Eichstätt
Lehrerinnen mussten ledig bleiben

26.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:09 Uhr

Das Gesinde der Bauerhöfe hatte einst kaum eine Chance zur Heirat. Das Bild entstand bei der Hochzeit der Wirtsleute Johann und Rosina Pfahler vom Birkhof.? Repro: je

Eichstätt (EK) Ehe- oder Heiratsverbote waren einst durchaus gängige Praxis. Am besten bekannt ist das von den Lehrerinnen, die ledig sein mussten und deshalb bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts mit "Fräulein Lehrerin" angeredet wurden.

Diese strengen Vorschriften sind längst Geschichte. Übrig geblieben ist das Zölibat, "die pflichtmäßige Ehelosigkeit aus religiösen Gründen, besonders bei katholischen Geistlichen".

ANNO DAZUMAL

Im Handbuch für bayerische Staatsdiener von 1881 heißt es klipp und klar: "An Schulorten mit wenigstens zwei Lehrerstellen kann die Verwendung weiblicher Lehrkräfte durch die Kreisregierung (Bezirksregierung) angeordnet werden. Wesentliche Voraussetzung für die Verwendung im öffentlichen Lehrfach ist für das weibliche Lehrpersonal die Ehelosigkeit." Als erstes bröckelte dieses Eheverbot im deutschsprachigen Raum für Lehrerinnen in Wien ab. Das war bereits 1911.

Im bayerischen Volksschullehrergesetz ist noch 1919 zu lesen, dass für Lehrerinnen nach der Eheschließung das Dienstverhältnis beendet wird. Ein Vorstoß, das Verbot aufzuheben, scheiterte im Februar 1920 im Ausschuss für Lehrergesetze des Landtags an der Bayerischen Volkspartei und dem Bayerischen Bauernbund. Deutschlandweit wurde jedoch das Gesetz gestrichen, in Bayern aber 1923 nach der "Verordnung für den Personalabbau" wieder eingeführt, wie die Landtagspressestelle auf Anfrage mitteilte. So bestand es noch bis in die 1950er Jahre.

Begründet wurde das Eheverbot für Lehrerinnen damit, "dass die Pflichten einer Hausfrau und Mutter mit der Tätigkeit einer Lehrerin unvereinbar sind." Außerdem wurde befürchtet, dass sie vom Unterricht abgelenkt würden. Die Heirat blieb aber auch anderen Berufsgruppen versagt, wie teilweise Militärangehörigen und Krankenschwestern.

Aber selbst die männlichen Pädagogen konnten nicht ohne weiteres vor den Traualtar treten. Im Amtsblatt des königlichen Bezirksamtes (Landkreises) Eichstätt vom 20. Januar 1899, war festgelegt: "Schullehrer, Schulgehilfen und Schuldienstaspiranten bedürfen zu ihrer Verehelichung die dienstliche Bewilligung der vorgesetzten Regierung." Diese Bewilligung wurde versagt, wenn der Leumund der Braut zu beanstanden war. Deshalb mussten beim Antrag, heiraten zu dürfen, immer die Namen der Braut sowie Namen, Stand und Wohnort ihrer Eltern angegeben werden. Lehrer, die ohne Bewilligung heirateten, wurden sofort entlassen.

Im Jahr 1900 suchte das Arbeitshaus Rebdorf einen Aufseher, der gelernter Holzschnitzer war, da in der Anstalt Spielzeug hergestellt werden sollte. In der Ausschreibung im Bezirksamt Berchtesgaden steht, dass der Bewerber ledig, bestens beleumundet und den Militärdienst abgeleistet haben muss. Dann heißt es: "Nach Ablauf von sechs Dienstjahren ist demselben die Aussicht eröffnet, eine Bewilligung zur Verehelichung zu bekommen."

Kurios mutet eine Bestimmung aus dem Jahr 1759 an, über die Julius Sax im Buch "Eichstätt. Geschichte des Hochstifts und der Stadt" berichtet. Danach sollte Hirten das Heiraten nur erlaubt sein, "wenn die Weibsperson laut Taufschein bereits 40 Jahre alt ist." Möglicherweise sollten Schaf-, Kuh-, Sau- und Gänsehirten bei ihrem schweren Amt nicht abgelenkt werden.

Knechte und Mägde waren ländliche Dienstboten. Sie wurden Ehehalten genannt, "und waren vertragsmäßig dienende Hausgenossen eines anderen". Sie lebten unverheiratet in den Familien ihres Dienstherren. Aussicht, eine eigene Familie und Hausstand zu gründen, hatten sie nur, wenn sie in ein Anwesen einheiraten konnten. Im Gegensatz dazu durften laut Ehehaltenordnung von 1781 die Taglöhner, die selbst ein wenig landwirtschaftliche Fläche hatten, heiraten.

Aus diesen strikten Bestimmungen ist die hohe Zahl von unehelichen Kindern zu erklären. Dies geht aus den standesamtlichen Meldungen im "Gnädigst privilegierten Eichstätter Intelligenzblatt" hervor. In der Ausgabe vom 13. Juli 1816 steht bei insgesamt sieben Geburten mit voller Nennung des Vater-Namens zwei Mal lapidar: "Ein uneheliches Kind".