Schernfeld
Ein Greenhorn beim Schäfer

Zum Abschluss der Serie "EK-Ferienjob" ein Besuch bei Alfred Eichhorn

06.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:00 Uhr
Johanna Umbach
Einen Tag in der Schernfelder Schäferei Eichhorn erlebte EK-Praktikantin Johanna Umbach. −Foto: Umbach/Kuhla

Schernfeld (EK) 11 Uhr im Stall. Ich stehe im Weg. Schäfer Alfred Eichhorn bewegt sich ruhig und routiniert an den Schafen vorbei, schaut nach den Lämmern und räumt ein wenig auf. Alles scheint ihm ganz leicht und natürlich von der Hand zu gehen. Bei meinem Versuch, ihm nicht in die Quere zu kommen und mich unauffällig zu verhalten, erschrecke ich natürlich mit meinen Bewegungen die Schafe. Unruhe im Stall. Ein Stadtkind beim Schäfer, diesen Eindruck wollte ich doch unbedingt vermeiden!

Alfred Eichhorn ist aber ein sehr geduldiger Mensch und nachsichtig mit mir. Der Schernfelder Schäfer leitet einen Betrieb mit etwa 500 Schafen. "Die ganze Familie hilft zusammen und nur so kann so ein Betrieb funktionieren. " Bei Alfred Eichhorn, Sohn Johannes, Azubi Peter Betz und dem angestellten Wanderschäfer Frank Kuhla sitzt jeder Handgriff. "Wir haben Merinoschafe, die Fleisch und sehr feine Wolle geben und auch für die Landschaftspflege zuständig sind. Daneben laufen noch einige Burenziegen mit, deren Fleisch wir auch verkaufen und die höhere Sträucher und Büsche verbeißen", erklärt Eichhorn.

Hier im Stall sind nur die frischgeborenen Lämmer mit ihren Müttern und die Schlachtlämmer, die noch etwas zulegen sollen. Die Mutterschafe und ihre Kinder sind in Einzelbuchten, damit sie sich aneinander gewöhnen können und eine Beziehung zueinander aufbauen. Wenn die Lämmer dann stärker sind, kommen sie zu den anderen.

Schon seit 7 Uhr sind die vier mit den Tieren beschäftigt. Nach der Stallarbeit sind sie zur Herde auf die Weide gefahren, haben die Tiere auf ihren Gesundheitszustand kontrolliert und elf neugeborene Lämmchen mit ihren Müttern in den Stall gebracht. Nach einem kurzen Frühstück geht es für sie jetzt weiter.

11.30 Uhr: Kleine Lagebesprechung vor dem Stall. Wer macht heute was, wohin mit dem Wasserfass und wie kommt die Herde zum Wasser? Ein paar Worte, Lachen, kurzes Nicken, dann geht es los! Die Hütehunde - etwa ein halbes Dutzend - tänzeln bereits unruhig umher und bellen freudig. Wir nehmen einen von ihnen im Anhänger mit und fahren mit dem Geländewagen zu der Schafherde in ihrem eingezäunten Gehege auf den Berghängen zwischen Dollnstein und Eichstätt - in der Nähe der Wiese, die ich vom Open Air am Berg kenne.

Als wir ankommen, geht wieder einmal alles viel zu schnell für mich. Johannes Eichhorn und Wanderschäfer Frank Kuhla erkennen auf einen Blick, wo die frischgeborenen Lämmer liegen und welche Schafe kurz vor der Geburt sind. Während ich noch versuche, unversehrt über den Elektrozaun zu kommen, fangen die beiden behände drei Schafe am Bein und bringen sie vorsichtig in den Anhänger. Johannes schließt fast lautlos den Anhänger und macht sich mit ihnen auf den Heimweg. Ich bleibe mit Frank Kuhla zurück.

Dann geht es los: Frank - "wir" Schäfer duzen uns - öffnet das Gatter und 500 Schafe und Ziegen strömen auf die Wiese und folgen unseren Schritten Richtung Altmühltal. Hinter uns das Geräusch von 2000 trappelnden Hufen, zerknickenden Grashalmen, aufgeregtem Blöken und Meckern. Ein bisschen beunruhigt schaue ich hinter mich. Frank lacht und beruhigt mich: "Keine Sorge, die kommen uns nur hinterher. "

Wir gehen einen geschotterten Weg entlang, der langsam bergab führt. Ein Strom aus wollenen Rücken folgt uns. Ein Greenhorn wie ich könnte ins Schwärmen kommen. Frank versteht meine Schäferromantik: "Schäfer ist ein wunderschöner, leider aussterbender Beruf. Ich liebe es, Schäfer zu sein. Man ist immer draußen in den schönsten Ecken, hat seine Ruhe. " Allerdings: "Es ist auch anstrengend. Die Vorstellung der Leute vom Beruf des Schäfers ist anders als die Realität. Wir müssen im Winter und bei Regen raus, wir werden dreckig, und während der Lammzeit muss nachts jemand alle zwei Stunden nach den Schafen sehen. Da macht nicht jede Familie mit. "

