Die Altmühl hat ihr altes Bett zurück

23.07.2009 | Stand 03.12.2020, 4:47 Uhr

 

Eichstätt/Wasserzell (EK) Tief senkt sich der Greifer des Baggers ins Erdreich. Im Damm tut sich eine Lücke auf. Wasser spritzt hoch, als sich der Greifer wieder hebt. Gurgelnd bricht sich die Altmühl Bahn. Applaus brandet auf. Der Fluss hat sein altes Bett zurück erobert.

Gestern kam ein Projekt zum Abschluss, das im Freistaat Bayern nicht alltäglich sein dürfte. Unter Federführung des Wasserwirtschaftsamtes war eine in der 1930-er Jahren zugeschüttete Altmühlschleife im Gebiet "Sperberslohe" bei Wasserzell wieder geöffnet worden. Unter den Augen von rund 100 Gästen wurde der letzte trennende Damm zwischen den Altmühlarmen durchstoßen.

Leitender Baudirektor Karl Deindl, Chef des Wasserwirtschaftsamtes Ingolstadt, und Stefan Daum, der für Eichstätt zuständige Abteilungsleiter, erläuterten vor Ort an Hand von Plänen und alten Fotografien die Maßnahme. Um die damals häufigen Überschwemmungen zu unterbinden und um landwirtschaftlich nutzbare Flächen zu gewinnen, wurde damals die Altmühl begradigt, tiefer gelegt und dabei eine Schleife im Gebiet "Sperberslohe" größtenteils zugeschüttet. Übrig blieben zwei Altarme, die jetzt wieder aktiviert wurden. Gleichzeitig wurde der zugeschüttete Flusslauf wieder ausgebaggert.

In erster Linie sei es darum gegangen, den Fluss zu renaturieren und das von der Altmühl umflossene Areal ebenfalls "der Natur zurück zugeben und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen", wie Deindl erläuterte. Das war möglich, weil das Wasserwirtschaftsamt die nötigen Flächen von den Landwirten erwerben konnte. Die Arbeiten begannen im November 2008. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 770 000 Euro, davon entfallen etwa 240 000 Euro auf den Grunderwerb, während die eigentliche Baumaßnahme circa 530 000 Euro kostet. Die Bundesrepublik Deutschland beteiligte sich an dem Projekt.

Auch die Stadt Eichstätt profitiert von der Maßnahme. "Wir waren in der Lage, hier Ausgleichsflächen zu schaffen", sagte OB Arnulf Neumeyer. Insgesamt konnten Ausgleichsflächen für 7800 Kubikmeter für die Stadt geschaffen werden: 1400 Kubikmeter für die neue Spitalstadt, 300 Kubikmeter für das Heilig-Geist-Spital, und der Rest ist für das Freibad. "Wir haben uns mit eingebracht und mitbezahlt", sagte der OB.

Zufrieden sind auch die Fischer. Hans Schneider, Vorsitzender des Eichstätter Anglervereins, freut sich über das zusätzliche Fischgewässer. Insgesamt dürften es 300 Meter sein, die dazu gewonnen werden. "Das Gewässer hat eine vernünftige Tiefe von 1,5 bis zwei Meter", erläutert Schneider. "Das ist für den Fischbestand von besonderer Bedeutung."

Die Gäste begaben sich nach den Ausführungen über einen etwa vier Meter breiten Damm auf das rund zehn Hektar umfassende Gebiet "Sperberslohe", um den Durchstich aus nächster Nähe zu verfolgen. Auch ein Schwimmer hatte sich eingefunden, der berichtete, dass das Wasser oben zwar recht angenehm, ab einem halben Meter Tiefe aber eiskalt sei.

Nach dem Durchstich durchschnitten sofort zwei Kajaks in bayerischen Blau-Weiß-Design diese Stelle. An den Rudern saßen Günter Böhm und Richard Hieke vom Wasserwirtschaftsamt. Die Gäste unternahmen unter der Führung von Martin Burkhart, Sachgebietsleiter Landespflege des WWA, einen Rundgang über die neu geschaffene Insel, die nun sich selber überlassen bleibt. Einige Weiden und Erlen werden im Herbst noch gepflanzt. Die Experten erwarten hier langfristig eine große Artenvielfalt. Auf die Gäste wartete dann noch ein kleines "Abenteuer": Mit einem Boot wurden sie ans andere Ufer übergesetzt.