Eichstätt
Ruhe in den Kleinstadt-Straßen

Das Gedicht-Video "Anders als immer" von Inka Lezius und Pauline Füg zeigt Eichstätt in der Corona-Krise

19.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:19 Uhr
Nachdenklich und auch ein bisschen traurig wirkt das Mädchen in dieser Szene aus dem Gedicht-Video "Es ist anders als immer", das zur Corona-Zeit in Eichstätt gedreht wurde. −Foto: Lezius

Eichstätt - Die Corona-Krise verändert den Alltag - diese Erfahrung teilen gerade viele Menschen.

Wie die Seuchenschutz-Beschränkungen sich auf das Leben in der Kleinstadt auswirken, damit beschäftigt sich ein Video, das in Eichstätt gedreht wurde. Die freie Videojournalistin Inka Lezius und die als Poetry-Slammerin bekannte Schriftstellerin Pauline Füg werfen darin einen künstlerischen Blick auf diese besondere Zeit.

"Es ist anders als immer. " Buchstabe für Buchstabe schreibt ein Mädchen den Satz aufs Papier. Zu Klaviermusik von Erik Satie setzt Pauline Fügs Stimme ein: "Es ist ruhig geworden in den Kleinstadtstraßen, kein Ballspielen in Parkanlagen. Es gibt jetzt Menschen, die Masken tragen. Jemand hat die Zeit angehalten. " Dazu Bilder vom leeren Marktplatz, dem leeren Uni-Campus, der um Punkt zwölf erstarrten Domuhr. "Es ist anders als immer. Leere Plätze, leere Straßen neben Frühlingswiesen, auf denen man fast alleine um die Wette rennt, auf denen leise Blumen sprießen. Und man hofft, dass man die Zukunft kennt. " Ein blondes Mädchen lässt Pusteblumen-Samen fliegen. Die Wiese, auf der sie steht, kommt einem vertraut vor: Im Hintergrund ist eine Schutthalde zu sehen.

Das blonde Mädchen ist eine der Töchter von Inka Lezius. Die 41-Jährige wohnt mit ihrer Familie in Eichstätt und produziert als freiberufliche Videojournalistin unter anderem Unterrichtsfilme. Die Corona-Beschränkungen haben ihr - wie vielen anderen Selbstständigen - in den vergangenen Wochen das Arbeiten fast unmöglich gemacht. "Dann habe ich überlegt, was kann ich jetzt tun? ", erzählt Lezius. Die Antwort war: das filmen, was um sie herum ist, ihre Stadt, ihre Familie, die Natur rund um das Wohngebiet. Ein subjektiver Blick auf Eichstätt sollte es werden, der auch ein wenig Mut macht.

Hilfe hat sich Inka Lezius dabei von einer alten Freundin geholt: Pauline Füg. Lezius und Füg waren 2003 zum Studium nach Eichstätt gekommen, waren Nachbarinnen in der Kleinstadt. Pauline Füg machte sich zu ihrer Studienzeit mit Poetry Slams einen Namen in Eichstätt und darüber hinaus. Inzwischen ist die 36-Jährige als vielseitige Freiberuflerin tätig. Sie ist Schriftstellerin, Diplom-Psychologin, Moderatorin und Coach, gibt unter anderem Schreib- und Kreativ-Workshops und hat für ihre literarischen Werke Auszeichnungen wie den Bayerischen Kulturpreis erhalten. Sie lebt jetzt in Fürth. Dennoch kehrt Pauline Füg regelmäßig für Workshops und Poetry Slams in die Region zurück und fühlt sich weiterhin mit Eichstätt verbunden. "Eichstätt ist die Stadt, in der ich in meinem Leben bisher am längsten gewohnt habe", sagt sie. In den acht Jahren lernte sie das besondere Flair der Stadt lieben, sie schätzte es, dass man immer jemanden auf der Straße trifft - in normalen Zeiten zumindest. Wie die Kleinstadt jetzt viel ruhiger daliegt - so wie früher bei ihren nächtlichen Spaziergängen durch Eichstätt -, konnte sie sich sofort vorstellen. Und so schrieb sie den Text zu Inka Lezius' Bildern, Lezius produzierte weitere Sequenzen zu ihren Versen. Herausgekommen ist das Gedicht-Video "Anders als immer".

"Wir haben Lust, mit dem Film Hoffnung zu verbreiten", sagt Pauline Füg. In ihrem Gedicht klingt das zum Beispiel so: "Halte inne. Atme ein, atme aus, mach die Fenster auf, lass die Sonne hinein, fühl den Sonnenschein. Lass den Himmel noch blauer sein. " Im Bild sieht man Inka Lezius' Familie bei schönem Wetter spazieren. "Wir wollten Menschen dazu inspirieren, das Beste aus der Zeit zu machen", meint die Videojournalistin. Sie ist dankbar und empfindet es als Privileg, mit ihrer Familie gleich am Waldrand zu wohnen. Die fehlenden Termine hätten auch etwas Positives gehabt: weniger Druck, weniger Freizeitstress, viele Waldspaziergänge. "Ich glaube, dass diese Zeit unsere Familie mehr zusammengebracht hat", sagt Lezius.

Dass ihre Töchter im Film sehr präsent sind, ist bewusst gewählt: Sie habe darauf hinweisen wollen, dass Kinder in der Corona-Zeit fast ganz aus dem öffentlichen Raum verschwunden sind. Natürlich habe sie mit ihrem Mann, der Sozialpädagoge ist, vorher diskutiert, ob es richtig sei, ihre acht, sieben und vier Jahre alten Mädchen zu zeigen, erzählt Lezius. Den Ausschlag gab, dass ihre Töchter begeistert waren: "Sie haben sich sehr darüber gefreut, in einem Film vorzukommen. " Schon früher hätten die Mädchen öfter gefragt, ob die Mama vielleicht einmal sie filmen könnte. So sind knapp drei Minuten Video entstanden, die den Schwebezustand während der Ausgangsbeschränkungen einfangen. Inzwischen ist schon wieder etwas mehr los in den Kleinstadt-Straßen. Aber niemand weiß, wie lange die Dinge noch in der Schwebe sein werden.

Das Gedicht-Video findet man auf Youtube über die Suchwörter "Anders als immer" oder auf der Homepage von Inka Lezius unter der Adresse www.inkalezius.de.

EK