Pfahldorf
Die Existenz ist bedroht

Gastronomen kämpfen ums Überleben - Ein beispielhafter Besuch beim Landhotel Geyer in Pfahldorf

29.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:27 Uhr
Johann Geyer in seinem neu gebauten und derzeit leerstehendem Tagungshaus. −Foto: Hradetzky

Eichstätt/Pfahldorf - Die Situation der Hotel- und Gastronomiebetriebe spitzt sich als Folge des Lockdowns während der Corona-Krise existenziell zu. Mit der Schließung herrscht allerorts gähnende Leere, so auch im Landhotel Geyer auf der Jurahochebene in Pfahldorf bei Eichstätt, das hier exemplarisch für viele andere Hotels und Gaststätten im Landkreis gelten kann.

Mitte März hat das Familienunternehmen, das seit gut sieben Generationen existiert, mit seinen 17 Angestellten gezwungenermaßen seine Pforten schließen müssen und die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Im Zuge der Ausbreitung der Corona-Pandemie war über den Betrieb eine regelrechte Stornierungsflut von Privat- und Geschäftsreisenden sowie Busunternehmen bis in den Sommer hereingebrochen. Sämtliche Seminare und Tagungen in dem Viersterne-Hotel mit 49 Zimmern sind bis Herbst abgesagt.

Dabei hat Firmenchef Johann Geyer junior erst vor Kurzem 1,5 Millionen Euro in ein neues Tagungshaus, in das "Kramerhaus" mit drei Tagungsräumen mit moderner Ausstattung investiert, welches erst zwei Wochen vor der Schließung offiziell eröffnet worden ist. Auch ein Fitnessbereich ist daran angeschlossen. "Zunächst haben wir die freie Zeit genutzt, Renovierungs- und Reparaturarbeiten zu erledigen, damit alles strahlt, wenn die Gäste wiederkommen dürfen", blickt Juniorchefin Maria Geyer zurück. "Es hagelte nur mehr vor Stornierungen und es gibt keinerlei neue Anfragen von Gästen für die nächsten Monate, weil niemand weiß, wie lange die Krise noch dauert. Die Situation ist sehr schlecht, zumal wir von Seiten der Politik bislang keinen Termin für eine mögliche Wiedereröffnung mitgeteilt bekommen haben. Wir fühlen uns im Stich gelassen und hängen komplett in der Luft."

Labinot Leka, Auszubildender Hotelfachmann, ist wie seine Vorgesetzten und Kollegen ebenso sehr besorgt um seine Zukunft: "Ich stehe kurz vor der Abschlussprüfung, kann derzeit aber die Berufsschule nicht besuchen, weil diese noch geschlossen ist."

Die Schließung von Hotels und Gaststätten zieht nach sich, dass auch der Umsatz von zahlreichen Lieferanten einbricht: "Wir stehen mit unseren Lieferanten in engem Kontakt. Die Brauereien haben Kurzarbeit angemeldet, weil die Gastronomie nichts mehr abnimmt, die Spargelbauern verkaufen weniger. Milchpulver wird in Lagern gehortet, weil die Gastro als Hauptabnehmer ausbleibt. Alle sind schwer betroffen", betont Maria Geyer und blickt auf die Situation ihrer Mitarbeiter, die mit dem Kurzarbeitergeld nur mehr 60 Prozent ihres Gehaltes beziehen. Alle plagen Existenzängste.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga fordert als Interessensvertreter ein sofortiges Rettungspaket für das Hotel- und Gaststättengewerbe. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent auf Speisen ab 1. Juli für die Dauer eines Jahres soll eine Maßnahme sein, die "öffentlichen Wohnzimmer der Nation" zu retten. "Grundsätzlich finde ich, dass die Mehrwertsteuersenkung für Speisen ein richtiger Weg ist, aber diese nur für ein Jahr zu senken, das stellt einen schlichtweg immensen bürokratischen Aufwand für alle dar!", meint Hotelchef Johann Geyer skeptisch. "Wir fordern daher eine generelle Mehrwertsteuersenkung für Speisen und Getränke in der Gastronomie." Zudem sollten Betriebsschließungssicherungsleistungen von Versicherungen auf Kurzarbeitergeld und Corona-Soforthilfen nicht angerechnet werden, sollten diese Soforthilfe oder die Versicherungsleistungen jemals ausbezahlt werden.

Selbstverständlich hat sich der Betrieb schon Gedanken gemacht, ob und inwiefern Lockerungen möglich wären. "Wir würden es für Übernachtungsgäste hinbekommen, dass sie möglichst kontaktfrei bei uns bleiben können. Check-in und Check-out sind mit ausreichend Sicherheitsabstand zu einer Person hinter der Rezeption zu bewerkstelligen." Auch externe Gäste könnten im Restaurant oder draußen im Freien problemlos speisen, denn man könne die Tische mit ausreichend Abstand zueinander platzieren und die Bedienung trage ohnehin einen Mundschutz, so Maria Geyer. Sie frischt ihr Hygienewissen auch mit Webinaren der Dehoga auf.

Wenn die notwendigen Sicherheitsvorschriften in Geschäften mit 800 Quadratmetern umsetzbar seien und gewährleistet würden, warum dann nicht auch in der Gastronomie, fragt sie.

"So oder so, rechnen wir im Jahr 2020 mit Umsatzeinbußen von mindestens 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr", sagt Johann Geyer. "Eine Normalisierung der Lage ist unseres Erachtens erst Ende 2021 in Sicht, wenn die Beschränkungen aufgehoben werden. Sicher ist aber, dass notwendige Aufstockungen der jetzigen Hygienekonzepte für Hotels und Gastronomie, die es in jedem Betrieb ja schon gibt, sicher zu Preissteigerungen im Hotel- und Gastgewerbe führen werden."

EK