Eichstätt
"Die Bürger sind weiter als die Politik"

Der Omnibus für direkte Demokratie macht heute Halt auf dem Eichstätter Marktplatz

10.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:21 Uhr
  −Foto: Fotos: Bird

Eichstätt (EK) "Direkte Demokratie" - ein Stichwort, das immer wieder in der politischen Debatte auftaucht und für viel Diskussionsstoff sorgt. Dass das im Umkehrschluss nicht bedeutet, den Bürgern jede Entscheidung zu überlassen, erklärt Werner Küppers, der seit 17 Jahren für die Initiative "OMNIBUS" durch die Republik tourt. Heute steht er mit seinem Bus auf dem Eichstätter Marktplatz.

Im Anzug, dafür aber ohne Schuhe, empfängt Werner Küppers (68) interessierte Passanten vor seinem Omnibus. Wie etwa die 18-jährige Julia Flierler, die bereitwillig das Volksbegehren unterzeichnet, das der Aktivist ihr zur Unterschrift vorlegt. "Ich unterstütze gerne alles, was der Allgemeinheit hilft", sagt die junge Frau bei der Verabschiedung. Sie hat sich auch einen Packen Infomaterial mitgenommen.

Derzeit klappern Küppers und sein Team zwölf bayerische Städte ab, anders als sonst sammeln sie in diesen Tagen tatsächlich Unterschriften für ein Volksbegehren gegen das Artensterben. "Rettet die Bienen und die Bauern" fordert die Initiative, die in einer gemeinnützigen GmbH organisiert ist. Ziel sei es, das bayerische Naturschutzgesetz zu ändern, um die Chance zu fördern, "dass Vielfalt und Naturschönheit wieder zunehmen".

Volksbegehren auf Landesebene gibt es in Bayern seit 1995, das erzählt Küppers im Inneren seines Doppeldecker-Busses, wo man sich - anders als in herkömmlichen Reisebussen - dialogfreundlich gegenübersitzt. "Mehr Demokratie in Bayern: Bürgerentscheide in Gemeinden und Kreisen" hieß die Initiative damals, die der Omnibus laut Küppers 1993 initiiert hatte. Zwei Jahre später hatten sich innerhalb von 14 Tagen fast 1,2 Millionen Bürger eingetragen - das Recht auf kommunale Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Bayern wurde somit durch einen Volksentscheid erwirkt. Darauf ist Küppers mächtig stolz, er sieht Bayern als "Vorreiter" der direkten Demokratie in Deutschland.

Trotz der aktuellen Kampagne, mit der der Omnibus angesichts der anstehenden Landtagswahl Druck auf die Politiker erzeugen möchte, sei das übergeordnete Ziel der rollenden Initiative stets, die direkte Demokratie neben der kommunalen und Landesebene auch für den Bund zu etablieren. Die Bürger, so ist sich Küppers sicher, seien nämlich schon viel weiter als die Poltik und die überregionalen Medien. "Ich lerne viele engagierte Menschen und deren Lösungen für brennende Themen der heutigen Zeit kennen", sagt der 68-Jährige. Der Begriff Omnibus ist ein Wortspiel aus dem Lateinischen: Denn der Begriff kann im Ablativ (der sechste Fall der Sprache) übersetzt sowohl "durch alle" als auch "für alle" bedeuten - und im Deutschen das Transportmittel meinen.

Bei dem Vorhaben, die direkte Demokratie auch auf nationaler Ebene zu etablieren, gehe es allerdings entgegen vieler Annahmen nicht darum, die Bürger alles entscheiden zu lassen, so Küppers. "Es muss nicht alles abgestimmt werden", betont der Aktivist, "sondern die Möglichkeit einer Volksinitiative" zu gewissen Themen reiche aus, die Politiker unter Druck zu setzen. Das hätte man bei der Abschaffung der Studiengebühren in Bayern gut beobachten können, betont der 68-Jährige. In diesem Zusammenhang spricht sich Küppers auch gegen Quoren aus: "Gleichgültige haben dadurch zu viel Macht." Unter Quorum versteht man die notwendige Anzahl Stimmen, die erreicht sein muss, damit eine Wahl oder Abstimmung gültig wird.

Gegenüber Kritikern, die es in seinem Omnibus-Alltag häufig gebe, zeigt sich Küppers sehr offen. Man dürfe Menschen "nicht in Schubladen stecken" - an diese Prämisse hält sich der "Busfahrer" stets, wie er betont. Immer wieder spricht er von "mündigen Bürgern", die finde er ebenso unter Anhängern politischer Richtungen, die mit seiner eigenen nicht übereinstimmt. Er finde immer einen Anknüpfungspunkt mit Gesprächspartnern, das bekräftigt der 68-Jährige. Neben seinem Team hinter der Kulisse des Doppeldeckers hat Küppers auch einige Helfer dabei, die das Volksbegehren zum Artenschutz bei den Bürgern bewerben. Noch bis 18 Uhr parkt der Omnibus heute auf dem Marktplatz. Das Volksbegehren zum Artenschutz kann auch am morgigen Samstag noch unterzeichnet werden. Der Bus verlässt die Stadt heute Abend wieder, doch die ÖDP unterstützt die Aktion und hält entsprechende Listen morgen ab 9 Uhr auf dem Marktplatz bereit. Weitere Informationen zum Omnibus gibt es online unter: www.omnibus.org.
 

Julian Bird