Eichstätt
Eichstätts Braugebot aus dem Jahr 1319

Der Erlass für reines Bier in der Bischofsstadt ist zwei Jahrhunderte älter als der von Herzog Wilhelm IV.

22.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:55 Uhr

Foto: Richard Auer

Eichstätt (EK) Das älteste derzeit bekannte Reinheitsgebot für Bier kommt aus Eichstätt. In einer Urkunde vom Kathreinstag (25. November) des Jahres 1319 hat es der städtische Magistrat festgesetzt. Es ist damit gut 200 Jahre älter als der entsprechende Erlass von Herzog Wilhelm IV.

Am Festtag des Nothelfers und Drachentöters Sankt Georg, am 23. April 1516, erließ Bayernherzog Wilhelm IV. ein Gesetz von großer Tragweite. Ihm lag es am Herzen, dass die Bevölkerung ein gutes und reines Bier zu trinken bekam. So unterschrieb er in Ingolstadt das Reinheitsgebot. Der Gültigkeitsbereich umfasste etwa das Gebiet von Ober- und Niederbayern. Mit einem großen Fest begehen die Ingolstädter an diesem Wochenende den 500. Jahrestag der Verkündung.

Als die Kunde davon im damals fürstbischöflichen Eichstätt - das also nicht dem Herzog unterstand - durchsickerte, werden die Braumeister und Braugesellen wohl geschmunzelt haben: "Das ist ein alter Hut." So etwas kann man sich leicht vorstellen, denn da war das "Eichstätter Reinheitsgebot", das sich inhaltlich vom bayerischen Gesetz nicht unterscheidet, schon rund 200 Jahre in Kraft. Damit wird hier schon seit 700 Jahren reines Bier angeboten.

Am Tag der heiligen Katharina von Alexandrien, am 25. November 1319, hat der Magistrat der Stadt Eichstätt ins Protokollbuch geschrieben (übersetzt ins heutige Deutsch): "Es soll auch jeder Sud mindestens zur Hälfte aus Gersten bestehen, und man soll nichts anderes hineinsieden als Hopfen." Das bedeutet also, dass die Biersieder mit Gestenmalz, Hopfen und Wasser auskommen mussten.

Erlassen wurde das Gebot unter Bischof Philipp von Ratsamhausen (1306 bis 1322). Der vollständige Text (siehe Foto) des Eichstätter Reinheitsgebots findet sich im "Weißen Buch", sorgfältig im stählernen Tresor im Rathaus verwahrt. Der Latein- und Geschichtslehrer sowie Heimatforscher Konrad Kögler hat unter Assistenz von Braumeister Rudi Emslander den schwer lesbaren Text im Jahr 2006 transkribiert. Auf den Text gestoßen waren die beiden bei Nachforschungen über die Geschichte der Eichstätter Hofmühl-Brauerei.

Sie überlegten auch, warum die Beschränkung der Würze im Bier auf den Hopfen so wichtig war. Die Brauer haben nämlich seinerzeit allerhand ausprobiert und unternahmen Versuche zur Verbesserung des Geschmacks von Bier mit Lorbeer und Petersilie, Bilsenkraut und Seidelbast, Ochsengalle und Katzenhirn, Tabak, Pech und Kreide und wer weiß was sonst noch. Reinheitsgebote wurden in mehreren Herrschaftsgebieten längst vor 1516 erlassen. Das Ingolstädter Edikt deckte freilich das damalige Bayern ab.

Das herzogliche Reinheitsgebot trägt die Überschrift: "Wie das Bier im Sommer und Winter auf dem Land ausgeschenkt und gebraut werden soll". Festgelegt ist darin auch der Bierpreis, wonach eine Maß vom Michaelstag (29. September) bis Sankt Georg (23. April) nicht mehr als einen Pfennig und von Georgi bis Michaeli nicht mehr als zwei Pfennig kosten darf. Zum Biersieden durften nur Gerstenmalz, Hopfen und Wasser verwendet werden. Wenn ein Brauer gegen das Gebot verstoßen sollte, "muss ihm das Fass unnachsichtlich weggenommen werden".

Auf das Eichstätter Reinheitsgebot war schon im Jahr 1932 im Buch "Monumenta Boica. Urkunden des Hochstifts Eichstätt" durch die Kommission für Bayerische Landesgeschichte aufmerksam gemacht worden. Neben dem Text "Das ist der sacz über das pier" wurden dort auch die Verordnungen zum Wein, Brot, Fleisch und über den Handel mit Lebensmitteln geschrieben. Am Ende heißt es dort: "Des Jars von unseres Herrn geburt tausent Jar drewhundert jar In dem Newzehenden Jar am sant Kathreintags war der Saz gesetzt in der Stat zu Eystet über all Kewft" (Grundnahrungsmittel).

Trotz aller Reinheitsgebote wurden in den folgenden Jahrhunderten immer wieder mit anderen Ingredienzien Versuche unternommen. So wurden die Hausfrauen im Jahr 1893 vor einem in Braunschweig hergestellten Präparat namens "Germans Bier-Extrakt" gewarnt. Mit einem Esslöffel des Mittels, einem halben Pfund Zucker und etwas Presshefe sollte aus zehn Litern Wasser Bier fabriziert werden.

In Aschaffenburg "erfand" ein Braumeister im Jahr 1930 ein Vitaminbier. Er habe lediglich den Brauprozess geändert, so versicherte er, und ein Bier hergestellt, das weder an Geschmack noch an Bekömmlichkeit eingebüßt habe. Beim Bierbrauen ist die "Versuchsreihe" längst nicht abgeschlossen, denkt man nur an das Mais- oder Reis-Bier. Aber: Niemand muss es trinken.