Eichstätt
Kandidaten, Kabarett und Klamauk

Begeisternde Kostümprunksitzung im Gutmann – Generationswechsel in der Leitung

12.02.2012 | Stand 03.12.2020, 1:50 Uhr

 

Eichstätt (EK) Dass Eichstätt und dessen Umgebung ein enormes Potenzial an künstlerischer Kreativität aufzuweisen hat, bewies die Prunksitzung der „festordnenden Abteilung rot-weiß Eichstätt“ des MuT e. V., die heuer zum achten Mal im ausverkauften Gutmann-Saal stattfand.

Dabei wurden die Zuschauer am Beginn Zeuge eines Generationswechsels in der Führung, als Präsident Christian Alberter die alten Kämpen Stephan Kaspar und Georg Heberl in den Ruhestand schickte. Diese waren auf ihren Abschied wohl vorbereitet und zogen sich mit Nachthemd und Kerzenhalter auf die Balustrade zurück. Stefan Straßer als Hofmarschall und Mundschenk Mark Banzer komplettieren ab sofort das neue „Dreigestirn“. Um allen Sicherheitsvorschriften Genüge zu leisten, übte „Saftschubse“ Melli (Melanie Arzenheimer) mit den Besuchern die Maßnahmen ein, die für den Fall einer Panik oder notwendigen Evakuierung zu ergreifen sind.

Den Orden „Medaillé de Pille Palais“ erhielt in diesem Jahr Günther Köppel. Damit wurde dessen Engagement als Kunsterzieher und Kulturreferent gewürdigt, dem es immer wieder gelingt, junge Menschen für die Kunst zu motivieren. Der Geehrte war zwar nicht persönlich anwesend, ließ sich aber in Form seiner Tante vertreten. „Tante Köppel,“ die der Spezies der Eichstätter Badweiber angehört, dachte dann über die bevorstehende OB-Wahl nach. Insbesondere die Frage, wer denn in Zukunft Bürgermeister Schmidramsl Anfang Dezember bei seiner Bescherung in den Bussen der Stadtlinie begleiten würde, ergab den Schluss, dass kaum einer der aktuellen Kandidaten richtig geeignet sei. Beate Hueber werde wohl keine Lust haben, da sie zu Hause schon einen Krampus hätte; und Andreas Steppberger wäre wohl besser bei den Sternsingern aufgehoben. Begeistert aufgenommen wurde die Erklärung von „Tante Köppel,“ ebenfalls für das Amt des Oberbürgermeisters zu kandidieren.

Bereits seit Jahren tritt Joachim Grzega mit seinen Gesangparodien bei der Prunksitzung auf. Heuer präsentierte er zuerst ein Medley von Liedern aus James-Bond-Filmen, die er zum besseren Verständnis mit erläuternden Gesten anreicherte. Zusammen mit Bea Küsener, die vom Niederrhein kommt und deswegen Kölner Mundart spricht, reflektierte er über die verschiedenen Dialekte. Ihre Belehrung, dass man – wie das Beispiel „Chemie“ zeige – den scheinbaren Laut „k“ am Wortanfang in einer bestimmten Konstellation mit dem Zischlaut „sch“ aussprechen muss, inspirierte Grzega zu vielen witzigen Wortspielen, die darin mündeten, dass er seinen Lebenslauf überdachte und erklärte, dass er statt Sprachwissenschaftler eigentlich „Schieferorthopäde“ oder „Schinderarzt“ werden wollte.

Einen weiteren Höhepunkt kündigte dann Melanie Arzenheimer als Moderatorin des Kulturmagazins „Traumtänzer“ an. Ihrem Reporterteam war es gelungen, einen Blick in die Trainingsbedingungen der ukrainischen Synchronschwimmerinnen zu erhaschen. Zudem hat sie zwei Schwimmerinnen und ihrer Trainerin Anna Bolika ein Einreisevisum nach Deutschland ermöglicht. Im Gegenzug boten die ukrainischen Badenixen (Nicola Alberter und Theresa Hürdler) zusammen mit ihrer Leiterin (Andrea Meier) eine originelle Probe ihres Könnens. Galant vollführten sie in der Tiefe des Wasserbassins, das durch ein blaues Tuch dargestellt wurde, ihre Figuren.

Zum festen Bestandteil der Prunksitzung gehört ein Besuch durch den Hofstaat der Faschingsgesellschaft Eichstätt. Diese war mit allen Mitgliedern erschienen, aus Platzmangel konnte aber nur der Prinzenwalzer gezeigt werden. Als der „Sitzungsvorsitzende“ die FGE verabschiedete und ihr zum Dank ein Fünf-Liter-Fass Kölsch überreichte, meinte Hofmarschall Benedikt Straßer trocken: „Das wird wohl nur für den Busfahrer langen.“

Angesichts des vorhergesagten Weltuntergangs im Jahr 2012 mahnte Gunther Dommel als Hüter des Heiligen Gral zu raschem Handeln. Als Oberhaupt der „auserwählten Stadt“ sollte die erste Amtshandlung des neuen OB darin bestehen, die staatliche Souveränität zu erreichen, um anschließend eine eigene Währung einzuführen. Er könnte sich einen Knipp-Lillich-Pfennig gut vorstellen; und auch die Bitte eines Schnorrers wie „Haste mal ’ne Hueber über“ klingt in „Günnis“ Ohren gut. Allerdings solle man angesichts des bevorstehenden Unheils nicht in Panik verfallen. „In Eichstätt passiert eh alles 50 Jahre später.“

Professionelles Kabarett in der Person von Maxi Grabmeier aus Ingolstadt setzte einen weiteren Höhepunkt. Als Raumkosmetikerin Mathilde Sangl fegte sie bereits beim Einzug anwesende Männer an, um anschließend die verschiedenen Facetten zu ihrem Ehemann Hubert zu beleuchten, den sie „artgerecht“ im Keller hält. Ihren fulminanten Auftritt beendete sie mit praktischen Übungen zur Stärkung des Beckenbodens, bei denen alle Anwesenden mitmachen mussten.

Franzi Geyer, Hanne Glas und Hias Rammelmeier als „Mia 3“ setzten zum Schluss mit ihren Liedern und politischen Gstanzln in bairischer Mundart einen gekonnten Akzent.

Die „Henkerskapelln“ unter der locker-souveränen Leitung von Klaus Kopischke füllte die Pausen mit wuchtigem Sound und animierte immer wieder zum Mitsingen von Faschingshits wie „Aber dich gibt’s nur einmal für mich“ von den Flippers, das die Zuschauer mit Inbrunst hinausposaunten. Die wenigen Pausen nutzte das begeisterte Publikum, um spontan die Sitzungshymnen „Viva Colonia“ oder „Mir loun unsan Dom in Eichstätt“ anzustimmen. Es versteht sich von selbst, dass der Saal am Ende gerne der Aufforderung des Vorsitzenden nachkam und mit einer Polonaise durch das Haus rockte.