Eichstätt
Umwerfend komisch

Die "Kluftinger"-Autoren Michael Kobr und Volker Klüpfel im ausverkauften Alten Stadttheater

02.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:32 Uhr

Treten seit zehn Jahren als Duo auf und wissen, wie der andere zu nehmen ist: Michael Kobr und Volker Klüpfel. Die beiden ließen die Zuschauer in Eichstätt vor Gaudi von den Sitzen rutschen. - Foto: buk

Eichstätt (EK) Ja, was war das denn nun – eine Lesung, eine Show, Kabarett oder Comedy...? In jedem Fall Kult! Denn wenn Michael Kobr und Volker Klüpfel bei einer Lesung aus einem neuen Kluftinger-Krimi auftreten, dann ist erstens das Haus voll und zweitens das Publikum aus dem Häuschen: So auch am Sonntag im völlig ausverkauften Alten Stadttheater, wo die beiden Star-Autoren ihren jüngsten Krimi „Schutzpatron“ vorstellten.

Die Zuhörer, hier eher Zuschauer, rutschten vor Gaudi fast aus den Sesseln.

Kein Wunder: Klüpfel und Kobr kabbeln sich und sticheln, nehmen sich auf die Schippe und aufs Korn, korrigieren sich gegenseitig, verändern veräppelnd spontan den Text, sie klagen und schreien, kichern und gackern, prusten und brüllen bei ihren Geplänkeln. Mal presst sich Klüpfel das Mikro fest an die Backe, wenn er die schnarrende Stimme eines Flugkapitäns imitiert, mal knodert Kobr grantig grummelnd vor sich hin, wenn er Kluftingers Schrullen intoniert. Die beiden sind wie ein altes Ehepaar bestens aufeinander eingespielt, wenn sie sich die rhetorischen Bälle zuwerfen. Oft spielt die eigentliche Lesung allenfalls eine nachrangige Rolle angesichts des fulminanten Bühnenprogramms eines Zweipersonenstücks mit einem Maximum an komödiantischen Highlights. Dass es in „Schutzpatron“ (nach „Milchgeld“, „Erntedank“, „Seegrund“, „Laienspiel“ und „Rauhnacht“ Kluftingers sechster Fall) um die Rückkehr eines wertvollen Burgschatzes mit einer Reliquie des heiligen Magnus ins Allgäuer Altusried geht, für deren Sicherung Kluftinger bestimmt wird, während er den Mord an einer alten Frau aufklären muss – all das gerät fast zur Nebensache angesichts der Show, die die Lesung bietet.

Sie beginnt mit einer Litanei aus dem Off an Sankt Magnus, den Patron des Allgäus. Dann meint Kobr, sein Kollege habe eher Beistand vom heiligen Veit nötig – „dem Patron der Bettbiesler“. Klüpfel kontert, Kobrs Schüler müssten ihm dafür dankbar sein, dass er den ehemaligen Lehrer „von der Straße weggeholt“ habe. Auf dem Tisch steht eine kleine Madonna, der die Ohren zugehalten werden, wenn Klüpfel Kluftinger fluchen lässt. Kobr zieht her über Figuren aus den Krimis, die „seltsam hohl, grau und blass“ bleiben – wie der Gerichtsmediziner Georg Böhm – worauf Klüpfel rot und blau anläuft, hat er doch die Figur im „Erntedank“-Film verkörpert!

In der Eichstätter Lesung (die übrigens ein Jubiläum markiert: „Heute treten wir genau seit zehn Jahren als Duo auf!“) liest Klüpfel von einer „toten Taube“, Kobr kontert „Des war a Waldkauz, du Depp!“, der Schäferhund Wotan mutiert flugs zum Dackel.

Sie stören sich herrlich beim Lesen, echauffieren sich und demütigen den anderen, indem Kobr Klüpfel zwingt, sich zu den schnulzigen „Flippers“ zu bekennen oder Klüpfel Kobr das Kufstein-Lied singen lässt. Sie konterkarieren und ironisieren einander: Wenn Klüpfel liest „die Sonne küsst schon fast den Horizont.“, knutscht Kobr geräuschvoll das Mikro, und wenn er von einer Figur „mit schütterem Haar“ liest, deutet Kobr feixend und fuchtelnd auf ihn und gibt dem Publikum Anlass zum Johlen.

\tWerden Lesepartien doch einmal ungestört zusammenhängend vorgetragen, sind sie zum Brüllen komisch – etwa die Szene, wo Kluftinger in Dr. Langhammers Keller am Wii-Simulator Golf üben darf, aber die Leinwand zerstört. Als er merkt, dass Langhammer schon Ähnliches passiert sein muss, ist ihm das „ein inneres Bockbierfest“. Und als Kluftinger mit seinem Kollegen Maier seinen ersten Flug überstehen muss, die Stewardess zur Weißglut nervt und aus Vorwitz versehentlich die Rettungsweste unter dem Sitz aktiviert, gibt es kein Halten mehr. Ein herrlicher Abend, der grandioses Vergnügen bereitete!