Eichstätt
Neustart für den Dichterwettstreit

Eichstätter Poetry Slam bindet sich enger an die Universität

06.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:06 Uhr

Bewährtes Moderatorenduo, neuer Rahmen: Der Eichstätter Poetry Slam mit Pauline Füg und Hanz (oben links und rechts) ist dauerhaft in die Aula der Katholischen Universität umgezogen. Über 300 Besucher, vor allem Studenten, lauschten den Poeten. Ins Finale kamen Franzi Lepschies (oben, 2. von rechts, dann nach links) Marvin Suckut, Dominik Neumayr und Gewinner Juston Buße, der über das "kleine Glück" sprach (unten rechts). Als musikalischer Gast war Jakob Mayer aus Mannheim dabei (unten links). - Fotos: Poese

Eichstätt (EK) Seit acht Jahren gibt es den Eichstätter Poetry Slam - jetzt muss er sich verändern, um fortzubestehen. Er koppelt sich an die Universität. Die Poesie-Abende im Gutmann sind damit Geschichte. Beim ersten "Hörsaal-Slam" schien das neue Konzept aufzugehen: Über 300 Zuschauer kamen.

Wie so oft beim Thema Kultur lag es an der Förderung, dass der Eichstätter Poetry Slam sich neu ausrichten musste. Der studentische Konvent der KU hat neue Bedingungen für die Unterstützung des regelmäßigen Dichterwettstreits gestellt. Die Organisatoren Pauline Füg und Hanz haben nun zusammen mit den Studentenvertretern eine Lösung gefunden. Veranstalter ist ab sofort das Kulturreferat des Konvents. Auch örtlich zieht der Slam in die Universität um: im Wintersemester in die Aula, im Sommersemester ins Theatron. Denn im Gutmann hätte man einfach nicht genug Leute untergebracht, um die Veranstaltung auch ohne die Förderung stemmen zu können, erklärt Pauline Füg. Von ihrem Konzept wollte sie nicht abweichen: "Hochkaräter nach Eichstätt holen", wie sie sagt. Das Problem: "Die Szene hat sich professionalisiert", erklärt die frühere Eichstätterin. Vor ein paar Jahren hat sie die Poeten-Gäste noch in ihrer eigenen WG untergebracht, jetzt braucht es ein Hotelzimmer und ein Honorar, sonst gelingt es nicht, die Besten der Szene ins Altmühltal zu holen. "Früher war das mehr ein Hobby, heute ist es für viele ein Beruf", meint Füg. Das trifft auch auf sie selbst zu: Die ehemalige Eichstätter Psychologiestudentin verdient ihr Geld unter anderem als Autorin, Bühnenpoetin und mit Workshops. Sie lebt inzwischen in Würzburg.

Dennoch will sie den Slam in ihrer alten Heimat weitermachen - zusammen mit Hanz, ihrem bewährten Moderatorenpartner. Und am Dienstagabend wollten über 300 Zuschauer die beiden und ihre Gäste sehen. Obwohl der Slam nun auf "Kneipencharme", wie Pauline Füg sagt, verzichten muss, war die Stimmung gut in der Aula der KU.

Dafür sorgte zum Beispiel der musikalische Gast Jakob Mayer aus Mannheim. Er erntete viele Jauchzer für seine sympathisch-verschrobene Art und brachte den vollen Hörsaal zum Mitsingen bei herrlich schrägen Zeilen wie "Na logo, Easengard" oder "No limit, no limit to the honk". Auch das Moderatorenduo trug seinen Teil dazu bei, dass sich die Zuhörer wohlfühlten: Es gab viele Anspielungen auf Alltagsprobleme aus der Studentenwelt. In gewohnt eloquenter Weise ließen sie die Gags aus Publikum einprasseln und bildeten so den passenden Rahmen für ihre Gäste, die Poeten.

Die traten mit den üblichen Regeln - selbst geschriebene Texte, Zeitlimit, keine Requisiten - gegeneinander an. Unter den Beiträgen gab es Witziges - Daniel Hirschmann aus Eichstätt beschrieb, wie ihm der achte Espresso einmal zu übersinnlichen Kräften verholfen hat, oder Dominik Neumayr aus Ingolstadt erzählte die Geschichte eines Singles, der bei Zalando Frauenschuhe bestellt, um seinen Nachbarn eine Beziehung vorzugaukeln. Dennoch waren es an diesem Abend eindeutig die ernsten Töne, die überwogen: Ezgi Zengin aus Augsburg beschäftigte sich mit dem Thema sexueller Missbrauch, Franzi Lepschies aus Stuttgart forderte, das Leben nicht an Likes und bearbeiteten Fotos zu messen und wünschte sich eine Welt, "in der man durch Lächeln und nicht durch Filter schöner wird". Marvin Suckut aus Konstanz sprach über Sinnkrisen im Studium.

Für Totenstille im Saal sorgte der Gewinner des Abends, Juston Buße aus Berlin. Er sprach in seinem ersten Text darüber, wie Depressionen Leben zerstören und wie er selbst vor knapp 20 Jahren dem Alkohol verfiel: "Ich hab' das kleine Glück nicht mehr wahrgenommen." Und obwohl Juston Buße in seinem zweiten Beitrag spaßigere Töne anschlug, erntete kein Beitrag so tosenden Applaus wie sein Gänsehaut auslösender Appell an "alle Menschen, die lügen, wenn sie gefragt werden, wie es ihnen geht".