Eichstätt
Eichstätt war einst eine Fechter-Hochburg

04.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:58 Uhr

Eichstätter Florett-Fechter im Jahr 1955 (von links): Karl Ernstberger, Harald Meister, Paul Hobauer, Rainer Bonschab, Berta Hirschelmann, Frau Erben, Trainerin Emmy Hausladen, Annemarie Holzapfel, Else Kolb, Egid Wunner und Willi Nöth. ? Repro: je

Eichstätt (EK) Eichstätt war einmal eine Hochburg der Florett-Fechter. In den 1950-er und 1960-er kämpften Damen und Herren beim VfB (Verein für Bewegungsspiele) und dem PSV (Polizeisportverein) höchst erfolgreich auf bayerischer Ebene.

Das Gründungsdatum der Sparte Fechten beim VfB ist der 4. März 1954. Unter der Leitung der Olympia-Teilnehmerin Emmy Hausladen wurde von den Aktiven am Dienstag und Donnerstag trainiert.

ANNO DAZUMAL

Der Monatsbeitrag war eine Mark, nach jedem Training wurde als "Klingengeld" ein Zehnerl erhoben. Erstes Übungslokal war laut VfB-Chronik das Gasthaus Krone. Im Sommer 1954 konnten die Fechterinnen und Fechter in die damalige Städtische Turnhalle östlich des Hofgartens umziehen.

Die Fechter übten wohl begeistert und fleißig mit dem Florett. Jedenfalls nahmen sie schon im Oktober 1954 an der Fechtsportprüfung durch den Bayerischen Fecht-Verband teil. Präsident Ludwig Meider kam dazu eigens nach Eichstätt, fragte das theoretische Wissen ab und beurteilte das praktische Können. 14 Damen und Herren nahmen teil und bekamen am Ende auch den begehrten Fechterpass. Pate und Schwesterverein der Eichstätter war der MTV Ingolstadt. Der Öffentlichkeit stellten sich die Fechter im November 1954 bei einem Turnier vor.

1956 wurde bereits um Meisterehren angetreten. Bei den Bezirks-Ausscheidungskämpfen in Ingolstadt schnitten die Fechter hervorragend ab. Im Juniorenfechten landete Otto Mögginger auf dem ersten Platz: In der Endrunde fuhr er fünf Siege und nur eine Niederlage ein. Mit guten Plätzen kehrten auch Arno Jägle und Norbert Lindenthal nach Hause zurück. Bei den Damen wurde die Juniorenfechterin Annemarie Holzapfel vierte.

Die genannten "Klingensportler" sicherten sich die Teilnahmeberechtigung an der anstehenden Kreismeisterschaft in Dachau. Fechter müssen eine sehr gute Kondition und kürzeste Reaktionszeiten haben, um Angriffe parieren zu können.

Wie der VfB-Chronik weiter zu entnehmen ist, wurde 1956 Otto Mögginger Spartenleiter. Jetzt war Eichstätt dabei, tatsächlich eine Fechter-Hochburg zu werden: In dem Jahr wurden die VfB-ler oberbayerische Mannschaftsmeister, dann südbayerische Mannschaftsmeister, und am 2. Dezember 1956 holten sie den Titel Bayerische Florettmeister an die Altmühl. Das Team: Otto Mögginger, Willi Nöth, Rolf Kleeberger und Albert Kolb. Trainerin: Emmy Hausladen.

In den folgenden Jahren nahmen die Eichstätter Fechter an zahlreichen Turnieren höchst erfolgreich teil. Zum Beispiel besiegten sie die Neuburger und die Landsberger Fechter. Den letzten Fechter-Sieg für den VfB holte am 16. Juni 1960 in Starnberg Gertraud Lang, sie wurde oberbayerische Meisterin.

Im September 1960 wechselten die Fechter vom VfB zum Polizeisportverein, weil sie dort bessere Trainingsmöglichkeiten vorfanden. Doch zuvor trugen sie in Eichstätt noch die Bayerischen Meisterschaften im Florettfechten aus und landeten auf dem dritten Platz. Im Zeitungsbericht dazu heißt es: "Eine Anzahl von wirklichen Könnern nahm an den spannenden und mitunter dramatischen Kämpfen teil."

Auch unter dem Dach des Polizeisportvereins fochten die Eichstätter beachtenswert. Abteilungsleiterin bis Juni 1962 war Else Kolb, bis Dezember 1966 Berta Hirschelmann und bis 1969 Heinz Behringer. In diesem Jahr stellte die Sparte den Übungs- und Kampfbetrieb ein. Als einen Grund dafür erwähnte Behringer auf Anfrage, dass einige Bereitschaftspolizisten in der Sparte mitkämpfen, die wegversetzt wurden.

Bekannte Namen in der Eichstätter Fechterwelt waren Gerd Hirschelmann, Albert Kolb, Willi Nöth, Rolf Kleeberger, Heinz Behringer, Arno Jägle und Harald Meister, bei den Damen Erika Kolb, Marieluise Beck, Marianne Klein und Gertraud Enzinger, um ein paar zu nennen. Wie Heinz Behringer erzählte, kostete ein Florett damals um die 30 Mark, die weißen Anzüge wurden von Else Schön genäht. Kostspieliger wurde es, als die Westen mit elektrischen Kontakten aufkamen.