Eichstätt
Einmal noch den Bodensee gesehen

Der Herzenswunsch-Krankenwagen der Malteser bringt todkranke Menschen zu ihren letzten Traum-Orten

06.06.2019 | Stand 02.12.2020, 13:48 Uhr
Schwer kranken Menschen einen möglicherweise letzten großen Traum erfüllen, das ist das Ziel des Herzenswunsch-Krankenwagens der Malteser. Das Angebot hat jüngst mit Michael Netter aus Beilngries Premiere. Der Weg führte an den Bodensee und alle Beteiligten zogen ein ausgesprochen positives Fazit. −Foto: Maike Eikelmann

Eichstätt/Ingolstadt (EK/ chl) Die Malteser möchten todkranken Menschen Wünsche nach unvergesslichen, letzten Glücksmomenten erfüllen.

Der Diözesanverband Eichstätt hat nun in einem interdisziplinären Projekt aus Notfallvorsorge, sozialem Ehrenamt und Palliativmedizin einen Herzenswunsch-Krankenwagen im Einsatz, der im Mai seine erste Fahrt absolviert hat: Michael Netter wünschte sich eine Fahrt an seinen Wunschort, den Bodensee.

Netter ist langjähriger Bewohner eines Seniorenheims in Beilngries und steht mit dem Hospizbegleiter Karl Pillmayer seit Jahren in Kontakt. Immer wieder erzählte er von seinem Herzenswunsch, noch einmal den Bodensee zu sehen. Diesen hatte er früher privat und auch während seiner Erkrankung immer wieder besucht.

Der Herzenswunsch-Krankenwagen bot nun die Gelegenheit, dem 65-Jährigen seinen langjährigen Traum zu erfüllen: Sowohl die Leitung des Heims als auch seine Betreuerin gaben grünes Licht und so startete der Wagen um 8 Uhr pünktlich in Beilngries. Neben Karl Pillmayer fuhren auch Andrea, Ernst und Florian Kunze mit zum Bodensee. Die drei engagieren sich seit Jahren aktiv in der Gliederung Ingolstadt und konnten Michael Netter während der Fahrt sowohl medizinisch als auch mit wissenswerten Informationen versorgen. Weiterhin war auch Maike Eikelmann vom Bistum Eichstätt mit von der Partie, um über den besonderen Trip zu berichten.

Michael Netter wurde liegend transportiert und kam wenige Stunden später sicher in Lindau am Bodensee an. Danach ging es gleich zur Uferpromenade. Dort angekommen gab er schließlich einen Satz von sich, den alle Beteiligten wohl nicht so schnell vergessen werden: "Was ist denn das für eine Pfütze? ! " Die Tatsache, dass es sich bei dieser Pfütze tatsächlich um seinen geliebten Bodensee handelte, freute ihn sehr - und so saß er lange Zeit an der Uferpromenade und konnte sich einfach nicht satt sehen. Ein köstliches Mittagessen bot der gesamten Truppe und vor allem Michael Netter die Möglichkeit, sich all der Ereignisse bewusst zu werden und die wertvollen Erinnerungen zu speichern. Die "Hauptperson" des Tages entschied sich für ein Fischfilet, aß mit gutem Appetit und war auch für eine anschließende Tour durch die italienisch anmutende Innenstadt offen, die er mit seinem Rollstuhl erkundete. Das Kopfsteinpflaster sollte ihm aus medizinischer Sicht etwas helfen, die Muskeln zu lockern.

Die vier Stunden Aufenthalt vergingen wie im Flug. Und so sehr Netter allen Beteiligten das Gefühl vermittelte, dass es ihn sehr glücklich machte, all das noch einmal zu erleben, so erschöpft wirkte er am Ende einer durchaus anstrengenden Reise.

Die Premiere kann als gelungenes Beispiel dafür gelten, was die Malteser mit ihrem neuen Angebot erreichen wollen: "Herzenswünsche müssen nicht spektakulär sein, es geht um alltägliche Dinge, die sonst nicht mehr zu realisieren wären", sagt Carmen Pickl vom Hospiz- und Palliativdienst der Malteser, die das Angebot zusammen mit ihrer Kollegin Regina Sterz von Eichstätt aus koordiniert.

Der Wagen selbst ist in Ingolstadt stationiert, dort koordiniert Stefan Neumaier als Leiter des Projektes auch das ehrenamtliche Team, das je nach Bedarf zum Einsatz kommt. "Das kann auch eine Fahrt zu einer Familienfeier sein, oder ein letzter Besuch zu Hause, eigentlich kleine Dinge, die ohne diese fachliche Betreuung und Unterstützung nicht mehr möglich wären", erklärt Pickl.

Wenn sie ein Herzenswunsch von Menschen mit lebensbegrenzenden Erkrankungen erreicht, dann wird zunächst erklärt, unter welchen Voraussetzungen die Fahrt stattfinden kann, dazu sind auch gegebenenfalls Rücksprachen mit dem behandelnden Arzt und andere Regularien nötig, um die sich der Hospiz- und Palliativdienst im Vorfeld kümmert. "Das ist ja kein normaler Krankentransport", sagt Pickl. "Es geht ja auch darum, Entscheidungen zu treffen, was auf der Fahrt alles passieren kann und darf. " Immerhin geht es um todkranke Menschen, und niemand weiß, wann der Sterbeprozess beginnt.

Gerne möchten die Malteser weiteren todkranken Menschen einen Herzenswunsch erfüllen. Dazu sind sie allerdings auch auf Spenden angewiesen (Liga-Bank, IBAN DE58 750903000007612222, BIC GENODEF1M05, Stichwort "Herzenswunsch-Krankenwagen"). Wer einen Herzenswunsch hat, kann sich an Carmen Pickl oder Regina Sterz beim Hospiz- und Palliativdienst der Malteser, Telefon (08421) 9807-15 wenden. Der neue Herzenswunsch-Krankenwagen wird wohl auch beim nächsten Malteser Hospiz-Tag am 25. Oktober in Eichstätt Thema sein.