Im Winter ist der Wander-schäfer mit der Herde in Niederbayern unterwegs, im Sommer auf den Hängen des Altmühltals. Mindestens zweimal im Jahr grasen die Schafe dabei systematisch die Hänge ab. Frank muss genau im Blick haben, wo er bereits war, welche Hangseite noch fehlt und wo er nicht weiterkommt, weil Wälder oder Abhänge den Weg versperren. Und wenn zwischendurch etwas Unvorhergesehenes passiert, muss er improvisieren: "Hier draußen muss man alles selbst machen. Wir sind Schäfer, Tierarzt, Hebamme und man muss immer 150 Prozent geben. So ein Arbeitstag dauert eben bis Sonnenuntergang. Der Beruf muss einem schon liegen. "

Wir nehmen jetzt einen kleinen Pfad und beginnen langsam, einen steilen Hang hinaufzusteigen. Dabei beobachte ich etwas unverhohlen Franks Outfit. Tatsächlich sieht man ihm seinen Beruf an: Er trägt einen Rucksack, an dem er seine grüne Regenjacke und die Hundeleine befestigt hat, einen braunen Hut und einen langen Stock. "Das ist ein Schäferstab mit dem Schäferhaken. Damit können wir ganz einfach ein Schaf am Fuß fangen oder uns abstützen. Das ist sehr angenehm, wenn man den ganzen Tag steht. "

Sein wichtigster Gehilfe ist jedoch der Hütehund Prinz. Wenn Prinz nicht gebraucht wird, zieht er unauffällig von Schatten zu Schatten umstehender Bäume und beobachtet uns. So spart er Energie und ermüdet nicht so schnell, erklärt mir der Wanderschäfer. Wenn Frank ihn aber braucht, kommt Leben in den schwarzen Wuschel. Mit ein paar Rufen und Pfiffen dirigiert Frank den Hund, der die Herde im Handumdrehen dorthin treibt, wo Frank sie haben will.

Beeindruckt sehe ich dem Treiben zu und denke an den ungezogenen Haushund meiner Kindheit, der nicht mal auf Zuruf zu uns kam. "So einen Hütehund auszubilden, dauert. Prinz habe ich drei Jahre lang selbst erzogen. Er ist ein Arbeitshund, kein Kuscheltier, das heißt, man sollte ihn nicht zu viel loben oder verhätscheln", erklärt mir der Profi. Obwohl wir langsam unterwegs sind, bin ich ziemlich aus der Puste. Wir bleiben stehen und schauen den Schafen zu, wie sie den Hang hinaufgrasen. Ein roter Milan kreist über uns, Schmetterlinge fliegen von Blume zu Blume. "Wir machen hier mit den Tieren Landschaftspflege und sind Teil des Naturschutzes. Die Schafe halten die Vegetation in Schach und beugen der Verbuschung vor", erklärt mir Frank. Nur weil die Schafe regelmäßig über die Hänge ziehen, kann der typische Trockenrasen des Naturparks Altmühltal mit seiner einzigartigen Flora und Fauna erhalten werden. Dafür bekommt die Schäferei Geld pro Hektar aus verschiedenen öffentlichen Töpfen.

Inzwischen sind die Schafe auf knapp zwei Meter an uns herangekommen. Ich sitze im Gras und spüre ihre Wärme. Wie ein riesiger Heizkörper schieben sie die Wärme vor sich her. Im Winter hält sich deshalb ein schlauer Schäfer immer so nah wie möglich an der Herde auf, erklärt mir Frank.

Wir wollen noch etwas weiter bis zu unserem Mittagsplatz im Schatten einiger Kiefern. Die Schafe bestimmen das Tempo. Der Schäfer bremst mich etwas. "Immer langsam, die Hälfte der Tiere sind trächtige Mutterschafe, die soll man nicht hetzen. " Bremsen braucht man die Schafe allerdings auch nicht. Sie sind jetzt vollgefressen und müde von der Hitze. Manche bleiben bereits stehen und hören auf zu fressen. Man hört sie hecheln. Genau wie Hunde können auch Schafe und Ziegen nicht schwitzen. Sie müssen also über die Zunge Wärme abbauen.

Ich bin ebenfalls etwas geschafft. Um 14.30 Uhr kommen wir endlich auf einer Anhöhe an unserem Mittagsplatz an. Die Schafe sammeln sich langsam im Schatten und auch wir setzen uns ins Gras und machen Pause. Frank packt seine Brotzeit aus: eine Semmel mit Wurst und ein Radler. Nicht gerade ein großes Mahl nach der anstrengenden Arbeit. Dafür werden wir mit einer einzigartigen Aussicht über Obereichstätt hinab ins Tal und 500 Schafe belohnt.

Nach einer halben Stunde ist Ruhe in die Herde eingekehrt. Einige Schafe liegen im Gras, die Herde hat sich mit den Köpfen nach innen gedreht, die Tiere käuen wieder. Jetzt könnte man ein Mittagsschläfchen halten, aber für mich ist der viel zu kurze Ferienjob beim Schäfer leider schon vorbei. Johannes Eichhorn holt mich um 15.30 Uhr mit dem Geländewagen ab.

Frank wird, wenn die Tiere mit dem Wiederkäuen fertig sind, noch ein paar Hufe ausschneiden und dann weiterziehen in Richtung Tränke. Wenn er dann am Abend gegen 19 oder 20 Uhr den Weideplatz erreicht, geht wieder ein langer Arbeitstag im Leben des Schäfers zu Ende.

Johanna Umbach