Zandt
Derb "ausg'sunga"

Blick in die Dorfgeschichte: Burschenfaschingsumzüge in Zandt begannen vor 70 Jahren

18.02.2020 | Stand 02.12.2020, 11:56 Uhr
Burschenumzug am Faschingsdienstag 1950: Richard Wurzenberger (stehend, von links) Anton Lindacher, Clement Angerer, Josef Mandlinger (Schade), Johann Kretschmeier, Josef Trescher (Felix), Georg Lederer senior, Georg Zacherl, Alfred Halbritter, Hans Lang (Tschak), Karl Lochner und Sixtus Böhm (Knecht) sowie Franz Waltl (vorne, von links), Franz Gabler, Georg Kramschuster, Georg Jakob und Anton Kienast. −Foto: Patzelt (Repro)

Zandt - Die Vergangenheit lebt: Diese Feststellung kann man zurzeit in so manchen Gegenden machen.

Vielerorts entstehen Dorfchroniken, und Vorträge, bei denen historische Fotos gezeigt werden, erfreuen sich größter Beliebtheit. Vor allem jahreszeitenbedingt erinnert man sich gerne an so manchen alten Brauch zurück. Der Zandter Heimatforscher Gerhard Meier hat neben dem Scheckllaufen (wir berichteten) nun einen weiteren Brauch aus längst vergessenen Zeiten ausgegraben - den Burschenumzug. Meier hat dazu sogar noch Fotos aus dem Jahr 1950 aufgestöbert, entstaubt und aufbereitet, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die ledigen Burschen zogen bereits 1950 am "Fosend-Irda-Nochmittog", also am Nachmittag des Faschingsdienstags, mit einem alten Kinderwagen, einem Handleiterwagerl oder einem Schubkarren durch das Dorf, hatte Meier recherchiert. Unter die Burschen mischten sich auch immer wieder einige Verheiratete und auch ein paar ältere Dorfbewohner, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten.

Dabei machte die lustige Truppe mit Musik und Gesang auf besondere, urige, originelle und meist einmalige Begebenheiten aus dem vergangenen Jahr aufmerksam. Diverse Vorkommnisse wurden in Form von Moritaten noch einmal ins Gedächtnis gerufen. Besonders markante Personen wurden ausgesungen oder sogar ausgespielt und deren Missgeschick in Reimform publik gemacht. "Daher stammt auch die Redewendung ,Des g'hört in da Fosend ausg'sunga oda ausg'spuit'", weiß der Zandter Dorfchronist.

Vereinzelt wurden auch die Honoratioren mit rotzfrechen G'stanzln oder teils respektlosen Bekanntmachungen bedacht. "Sogar dem Herrn Pfarrer gebührte keine Ausnahme - außer seiner heiligen Weih'. Die Priesterweihe achteten auch die Ausspieler", gibt Meier Auskunft.

Die Verkleidungen waren meist sehr einfach - kein Wunder, so manchem steckten die Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs, der ja erst fünf Jahre zuvor zu Ende gegangen war, noch in den Knochen. Männer trugen Frauenkleider mit Kopftuch, andere die eigene Jacke kurzerhand verkehrt herum und auf dem Kopf einen uralten Hut, den man vom Speicher heruntergeholt hatte. Das Gesicht hatte so mancher mit Ruß geschwärzt. Als Clown geschminkte Mitwirkende bildeten eher schon die Ausnahme. Bei der Themenbesprechung am "Irda-Vormittag" (Dienstag-Vormittag) spielte bereits der Alkohol eine wichtige Rolle und die Zeche stieg in die Höhe. "Da war sich so mancher seiner Rolle, die er verkörpern sollte, gar nicht mehr so richtig bewusst", hatte Meier erfahren. Der Umzug fand aber statt - trotz so manchen Schnaps-Aussetzers der Laiendarsteller.

Unter der Dorfbevölkerung wurde die Gaudi so kurz nach den Schrecken des Krieges freudig begrüßt und herzlich aufgenommen. Für die Burschen und ihre humorvollen Einlagen gab es Kiachl, verschiedene Würste, Eier und auch etwas Geld. "Die Ausspieler nahmen alles dankbar an, um es danach beim Metzger-Wirt umzusetzen und gemeinsam zu verzehren", so Meier.

Dieser Brauch hatte sich bis etwa in das Jahr 1970 erhalten. Nach der Zusammenlegung der Schulen fand diese alte Tradition aufgrund mangelnder Beteiligung ein jähes Ende.

pa