Eichstätt
Übernimmt die Uni das Jura-Museum?

Priesterseminar beendet die Trägerschaft definitiv mit diesem Jahr - "Innerkirchliche Lösung" angestrebt

30.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:37 Uhr
Das international bekannte Juramuseum auf der Eichstätter Willibaldsburg sieht einer ungewissen Zukunft entgegen. Das bischöfliche Priesterseminar wird die Trägerschaft definitiv zum 31. Dezember beenden, hinter den Kulissen läuft jetzt eine intensive Suche nach einem neuen Träger. Fotos: Chloupek −Foto: Chloupek, Eva, Eichstaett

Eichstätt (EK) Das Bischöfliche Priesterseminar macht ernst und beendet zum Jahresende definitiv die Trägerschaft für das Jura-Museum. Das könnte in letzter Konsequenz das Aus für das weltbekannte Naturkundemuseum auf der Willibaldsburg bedeuten. Doch es gibt Hoffnung auf eine Nachfolge.

Völlig unvorbereitet trifft die Nachricht weder die Experten noch die Öffentlichkeit. Bereits vorigen Juli hatte Regens Michael Wohner mitgeteilt, dass sich das Priesterseminar als Träger des Museums zurückziehen will - aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Das jährliche Defizit von 100000 Euro sei zu hoch, das Priesterseminar werde sich künftig auf sein "Kerngeschäft" zurückziehen, hieß es da noch ohne genauere Zeitangaben.

Jetzt gibt es einen konkreten Termin: Am 31. Dezember ist Schluss. Das Seminar werde zu diesem Zeitpunkt die entsprechenden Verträge kündigen und die Betriebsträgerschaft des Jura-Museums auf der Willibaldsburg abgeben, so Wohner auf Anfrage unserer Zeitung. "Wir wollen, dass es weitergeht, und zwar gut weitergeht", sagt Wohner. Das könne das Seminar aber weder garantieren noch leisten. Denn zu den laufenden Kosten käme demnächst noch ein erheblicher Sanierungsbedarf, den das Seminar trotz Fördermittel, die dafür in Aussicht gestellt würden, nicht stemmen könne.

Diese konkrete Nachricht ist bei aller Vorwarnung jetzt doch ein alarmierender Paukenschlag - auch für den Landkreis und die Stadt, wie Oberbürgermeister Andreas Steppberger und Kreispressesprecher Manfred Schmidmeier bestätigen. Beide betonen die enorme Bedeutung des Museums für den Tourismus, die Trägerschaft werden jedoch weder Stadt noch Landkreis übernehmen.

Und der Freistaat? Immerhin ist das Jura-Museum zwar unter kirchlicher Trägerschaft, es wird aber staatlich verwaltet. Doch der Staat wird sich hier aller Voraussicht nach nicht in die Pflicht nehmen lassen. Der Generaldirektor der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns und damit oberster Dienstherr dieser staatlichen Schiene, Professor Dr. Gerhard Haszprunar, betont, dass der Freistaat jetzt schon 80 Prozent der Kosten von etwa 600000 bis 700000 Euro Nettoaufwand im Jahr übernehme. Gerade wegen des besonderen Profils des Museums, dem Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaft, der aus der Historie der Einrichtung gewachsen ist (siehe Infokasten) , sei hier schon die Kirche in der Verantwortung. Zur Frage, ob er Verständnis dafür habe, dass das Priesterseminar wegen 100000 Euro im Jahr nun aussteige - auch angesichts des aktuellen Finanzskandals des Bistums, bei dem es bekanntlich um 50 Millionen Euro geht, äußert sich Haszprunar lieber nicht.

Der Generaldirektor betont: "Die Sammlungen und mit ihnen das Museum haben tatsächlich Weltgeltung", mit "Highlights, die weltweit Furore gemacht haben", man denke nur an den Archaeopteryx, den Juravenator oder auch an die neueren Ettlinger Fischfunde. Haszprunar stärkt Museumsdirektorin Dr. Martina Kölbl-Ebert den Rücken mit dem Lob für die "für ein Museum dieser Größenordnung sehr guten Besucherzahlen" von 43264 im vorigen Jahr. Natürlich gebe es im Museum weiteren Entwicklungsbedarf. "Jetzt muss aber erst eine Lösung für den Träger gefunden werden, damit wir wieder Planungssicherheit bekommen."

