Eichstätt
Der freie Blick einer Puppenspielerin in eine andere Welt

Helli Keilholz stellt im Museum Das Jurahaus Handpuppen und Marionetten aus

19.07.2021 | Stand 24.07.2021, 3:33 Uhr
Mit einem lustigen Raben als Sympathieträger in der Hand präsentierte Helli Keilholz auch die imposanten Balance-Marionetten aus der Inszenierung "Die Irrungen" von Shakespeare. −Foto: Kusche

Eichstätt - Ausdrucksstarke Figuren aus bekannten Märchen, fantasievolle Kulissen, ein edles Königspaar und Drachenhandpuppen an den Treppengeländern verwandeln die schmucken Räume des Museums Das Jurahaus in der Rot-Kreuz-Gasse derzeit in ein lebendig-fröhliches Puppentheater. Die Puppenspielerin Helli Keilholz, die bis 2011 zusammen mit Ehemann Günter das Figurentheater "Die Puppenspielerei" in Wassertrüdingen betrieb, stellt eine beeindruckende Vielfalt selbstgefertigter Marionetten, Hand- und Klappmaulpuppen aus ihrem 25-jährigen Künstlerleben aus.

"Vorhang auf" ist die wunderschöne Ausstellung betitelt, in der zahlreiche Inszenierungen von Puppentheaterstücken präsentiert werden und die alte beliebte Kunstform wieder zum Leben erweckt wird.

Lachen, weinen, fürchten, freuen, einfach einmal die Sorgen und den Alltag vergessen - schon seit dem Mittelalter erfreuten sich fahrende Gaukler und Puppenspieler mit ihren kleinen Bühnen bei den Menschen großer Beliebtheit. Alt und Jung versammelten sich begeistert, um lustige und schaurige Geschichten zu sehen: "Das Puppentheater ist nicht nur etwas für Kinder", betont Helli Keilholz (74), die ebenso wie ihr bereits verstorbener Mann Anfang der 1980er-Jahre ihren bürgerlichen Beruf aufgegeben und sich mit Herzblut der Puppenspielerei gewidmet hatte. Dass sie jetzt die Chance hat, eine Auswahl der mit großer Empathie gefertigten Figuren aus den insgesamt 18 eigenen Inszenierungen auszustellen, bedeutet der leidenschaftlichen Puppenspielerin sehr viel: "Hier in diesen mittelalterlichen Räumen kommen die Puppen und Marionetten wunderbar zur Geltung", freut sich die ehemalige Kindergärtnerin.

Die Zielgruppe festlegen, ein passendes Stück entwickeln, Handpuppen und Marionetten fertigen, Kostüme nähen, Kulissen bauen, sprechen und proben, Musik auswählen - die Vorbereitung eines Puppenspiels bis zur Aufführung ist nicht nur ein langer Prozess. Es bedarf auch eines enormen Hintergrundwissens rund um die Kunstform des Puppenspielens und deren Wirkung auf Jung und Alt: "Wir haben immer gerne Geschichten entwickelt, in denen der Hauptdarsteller eine Reifung durchmacht oder etwas Positives bei Anderen bewirkt", erzählt Keilholz. Das perfekte Beispiel dafür ist die Biografie von Louis Braille, dem Erfinder der Blindenschrift, die Helli und Günter Keilholz - als einzige Puppenspieler im deutschsprachigen Raum - auf die Bühne brachten.

In einem weiteren Museumsraum stehen imposante Balance-Marionetten auf ihren Holzschuhen, die ihren Auftritt in dem anspruchsvollen Stück "Die Irrungen" von Shakespeare erlebt haben. Ihre Gesichter sind mit Papier kaschiert, die Haare ebenfalls aus Papier, aus gefärbtem und bedrucktem Tyvek, einem Kunststoff für Schutzanzüge, sind die Kostüme geschneidert: "Es war uns wichtig, mit modernen Kostümen einen Kontrast zum mittelalterlichen Shakespeare-Text zu schaffen", erläutert Keilholz.

Doch natürlich warten auch viele bekannte, liebevoll gearbeitete Märchenfiguren auf junge und erwachsene Besucher - viele auch zum Anfassen und Bespielen: Rotkäppchen und der Wolf, Königin und König und natürlich "Hans, mein Igel", der liebenswerte Igel im Stachelkleid der Gebrüder Grimm, der mit Dudelsack und einem beschlagenen Gockel sein Elternhaus verlässt.Viele Figuren, die im Museum Das Jurahaus ausgestellt sind, stammen aus selbst geschriebenen Stücken.

Die Ausstellung im Jurahaus-Museum macht Lust, sich wieder einmal in die zauberhafte Welt des Figurentheaters zu begeben - jene Theaterform, die, wie Helli Keilholz meint, nur allzu oft in die Kinderecke geschoben werde. Für die Puppenspielexpertin stellt das Figuren- und Puppentheater vielmehr jenes "andere Theater" dar, das den Blick frei gibt in eine andere Welt, in der Puppen die besten Schauspieler sind.

EK