Stadt erobert. Plätze und Orte wurden bespielt, von der Mensa bis zum Residenzplatz, vom Supermarkt bis zum Freibad. Entstanden sind lebensfrohe Porträts und überraschende Ansichten der Stadt. (Die Bilder sind ab 18. Juli, Vernissage um 19 Uhr, in der Galerie Bildfläche ausgestellt.)

Daniel Weiß hat sich ebenfalls der Stadt genähert. Mit aufmerksamem Blick und untrüglichem Gespür hat der Architekt kleine und große städtebauliche Bausünden fotografisch aufgespürt und einem Puzzle gleich über einen wandfüllenden Stadtplan gelegt. Mit ironisch-witzigen Kommentaren versehen oder visuelle Gegensatzpaare gebildet. Denn schöne Seiten gibt es, so Weiß, in der Stadt ebenfalls genügend. Marlene Zapf war an zwei Orten der „Giardini“ mit ihren expressiven Werken vertreten. Die farbensatten abstrakten und großformatigen Gemälde hat sie in die Bäume gehängt. Passend zur Üppigkeit des Grün. Reduzierter die Exponate im ehemaligen Verkaufsraum.

Auf die Kraft der Bilder setzt Nadine Meyer nicht nur in ihren Gemälden, sondern auch mit ihren minimalistischen Fotografien. Assoziationen will sie in Gang setzen, „stille Erzählungen“, Gefühle evozieren. In ihren Videoclips spielt sie hingegen mit der Wahrnehmung, lenkt den Blick auf Bewegungen und Geräusche, die im alltäglichen Geschehen kaum Aufmerksamkeit erhalten. Der Maler und Bildhauer Bartholomäus Durynek zeigt sich in seiner Werkauswahl experimentierfreudig und vielseitig. Wandelbare Figuren aus Stahl, winzige Objekte aus Zinnsilber und federleichte, in hellgrau gehaltene Bilder. Marco Stanke hat die Besucher auch zum Siebdruck animiert. In seinen Werken ist Stanke ein Meister der Assoziationsfülle. Auf seinen vielschichtigen Werken tummeln sich Gestalten und herrscht eine Vielfalt an Formen, die in der Technik ein collagenartiges Ergebnis zeigen.

Harald Peterson ließ sich bei seinen „3 Wächtern“, großformatige Schwarz-Weiß-Fotografien, von nordischer Mythologie inspirieren. Und so erzählen die Kinderporträts in ihrer bestechenden Unmittelbarkeit auch von der Sehnsucht nach Hütern und treuen Begleitern. Iris Gabber hingegen nähert sich in ihren großen, lichten Gemälden mit expressivem Pinselduktus Zuständen und Gefühlen. Traumverlorene Gestalten, die warten, sich suchen, aber auch finden.

Drei Tage „Giardini“ im Wieser-Anwesen waren Rückblick und Aufbruch, Tradition und neue Ideen, erfüllte Träume und neue Sicht auf Altbekanntes. Im Gästebuch stand: „Aus der Vergangenheit entstanden, für die Zukunft gemacht und im Heute genossen.“