Eichstätt
Gewaltige Hitze

Eine Gruppe aus Eichstätt erlebte den Guss der neuen Schutzengel-Glocke in Karlsruhe hautnah mit

23.10.2012 | Stand 03.12.2020, 0:55 Uhr

 

Eichstätt/Karlsruhe (EK) „Von der Stirne heiß, rinnen muss der Schweiß, soll das Werk den Meister loben; doch der Segen kommt von oben.“ Hautnah erlebte eine Gruppe Eichstätter das Dichterwort Friedrich Schillers im „Das Lied von der Glocke“ in der Gießerei Bachert in Karlsruhe.

Unter der Führung und den Erläuterungen des Eichstätter Glockensachverständigen Thomas Winkelbauer konnte aus wenigen Metern Entfernung das Gießen von Glocken, darunter einer für die Schutzengelkirche, verfolgt werden.

Hitze, Rauch und Staub waren gewaltig, als die fünf Bronzegießer unter den leisen Anweisungen des Meisters Albert Bachert sieben in die Erde gemauerte Formen mit der 1100 Grad heißen Glockenspeise füllten. Die Zuschauer verhielten sich andachtsvoll mucksmäuschenstill, als der Anstich des Ofens mit dem flüssigen Metall durch fünf Schläge mit dem Vorschlaghammer geöffnet wurde.

Die Vorbereitung der Formen vom Entwurf bis zum Versenken in die Erde nehmen rund zwei Monate in Anspruch, erläuterte Thomas Winkelbauer. Er erklärte die überaus komplizierte Herstellung der Formen mit Kern, Falscher Glocke und dem Mantel.

„In einer Glocke schwingen bis zu einhundert Teiltöne“, sagte der Experte den staunenden Zuhörern. Mithilfe einer Stimmgabel führte er das Prüfen der Töne vor und informierte: „Die neue Glocke für die Schutzengelkirche kann erst in zwei Wochen geprüft werden, da das Auskühlen so lange dauert“. Bei normalem Gebrauch könne eine Glocke tausend Jahre überdauern. Bronze besteht zu 78 Prozent aus Kupfer, zu 22 Prozent aus Zinn.

Im Turm der Schutzengelkirche befinden sich sieben Glocken. Da der Glockenstuhl erneuert werden muss, ergab sich jetzt die Gelegenheit, das Geläut durch die achte Glocke zu vervollständigen. Es handelt sich um eine „Maria-Verkündigungs-Glocke“, die von der Stiftung Schutzengelkirche finanziert wird. Ihr Gewicht liegt zwischen 650 und 700 Kilogramm, sie kostet 15 000 Euro. Die künstlerische Zier wird eigens berechnet und von der Marianischen Männerkongregation bezahlt.

Die Gestaltung übernahm der Eichstätter Bildhauer und Steinmetzmeister Rupert Fieger, der beim Guss in Karlsruhe mit dabei war. Zu sehen ist eine Verkündigungsszene mit der Muttergottes und dem Engel. Die Weihe der Marienglocke soll im November erfolgen, vorausgesetzt der Guss ist gelungen.

Nach einem Gebet und den Worten „Herr sieh auf das Werk unserer Hände“ und „In Gottes Namen“ begann das Gießen durch die fünf Männer, eingehüllt in hitzefeste Mäntel. Die sieben Güsse erfolgten ohne Unterbrechung; in dem Bronzekanal wurde der Strom des Metalls durch kleine Schieber entsprechend gelenkt. Christine Bachert informierte vor jedem Guss die Delegationen darüber, wann ihre Glocke an der Reihe war.

Das Wasser stand bald nicht nur den Gießern, sondern auch den Zuschauern auf der Stirn. Mit einem Segensgebet „für alle Menschen, die den Klang der Glocken hören“ und einem gemeinsam gesprochenen „Vater unser“ ging die Arbeit des Gießens zu Ende.

Die Karlsruher Glockengießerei stellt auch die massiven Glockenstühle aus Eichenholz her. Die mächtigen Stämme werden überwiegend aus dem Elsass geliefert.

Die Eichstätter Gruppe, zu der Diözesanbaumeister Richard Breitenhuber gehörte, hatte zuvor das Zwölf-Uhr-Läuten in der Karlsruher Christuskirche erlebt. Die Bewunderung der volltönenden, sehr großen Glocke war allgemein; eine Besteigung des Turmes gehörte dazu.