Eichstätt
Diesseits und jenseits der Mauer

Sabine Wimmer und ihre sehenswerte Ausstellung in der Lithographie-Werkstatt

07.12.2015 | Stand 02.12.2020, 20:27 Uhr

Foto: Lena Maria Weber

Eichstätt (EK) Eichstätt diesseits und jenseits der Mauer: Ganz besondere Perspektiven auf die Stadt eröffnet der diesjährige Jahresdruck der Lithographie-Werkstatt Eichstätt. Künstlerin Sabine Wimmer zeigt Eichstätt aus ihrem persönlichen „Standpunkt“, der mittelalterlichen Stadtmauer.

„Die Druckerpresse ist zur Bar geworden, die Werkstatt zum Kabinett“, so hat die Leiterin der Eichstätter Lithographie-Werkstatt Li Portenlänger die Ausstellung zum neuen Jahresdruck eröffnet. Und in der Tat zeigt sich die Werkstatt, in der sich Freitagabend sehr viele Gäste zwischen den altertümlich wirkenden Druckmaschinen tummelten, mit den Steindrucken und weiteren Bildern von Sabine Wimmer in neuem Gewand. Die aus dem fränkischen Seenland stammende Wimmer, die den diesjährigen Jahresdruck gestaltet hat, hat unter anderem an der Akademie der Bildenden Künste in München Malerei und Grafik studiert.

In den Jahresdrucken der Lithographie-Werkstatt präsentieren die jeweiligen Künstler Ansichten und Motive von Eichstätt in ihrer persönlichen Handschrift oder Bildauffassung. Sabine Wimmers „Standpunkt“ – so auch der Titel der Ausstellung – war die mittelalterliche Stadtmauer, die im Osten der Stadt zwischen den Stadtmauertürmen der Wohlmuthgasse und der Grundschule am Graben verläuft, wie Kunsthistorikerin Claudia Grund in ihrer Einführung erklärte. Die Stadtmauer begrenze auch den Garten der Künstlerin. Als Wimmer während der Renovierungsarbeiten am Legschieferdach die Mauer selbst einmal erklimmen konnte, hätten sich „vielfach unbekannte und daher faszinierende Perspektiven auf die Stadt diesseits und jenseits der Mauer eröffnet“, so Grund.

So zeigen die acht detailreichen Bilder der Ausstellung, die Wimmer zusätzlich zu den beiden Jahresdrucken gestaltet hat, neben typischen Postkartenmotiven der Stadt wie etwa den Türmen des Doms auch wenig bekannte, der Öffentlichkeit zum Teil nicht zugängliche Motive wie etwa die Gärten der Domherrenhäuser. Schubkarren stehen da zwischen Blumen und Pflanzen.

Auch die Stadtmauer selbst ist in der Ausstellung zu finden. Ein Bild leitet den Blick auf den Stadtmauerturm der Wohlmuthgasse. Der massige mittelalterliche Turm bildet einen starken Kontrast zur eleganten Turmarchitektur der Schutzengelkirche, die im Hintergrund zu erahnen ist. Auf einer der Leinwände ist die Neueindeckung des Legschieferdachs zu sehen: Akkurat aneinander gedeckte Kalksteinplatten treffen da auf chaotisch nebeneinander gestapelte Platten und Abfallmaterial. Wirklichkeit und Abstraktion scheinen in diesem Motiv zu verschwimmen.

Insgesamt relativiere der Blick von oben, von der Mauer, das Trennende, draußen und drinnen verbinde sich von dort aus und offenbare ganz eigene, aber doch wieder ähnliche Welten, so Claudia Grund. In Wimmers kleinformatigen Zeichnungen scheinen so auch verschiedenste Materialien ineinander überzugehen, etwa die Ziegel der Dächer und die Blätter der Laubbäume.

Dementsprechend hat Wimmer für ihre acht Zeichnungen ein ganz spezielles Verfahren gewählt. Die Motive sind auf feine Doublierleinwände, die mit Steinstaubschämme – einem Abfallprodukt beim Zersägen von Kalksteinblöcken – grundiert wurden, gedruckt. Die Leinwände haben so eine besonders glatte, steinartige Oberfläche bekommen. Dass es bis dorthin aber kein einfaches Unterfangen gewesen sein mag, ließ die Einführung von Claudia Grund ebenso erahnen. Von „vielen Versuchen und Fehlversuchen“ sprach sie und einem „schwer zu steuernden Eigenleben“ der Leinwände.

Für die beiden Lithographien des Jahresdrucks hat Sabine Wimmer besonders eng mit der Leiterin der Lithographie-Werkstatt Li Portenlänger zusammengearbeitet. „Eine klassische Zusammenarbeit zwischen Lithograph/Drucker und Künstler“, meinte Portenlänger dazu. Die beiden in drei Graustufen erscheinenden Steindrucke vereinen jeweils ein hochformatiges und ein querformatiges Motiv. Eine Lithographie zeigt einen Garten, darüber die Madonna der „Notre Dame“ samt Schattenwurf, die andere den Blick auf den Stadtturm, darunter dessen Legschieferdach.

Ein ganz besonderer Höhepunkt der Ausstellung war auch ein Klangexperiment aus Stein und Geige. Cornelia Sendtners Geigenspiel wurde von Sven Genzel, der mit einer Zwickzange und Legschieferplatten besondere Klänge gestaltete, begleitet. Genzel ist eigentlich Dachdecker und war an den Renovierungsarbeiten an der Stadtmauer beteiligt.

Die sehr sehenswerte Ausstellung (die Drucke eignen sich auch bestens als Weihnachtsgeschenk) ist noch bis 24. Dezember zu sehen. Mittwochs bis freitags von 16 bis 18 Uhr, samstags und sonntags jeweils von 11 bis 13 Uhr.