Eichstätt
Zwei Bildhauer und ein Kreuzweg

Raphael Graf und Rupert Fieger aus Eichstätt erzählen von ihren Konzepten des Anna-Schäffer-Gartens in Mindelstetten

29.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:53 Uhr

Liebe zum Detail steckt in den Ideen, die Raphael Graf für die Gestaltung von Garten und Kreuzweg des Anna-Schäffer-Hauses hat. Der Eichstätter Bildhauer hat neben großformatigen Zeichnungen und einer Beispielstele im Maßstab 1 : 5 (links oben) auch ein Modell des gesamten Anwesens erstellt (links unten) und Wachsskulpturen in Originalgröße modelliert (rechts). - Fotos: Riß

Eichstätt (EK) Acht Stationen soll künftig der Kreuzweg im Garten des Anna-Schäffer-Hauses umfassen - ein Ort des Gedenkens und der Meditation. Die Eichstätter Künstler Rupert Fieger und Raphael Graf sind zwei von vier Teilnehmern, die mit ihren Konzepten die Endrunde des Wettbewerbs erreicht haben.

Eine Begegnungsstätte mit Kreuzweg soll es schon bald im Garten des Anna-Schäffer-Anwesens in Mindelstetten geben. Dafür hat die Katholische Kirchenstiftung St. Nikolaus einen Wettbewerb zur Gestaltung des Kreuzweges mit sieben Stationen und einer Auferstehungsstation ausgeschrieben. 13 Künstler und Arbeitsgemeinschaften haben sich beworben - vier Teilnehmer haben es in die Endauswahl geschafft. Auch die Eichstätter Künstler Rupert Fieger und Raphael Graf konnten das Gremium mit ihren Konzepten überzeugen. Im Gespräch mit unserer Zeitung haben die beiden verraten, warum sie bei diesem Projekt mitmachen, welche Inspirationen und Ideen dahinterstecken, welchen Bezug sie zur heiligen Anna Schäffer haben und wie sie selbst ihre Chancen einschätzen.

 

 

RUPERT FIEGER

Mit religiöser Kunst - Altarraumgestaltungen, Grabmäler, Kreuzwege - setzt sich der Eichstätter Bildhauer und Steinmetz Rupert Fieger oft in seinem Berufsalltag auseinander. Als er von dem Wettbewerb zur Gestaltung eines Kreuzwegs im Garten des Anna-Schäffer-Hauses in Mindelstetten erfuhr, wusste Fieger sofort, "das ist nicht nur ein interessantes Thema, das ist eine Herzensangelegenheit". Der Bezug zur heiligen Anna sei ein besonderer, vor allem weil "ihr Lebensweg gleichsam ein Kreuzweg" war. Krankheit, Leiden und der Tod seien in der heutigen Zeit sperrige Themen, "da ist auch die künstlerische Darstellung eine Herausforderung", erklärt Fieger.

Für den Wettbewerb hat sich der 55-jährige Künstler intensiv mit dem Leben der Anna Schäffer beschäftigt: "Ich habe direkt in Mindelstetten das Gespräch gesucht, unter anderem mit dem Kirchenpfleger." Auch die Topographie des Ortes sei entscheidend - die Raum- und Lichtverhältnisse, das Umfeld, das Geburtshaus und besonders die Materialien. "Stein, das ist die Basis meiner Arbeit", verrät Fieger. Aber nicht nur, weil das Anna-Schäffer-Haus aus Kalkstein gebaut ist, sondern wegen der vielen Möglichkeiten: "Naturstein ist dauerhaft und relativ dicht in seiner Struktur. Da werden Details, aber auch schroffe Ausarbeitungen sichtbar." Den Grundgedanken seines Konzepts hat der Eichstätter Künstler schon im Dezember vergangenen Jahres gefasst. "Trotzdem ist es ein ständiges gedankliches Arbeiten. Da schließt man abends nicht die Werkstatt ab und vergisst das." Und plötzlich, eines Tages, gebe es da diesen "Blitz der Inspiration", auf den eine Unmenge von Skizzen folge. Einige davon werden auch wieder verworfen, bis letztlich "inhaltlich stimmige" Ideen übrigbleiben. In Fiegers Konzept spielen Hoffnung auf Erlösung und Auferstehung zentrale Rollen. In den steinernen Stelen gibt es immer wieder Durchbrüche - zum Licht, die den Betrachter "nicht vor eine Wand stellen" und immer wieder das "Prinzip Hoffnung" verdeutlichen. "Das Gestaltungsergebnis soll für jedermann gut erkennbar, im wahrsten Sinne des Wortes greifbar sein", sagt der 55-Jährige.

