Eichstätt
Die Apotheke kommt aus dem Urwald

Indio aus dem Dschungel Brasiliens war Gast an der Mittelschule Schottenau

14.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:13 Uhr

Für Staunen sorgte der Besuch der Familie Umussy an der Mittelschule Schottenau. Die Schüler waren äußerst wissbegierig. - Fotos: F. Bauer

Eichstätt (zba) Im Jahr 1492 entdeckte Christoph Kolumbus Amerika und die Ureinwohner, die er Indianer nannte. Dieses weltweit bedeutsame Ereignis steht in den Lehrplänen der Schulen und findet einen gebührenden Platz in den Geschichtsbüchern. Neben der Entdeckung und Eroberung Südamerikas geht es dabei auch um die Auswirkungen auf das bestehende Menschen- und das Weltbild der Indios.

Damit die Schüler möglichst authentisch und lebendig erfahren, wie die Indianer heute im Urwald leben, lud Karl Grienberger, Lehrer im Fach Geschichte/Sozialkunde/Erdkunde (GSE), die Familie Umussy und Christian Blankenhorn in die Schule ein. Die beiden Kinder Wihssu (5 Jahre) und Handyo (2) waren auch dabei. In den Wochen zuvor chatteten die Schüler live im GSE-Unterricht mit Christian, der sich im Urwald befand.

Christian ist gebürtiger Neuburger, ein Klassenkamerad von Karl Grienberger. Er machte 1994 Abitur am Gabrieli-Gymnasium. Verheiratet ist er mit Umussy, einer Indianerin aus dem brasilianischen Urwald. Die Frau besucht derzeit mit ihren Kindern die Heimat von Christian. Der Lebensmittelpunkt der Familie liegt bei Manaus im brasilianischen Urwald. Der Papa ist Angestellter bei Airbus und deshalb nur drei Monate im Jahr bei der Familie.

Die Gäste wurden von den Klassensprechern Jakob Weidenhiller und Marlene De Fusco herzlich begrüßt. Dann ging es schon los. Christian und Umussy nahmen die jungen Deutschen mit auf die Entdeckungsreise in den brasilianischen Urwald. 28 Stunden dauert normalerweise die Anreise von München einschließlich der Taxibootfahrt durch den Dschungel ins Dorf. Eine Satellitenkarte zeigte das Ziel. Viel wollten die Schülerinnen und Schüler wissen über das Leben dort, in einer so ganz anderen Kultur. Die Fragen sprudelten geradezu heraus. Christian beantwortete sie selbst beziehungsweise übersetzte die Antworten seiner Frau.

Wie sieht es mit der medizinischen Versorgung aus? Die grundlegende medizinische Versorgung wie bei der Malariaerkrankung ist gegeben. Verwundungen und Knochenbrüche sind nicht inbegriffen, da sind die Indios auf sich selbst gestellt.

Angst vor wilden Tieren kennen die beiden nicht. Da gibt es andere Furcht erregende Sachen wie Piraterie, Korruption, Familien- und Stammesfehden, Kriminalität und Alkoholprobleme. Christian: "In Brasilien geht es wüst zu. Die Folge ist, dass weniger Touristen ins Land kommen und so das Einkommen sinkt. Der Indianer lebt im Hier und Heute. Wenn er viel Geld hat, sind in einer Woche auch 1000 Euro weg, wenn er wenig hat, dann reichen auch 50 Euro."

Die Schulbildung ist lange nicht so differenziert wie in Deutschland: Basiswissen, Grundrechenarten und Pflanzenkunde (die Apotheke kommt aus dem Urwald). Gesprochen wird portugiesisch beziehungsweise in der Indianersprache Tukano. Von der Glaubensrichtung ist ganz Brasilien erzwungenermaßen katholisch. Naturgötter spielen aber nach wie vor eine große Rolle, vor allem bei Krankheiten. Beim ersten Kontakt mit den Indianern wurde Christian als weißer Mann mit großer Skepsis angesehen. Für ihn und Umussy war es Liebe auf den ersten Blick. Er wurde allmählich nicht nur akzeptiert, sondern mit Begeisterung in die Sippe einbezogen. Denn ein Weißer bedeutet mehr Wohlstand.

Das Schmuddelwetter, das derzeit in Eichstätt herrscht, ist so gar nicht nach dem Geschmack von Umussy und ihren Kindern. In der Regenzeit kann es einen Monat lang so richtig "runterballern", aber die Temperaturen sind auch in der Regenzeit angenehm. Schnee gibt es nicht.

Bei ihrem ersten Besuch in Deutschland bekam Umussy einen Kulturschock. Sie kam dann längere Zeit nicht mehr nach Europa. Mittlerweile hat sie die so verschiedene Lebensart akzeptiert und kommt öfters zu Besuch. Ihre Heimat bleibt der Urwald. Die Kinder sollen die ersten zehn Jahre bei den Indianern aufwachsen, damit sie in ihrer Heimat verwurzelt sind.

Als man dann Geschenke austauschte, wurden Wihssu und Handyo sehr lebendig und machten sich gleich über die Süßigkeiten her. Die Schülerinnen ihrerseits hängten sich den indianischen Schmuck ans Ohr.