Eichstätt
Drei Marktgassen in Eichstätt

Kuriose Namengebung für Straßen vor rund 200 Jahren - Adressen nach dem Muster "B 169 Café Riederer"

22.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:18 Uhr
Die Marktgasse auf einer Postkarte aus den 1930er-Jahren. Das gab es damals: eine Kuh mitten in der Stadt. −Foto: Archiv Ettle

Eichstätt - Eine kuriose Namensgebung haben sich die Magistratsräte und Gemeindebevollmächtigten im Jahr 1806 für die Eichstätter ""Einkaufsmeile" einfallen lassen.

Damals wurden die Bezeichnungen "Vordere Marktgasse", "Mittlere Marktgasse" und "Hintere Marktgasse" eingeführt. Ungewöhnlich war vor allem, dass die heutige Marktgasse in der Mitte geteilt wurde, was heute noch durch eine farblich abgesetzte Pflastersteinrinne gut ersichtlich ist. Wenn jetzt die Sanierung der Straße vorgenommen wird, ist es interessant, an das alte System der Hausnummern zu erinnern.

Blickte man von der Luitpoldstraße in Richtung Rathaus, war die linke Seite der Straße die "Hintere Marktgasse". Sie war im 19. Jahrhundert umgetauft worden in "Kleine Wochenmarktgasse". Diese Adresse hielt bis zur großen Reform der Straßennamen im Jahr 1957 unter Oberbürgermeister Hans Hutter und Bürgermeister Richard Diener. In dem Jahr wurden die bis dahin üblichen Litera-Nummern abgeschafft. Einem "Ausschuss für Verkehrsordnung" kam die Aufgabe zu, die Namen festzulegen. 122 Straßen mussten "getauft" werden, von 70 vorhandenen Bezeichnungen wurden 57 beibehalten.

Die Geschäfte an der "Hinteren Marktgasse", beziehungsweise der "Kleinen Wochenmarktgasse" und heutigen "Marktgasse", hießen nach Anzeigen in der Zeitung und in verschiedenen Adressbüchern etwa "B 155 Textil und Bekleidung Ebersberger", "B 148 Milch-Jägle beziehungsweise Hummelwirt" oder "B 145 Hutgeschäft-Wölfl". Die ehemalige "Mittere Marktgasse" bestand zum Beispiel aus "C 271 Drogerie-Särve", "B 159 Gemüse Schuster" oder "B 160 Kaufmann Mayer, Textil-Kempen, Geschäft Schapfel, Metzgerei Schneider". Diese Anwesen waren überwiegend durchgehend gebaut und hatten somit zugleich Fronten an der "Vorderen Marktgasse", später "Große Wochenmarktgasse", heute Gabrielistraße. In der "Vorderen Marktgasse" von oben, der Peterskirche aus, gesehen, waren auf der rechten Seite etwa: "B 169 Café Riederer" oder "B 167 a Vulkanisieranstalt Michaelsen". Die Besitzer der Häuser können im Buch von Magdalena Schick "Von Tor zu Tor", herausgegeben vom Historischen Verein, nachgelesen werden.

Im "Gnädigst privilegierten Eichstätter Intelligenzblatt" vom 25. Oktober 1806 wurden die "Gassen und Hausnummern der Stadt nach der neuen Nummerierung" dargestellt. Jedes Stadtviertel unterschied sich durch einen Buchstaben. A: Residenzviertel, B: Marktviertel, C: Rossmarktviertel (um die heutige Luitpoldstraße, Am Zwinger, Am Salzstadel, Dominikanergasse), D: Walburgisviertel, E: Buchtalvorstadt, F: Ostenvorstadt, G: Spitalvorstadt, H: Westenvorstadt. Das "Intelligenzblatt" war Amtsblatt und Heimatzeitung vom 2. April 1791 bis 25. Dezember 1850.

1806 wurden immerhin einige Straßennamen verwendet, die heute noch gebräuchlich sind; dies gilt auch für die Aufzeichnung im Salbuch von 1696. Verschwunden sind dagegen aus dem Residenzviertel die Namen "Höllgässchen", "Kaminfegergässchen" und "Fuchsengässlein". Aus der Rosengasse wurde zuerst die "Plenaglgasse", dann die heutige Pedettistraße, aus dem "Jesuitenplatz" der Leonrodplatz. Der "Eselskorb" befand sich im Spitalviertel.

Das heutige städtische Verzeichnis der Straßen- und Plätze-Namen ist dagegen wahrlich voluminös und weist 241 Bezeichnungen in der Stadt und den Stadtteilen auf. Nach Auskunft vom Amt für öffentliche Ordnung sind die letzten vergebenen Namen: "Ammonitenweg" in Wintershof und "Am Hubacker" in Landershofen.

EK