Bei Rupert Fieger sind nur Silhouette und Kopf der heiligen Anna ausgearbeitet, nie das Gesicht. Gerade die silhouettenhafte Darstellung lenke den Fokus auf das Relevante und "bezieht den Betrachter mit ins Geschehen ein". Der gewisse Grad an Abstraktion und fehlende Einzelheiten geben zudem die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild zu machen. "Ausdruck ist wichtiger als Detail." Auch Inschriften mit Zitaten von Anna Schäffer sind auf den Stelen zu finden. "Die Heilige hat auch immer wieder mit ihrem Schicksal gehadert. Sie hat wie jeder andere Mensch eine Geschichte." Doch Anna und ihr Weg könnten zum Vorbild genommen werden, meint Fieger: "Das ist eine von uns." Wichtig sei, eben nicht in "Leiden, Tod und Kreuz" zu verharren, sondern auf die Auferstehung zu hoffen.

Auf die Frage, wie er selbst seine Chancen beim Wettbewerb einschätzt, sagt der Bildhauer und Steinmetz: "Ich bin von meiner Arbeit überzeugt und habe viel Herzblut reingesteckt." Außerdem glaube er, seine Ideen in anschaulichen Modellen gut vermitteln zu können. Trotzdem kenne man die Präferenzen der Jury nicht, wisse nicht, wie das Gremium argumentiere und wo es hintendiere. "So viele Menschen es gibt, so viele Geschmäcker gibt es auch", sagt Fieger.

 

 

RAPHAEL GRAF

Die Motivation, die hinter Raphael Grafs Teilnahme am Wettbewerb steckt, lässt sich recht einfach erklären: "Ein Projekt in dieser Dimension zu durchdenken, das ist einfach eine reizvolle Aufgabe." Mit dem Leben der heiligen Anna Schäffer hat sich der Eichstätter Bildhauer eingehend beschäftigt: "Sie hat einen sehr wichtigen Dienst getan. Da baut man über die Jahre schon eine Art Beziehung auf und findet immer wieder Berührungspunkte", erzählt Graf. Seit rund zwei Monaten setzt sich der 48-Jährige intensiver mit dem Thema auseinander - zusammen mit seiner Frau Adelheid, die ebenfalls Bildhauerin ist. Anfangs habe er viele Skizzen angefertigt - viele kleine, oft ganz schnell - von Ideen, die parallel entstanden waren. So seien mehrere Zeichnungen in kurzer Zeit möglich. "Größere Skizzen verlangen dann schon mehr Details", erklärt der Künstler.

In Grafs Konzept ist der Garten, den die Eichstätter Architektin Karin Fackler geplant hat, durch ein Wegekreuz gegliedert, um das ein kreisförmiger Weg verläuft, an dem die einzelnen Stationen aufgestellt sind. Der Kreis symbolisiere den Lebensweg der Heiligen. "Kreuzungen gibt es im Leben immer wieder: Man gerät an Grenzen oder der bisherige Weg geht nicht weiter und ändert sich", sagt der Bildhauer, und erinnert damit auch an den Unfall, der Anna Schäffers Leben grundlegen umgeworfen und sie von da an ans Bett gefesselt hat. Bei der Gestaltung der Stelen hat sich der 48-Jährige für den heimischen Jurastein entschieden und setzt mit in Bronze gegossenen Reliefs Kontraste. "Da können Einzelheiten sehr gut ausgearbeitet werden." Auch Zitate der heiligen Anna sollen später den Sockelbereich der Stelen zieren. Aufgrund der hervorragenden Haltbarkeit sei die Entscheidung auf die Materialien Stein und Bronze gefallen.

Zur Veranschaulichung hat Raphael Graf eine Beispielstele im Maßstab 1 : 5 angefertigt und im nächsten Arbeitsschritt ein Wachsmodell der Skulpturen in Originalgröße geschaffen. "Noch sind meine Ideen nicht festgeklopft", sagt er, "denn bei der Ausarbeitung werden die eigentlichen Dimensionen erst sichtbar." Das sei ein andauernder Prozess. Spezielle Details, wie die Form der Stelen und Einschnitte, helfen bei einer noch besseren Darstellung der Thematik. "Oft werden Kleinigkeiten zwar nicht erkannt, aber gespürt. Der Zugang findet über die Gefühlsebene statt", ist der Eichstätter Künstler überzeugt. Bei der Vermittlung der Botschaft hinter seinen Werken vertraue er darauf, "dass der Betrachter die Möglichkeit hat, den Kern zu erkennen und zu spüren". "Dafür muss man sich eben Zeit nehmen."

Auch was die Erfolgschancen beim Wettbewerb angeht, hat Graf eine klare Meinung: "Ich habe das Gefühl, dass die heilige Anna da mitentscheidet und wenn es nicht klappt, dann war wohl aus irgendeinem Grund ein anderes Modell passender." Ein "Weltuntergang" sei es in keinem Fall, vielmehr habe die investierte Aufmerksamkeit und Zeit in das Leben und Wirken der Anna Schäffer "einen persönlichen Mehrwert". "Für mich ist dieses Projekt eine Bereicherung", resümiert der Bildhauer.