Eichstätt
Der Marathon-Mann kennt keinen Frust

ÖDP-Kandidat Willi Reinbold lässt sich von der Fünf-Prozent-Hürde nicht schrecken

30.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:44 Uhr

Mit dem Rennrad am Fuß der Willibaldsburg: „Ich habe noch kein Rennen gemacht, bei dem ich nicht ans Ziel gekommen wäre.“ Willi Reinbold überträgt seine eiserne Ausdauer beim Radfahren gerne auch auf die Politik. - Foto: oh

Eichstätt (EK) Natürlich kommt er mit dem Radl zum Pressegespräch am Eichstätter Marktplatz. Willi Reinbold, der Direktkandidat der ÖDP für die Landtagswahl, setzt seine Zeichen auch im Alltag. „Das Rad ist nach wie vor das schnellste Verkehrsmittel in Eichstätt.“

Der Eichstätter Willi Reinbold ist 61 Jahre alt, ein drahtiger Mann mit gepflegtem Vollbart, durchtrainiert. Reinbold ist Diplom-Finanzwirt (FH) und war lange Ausbildungsleiter am Finanzamt Eichstätt. Seit einigen Jahren aber, die beiden Söhne sind erwachsen, arbeitet er beim Finanzamt in München, wo er nun auch unter der Woche wohnt, denn tägliches Pendeln kommt für ihn nicht infrage. Reinbold leitet in München ein Team zur „Vermeidung des Umsatzsteuerbetrugs“. Er und seine Leute fahnden nach neuen Tricks der Steuerhinterzieher. „Wöchentlich gibt es da etwas Neues, das ist total spannend“, sagt Reinbold. Spannend und erschreckend. Denn Reinbold hat einen ausgeprägten Sinn für Schieflagen in der deutschen Gesellschaft: „Mein größter Fall waren 307 Millionen Euro Mehrsteuer“, sagt er über die Nachforderungen, die seine Abteilung für Vater Staat erhebt. „Das können sich die Leute gar nicht vorstellen.“ Und schon ist man mitten drin in der Politik, in der Frage nach sozialer Gerechtigkeit und auch bei den Reibungspunkten der ÖDP mit der in Bayern so dominanten CSU.

Zur Politik kam Reinbold über den Naturschutz. Fast 20 Jahre war er Kreisvorsitzender des Landesbund für Vogelschutz, und in der Kreisgruppe des Bund Naturschutz ist er seit 33 Jahren Kassier. Reinbold, der als renommierter Vogelexperte zum ehrenden Spitznamen „Zwitscher-Willi“ gekommen ist, ist auch ausgewiesener Fachmann für den Schutz von Fledermäusen, Wespen und Hornissen. Ums Jahr 1990 waren es führende Naturschützer im Landkreis Eichstätt leid, dass sie mit ihren Ideen so wenig Gehör fanden. Ihr Beschluss: „Wir müssen in die Gremien.“ So kam Willi Reinbold schließlich 1995 zur ÖDP, sitzt für sie seit 1996 im Kreistag und seit 2002 im Stadtrat. Die SPD kam für ihn wegen ihrer Familienpolitik nicht infrage, die Grünen waren „aus sozialen Gründen“ für ihn „nie eine Option“. Die Freien Wähler, für die er vor seiner ÖDP-Zeit einmal für den Kreistag kandidiert hatte, waren ihm inhaltlich und personell zu beliebig. Bei der ÖDP passte für ihn schließlich alles – von der Forderung nach dem Atomausstieg bis zum Thema „Familiengehalt“. Man kann sich Reinbolds Genugtuung kaum ausmalen, als die Union nach Fukushima plötzlich für die Abschaltung der Atomkraftwerke war. „Die anderen müssen immer mehr auf unseren Weg einschwenken. Wir haben ein umfassendes Programm, das wir seit 30 Jahren in den wesentlichen Punkten nicht ändern mussten. Wir sind der Fingerzeig.“

Ein Fingerzeig, der an den Wahlurnen in Bayern aber üblicherweise nicht über zwei Prozent kommt, meilenweit entfernt von der Fünf-Prozent-Hürde. Willi Reinbold kennt die Zahlen. Schließlich ist er Bundesschatzmeister der ÖDP. Er sagt: „Wenn jeder die ÖDP kennen würde, wären die fünf Prozent überhaupt kein Problem.“ Aber die öffentliche Wahrnehmung sei leider gering.

Das könnte sich allerdings geändert haben, seit Sebastian Frankenberger Bundesvorsitzender ist. Jener Frankenberger, der in Bayern das Rauchverbot in Gaststätten durchdrückte. Zum ersten Mal hat die ÖDP damit eine echte Galionsfigur. Reinbold freute sich, als Frankenberger bei seiner Bayern-Radrundfahrt nach Eichstätt kam. Reinbold radelte mit.

Denn er ist Radfahrer mit Leib und Seele, nicht nur in der Stadt. 1996 ist er bei einem Nonstop-Rennen über 1000 Kilometer von Bregenz an den Neusiedler See gefahren: Er schaffte eine Zeit unter 40 Stunden. Marathon ist er auch schon oft gelaufen. Mit eiserner Disziplin: „Was ich anpacke, mache ich zu Ende. Ich habe noch kein Rennen gemacht, wo ich nicht ins Ziel gekommen bin – auch wenn ich der Letzte war.“

Das führt wieder zum Thema Landtagskandidatur, die schon Reinbolds zweiter Anlauf ist. Beim ersten Mal kam er auf rund zwei Prozent. Ist das nicht frustrierend? „Einen Marathon-Menschen frustriert das nicht“, sagt er. „Solange ich überzeugt bin, dass ich nichts falsch mache.“ Spricht’s, schwingt sich auf sein Fahrrad und radelt zur Kreistagssitzung. In Stadt und Landkreis Eichstätt – immerhin da – ist Reinbolds ÖDP schon heute eine feste Größe.