Hinter den Kulissen laufen bereits seit Längerem Gespräche, bestätigt die Landtagsabgeordnete Tanja Schorer-Dremel (CSU), und sie zeigt sich sehr zuversichtlich, dass man hier auch zu einer guten Lösung komme. Aus dem Wissenschaftsministerium antwortet Pressesprecher Ludwig Unger mit der Aussage: "Mit den verschiedenen kirchlichen Stellen wurde zuletzt vereinbart, dass die Perspektiven für eine tragfähige Zukunft des Jura-Museums zunächst innerkirchlich ausgelotet werden."

Was könnte "innerkirchlich" bedeuten? Landtagsabgeordnete Eva Gottstein (FW) erinnert daran, dass sie bereits im Herbst die Katholische Universität als mögliche Trägerin ins Spiel gebracht habe. Gottstein hat durchaus Verständnis dafür, dass das Seminar aussteigt und bemerkt, dass das Jura-Museum ins Portfolio der Universität gut passen würde: Die katholische Bildungseinrichtung sei dafür durchaus prädestiniert.

Tatsächlich bestätigt Uni-Pressesprecher Constantin Schulte Strathaus entsprechende Anfragen: "Im Auftrag unseres Stiftungsrates prüfen wir derzeit die Möglichkeit einer Trägerschaft des Museums durch unsere Universität." Dabei wird auch geklärt, welche inhaltlichen Anschlussmöglichkeiten sich für Forschung und Lehre bieten würden. Mit einer Entscheidung sei frühestens Mitte des Jahres zu rechnen, so der Uni-Pressesprecher.

Wenn nun die Zukunft des Museums und auch seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch ungewiss ist, wie sieht es dann mit den geplanten Großbaumaßnahmen auf der Willibaldsburg aus, die im Herbst eigentlich starten sollen und für die Markus Söder voriges Jahr - damals noch als Finanzminister - den Planungsauftrag mit einem Gesamtvolumen von 14,3 Millionen Euro vergeben hat? Dennis Drescher, Pressesprecher im Finanzministerium, verweist darauf, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine Kündigung der Trägerschaft vorliege. Die Planungen würden also wie vorgesehen weitergehen. Derzeit wird die Haushaltsunterlage für den Landtag erstellt. "Für uns läuft alles weiter wie geplant."

KOMMENTAR

Es wurde vorigen Juli an dieser Stelle schon einmal geschrieben - und es bleibt dabei: Kreationistischen Strömungen und allgemein abnehmender Kenntnis evolutionsbiologischer Zusammenhänge entgegenzutreten und zu verdeutlichen, welches Wunder die Schöpfung in all ihrer naturwissenschaftlichen Ausprägung ist, das ist durchaus ein pastoraler Auftrag für eine vernunftbegabte Version des christlichen Glaubens.

"Die Kirche" im Bistum macht derzeit in der Öffentlichkeit insgesamt keine gute Figur. Da wird nicht unterschieden, welches Gremium im Einzelnen gerade in den Schlagzeilen ist. Angesichts des Finanzskandals, bei dem es um 50 Millionen Euro geht, und angesichts dessen, dass das Bistum für 2017 einen Überschuss von 7,7 Millionen Euro - großteils aus Kirchensteuermitteln - eingeplant hat, wäre es dem Normalbürger kaum zu vermitteln, warum man wegen 100000 Euro im Jahr eine solch bedeutende und prestigeträchtige Einrichtung, mit der man auch "kirchenferne Schichten" erreicht, aufgeben würde.

Jetzt richtet sich die Hoffnung auf die Katholische Universität. Und das klingt durchaus vielversprechend.

| Eva Chloupek