Konstein
"Dieses geniale Gefühl..."

Die Konsteinerin Karolin Bittl lief in Stockholm ihren ersten Marathon

18.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:49 Uhr
Melanie Pruis-Obel
Erschöpft, aber glücklich: Karolin Bittl mit ihrer Tochter Marie nach dem Zieleinlauf. −Foto: Foto: Pruis-Obel

Konstein (EK) Marathon: 42,195 Kilometer - eine Distanz, der die meisten wohl mit großem Respekt begegnen. Eine, die jene Strecke zum ersten Mal bezwungen hat, ist Karolin Bittl aus Konstein. Sie nahm kürzlich am 40. Stockholm Marathon teil.

Sie lief schon während ihres Tiermedizinstudiums ab und zu kleinere Runden, um fit zu bleiben. Ihren Mann Ludwig, der in der Laufszene als Mitorganisator des Altmühl Trails in Dollnstein, aber auch als Teilnehmer an Cross- und Bergläufen ebenso wie Ultra-Tails hinlänglich bekannt ist, habe sie bei seinen Wettkämpfen fleißig angefeuert, so Karolin Bittl. "Dabei habe ich Blut geleckt." Vor der Geburt ihrer Töchter, die nun zweieinhalb und fünfeinhalb Jahre alt sind, startete sie für die Laufabteilung der Spielvereinigung Wellheim-Konstein bei kleineren Laufwettkämpfen, richtig ernst sei es ab dem Silvesterlauf 2016 geworden.

Ein halbes Jahr später folgte die Teilnahme am Halbmarathon in Hamburg, verbunden mit der Hoffnung, vielleicht irgendwann mal einen Marathon schaffen zu können. "Das hat sich mein Mann gemerkt", erzählt die 39-jährige mit einem breiten Grinsen, "und mir zu Weihnachten 2017 einen Startplatz für den Stockholm Marathon geschenkt". Groß war die Freude, da Bittl schon immer mal nach Stockholm wollte. Aber das bedeutete auch: "Jetzt muss ich echt trainieren." Nach einer langen Erkältung konnte die Läuferin erst im März mit dem Training beginnen, ein straffer zwölfwöchiger Trainingsplan sollte sie in die Nähe ihrer selbst gesetzten Zeit von 4:15 Stunden bringen. Drei Wochen vor dem Start absolvierte Karolin Bittl 35 Kilometer und vertraute darauf, dass die noch fehlenden sieben Kilometer unter Wettkampfbedingungen zu bewältigen sein würden.

Es sollte jedoch erst einmal anders kommen: "Als ich kurz nach sechs mit den Kindern aufgestanden bin, dachte ich, das wird heute gar nix." Schmerzen in der Kniekehle, wahnsinniger Durst und die Tatsache, dass der wolkenlose Himmel einen heißen Tag versprach, ließen Karolin Bittl schon vor dem Start am Erfolg ihres Projekts zweifeln. Dennoch fand sie sich kurz vor 12 Uhr mit knapp 20000 Teilnehmern aus über 100 Ländern am Start ein.

Kampfjets im Formationsflug, die schwedische Hymne live gesungen und Elitesoldaten, die den Startschuss gaben, sorgten für Gänsehautatmosphäre. "Das hat einen einfach mitgerissen." So waren nach dem ersten Kilometer alle Schmerzen und Zweifel vergessen. Bittl ließ sich von der Stimmung mitnehmen, unter anderem durch die Stockholmer Altstadt, am Königlichen Schloss vorbei und über die Västerbron-Brücke. Viel Musik und begeisterte Zuschauer an der mit 291 Höhenmetern nicht unbedingt flachen Strecke sorgten für Motivation, Sprenkelanlagen, Anwohner mit Gartenschläuchen und Verpflegungsstationen für die dringend benötigte Erfrischung.

Zweimal sah Karolin Bittl ihre Familie an der Strecke stehen, was ihr zusätzlich Kraft gab. Tochter Marie sei ein paar Meter mit ihr mitgelaufen und habe hinterher gemeint, "das war ja voll langsam, ich hätte schneller laufen können", erzählt Bittl lachend. Nach etwas mehr als vier Stunden konnten sie den letzten und "schönsten Kilometer des ganzen Marathons" absolvieren, mit Blick auf das altehrwürdige Olympiastadion von 1912 und Kraft für einen kleinen Endspurt. Unvergleichlich sei die Freude gewesen, der Stolz, den Marathon in 4:25 Stunden geschafft zu haben. "Die halbe Stadionrunde habe ich mit Tränen in den Augen gelaufen", erinnert sich Karolin Bittl.

Die ganze Familie ist stolz auf die sportliche Mama, allen voran ihr Ehemann Ludwig. "Es war beeindruckend, wie sie die Vorbereitung durchgezogen hat", sagt er und freut sich auf gemeinsame Läufe. Beide wollen Laufanfängern oder Freizeitläufern Mut machen: "Jeder kann es schaffen, einen Marathon zu finishen", man müsse nur dranbleiben. "Allein für dieses geniale Gefühl beim Zieleinlauf würde ich nochmal einen Marathon laufen", schwärmt Karolin Bittl, die einen Großteil ihres persönlichen Erfolges auch der Unterstützung und Motivation durch ihren Mann zuschreibt. "Ohne ihn hätte ich es nicht geschafft." Vielleicht bekommt sie ja zum nächsten Weihnachtsfest einen Startplatz beim Frankfurt Marathon geschenkt.

Melanie Pruis-Obel