Eichstätt
Der Gatte, der Teenager und ich - CORONotizen aus der Kleinstadt

25.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:40 Uhr
  −Foto: Wein, Elisabeth, Pollenfeld/Preith

Jede Lage, so ernst sie auch sein mag, wird leichter, wenn wir uns unseren Humor bewahren - gerade auch, wenn man plötzlich viel mehr Zeit mit der eigenen Familie verbringt, als man vielleicht jemals wollte.

 

Deshalb erzählt Autorin Elisabeth Wein in unserer Kolumne "CORONotizen aus der Kleinstadt", wie eine Familie, bestehend aus Mutter, Vater und Teenager-Sohn, ihren Corona-Alltag meistert. Und auch wenn es diese Eichstätter Familie tatsächlich geben und sich darin durchaus ein wahrer Kern finden sollte, sind doch alle Begebenheiten frei erfunden. Sie wollen vor allem eines: Sie in dieser schwierigen Zeit zum Lachen bringen.

Als unsere Belegschaft ins Corona-Homeoffice zog, mailte ein Kollege einen Ratgeber für erfolgreiche Heimarbeit - reich an Tipps und bebildert mit Fotos, auf denen dicke Katzen Laptop-Tastaturen vollhaaren. Überhaupt scheint es mir, dass Homeoffice erst mit mindestens einer Katze im Haushalt möglich ist, womit ich leider nicht dienen kann. Zwar neigt der Gatte zum Haaren, doch die Vorstellung, wie er sich auf meiner Tastatur räkelt und dabei Fellbällchen auswürgt, ist eher verstörend als motivierend.

Der Ratgeber erklärt auch, dass im deutschen Rechtssystem gar nicht vom Homeoffice, sondern vom Telearbeitsplatz die Rede ist. "Telearbeitsplatz", mokiere ich mich, "das klingt furchtbar altmodisch und erinnert an die elektrische Schreibmaschine meiner Mutter, deren abendliches Klappern das Wiegenlied meiner Kindheit war".

Während ich mich noch wehmütig an Tippex und Farbbänder erinnere, warnt der Gatte vor allzu schicken Anglizismen. Also befrage ich, niemals willig, ihm das letzte Wort zu lassen, das Online-Wörterbuch. Und sieh an: Zwar gibt es im Englischen das Wort "home office", was aber neben Heimarbeit genauso gut Firmenzentrale oder auch Innenministerium heißen kann. Mein unaufgeräumter Schreibtisch ein Innenministerium? Dieser Gedanke gefällt mir! Ich biete dem Teenager den Posten meines Staatssekretärs an, der jedoch dankend ablehnt und lieber weiterhin von der Couch aus die Weltherrschaft plant.

Aber zurück zum Leitfaden für den erfolgreichen Telearbeitsplatz: Er warnt eindringlich davor, in Schlafanzug oder Jogginghose den Schreibtisch zu entern. Keinesfalls soll sich bei der Arbeit Couch-Gemütlichkeit einstellen. Was würde wohl geschehen, würde unsere erwerbstätige Leibesmitte nur noch von ausgeleierten Jogginghosenbünden zusammengehalten? Wäre die Folge eine Revolution der Telearbeiterinnen und Telearbeiter - getreu der Parole "Schlabberhosenträger aller Länder, vereinigt euch"?

Na gut, denke ich, so weit will ich es nicht kommen lassen. Wehmütig hauche ich meinem flauschigen Einhorn-Schlafanzug ein "Bis heute Abend, Schatz" zu. Stattdessen: duschen, anständig anziehen (inklusive BH! ), Haare an die richtige Stelle rücken und Gesicht aufmalen. Ob das der Arbeitsmoral wirklich hilft, weiß ich nicht, aber der Gatte zuckt nicht jedes Mal erschrocken zusammen, wenn wir uns auf dem Gang treffen.

Bis gestern ging dies gut. Doch heute erschien der Teenager mit einem seiner berüchtigten Sprüche-T-Shirts zum Frühstück. Darauf in dicken Lettern: "Mein Chef sagt, ich soll mich für den Job kleiden, den ich will, nicht den ich habe. Sitze jetzt als Batman im Meeting". Da kann der Homeoffice-Ratgeber noch so gut argumentieren, diese Losung trifft mich als revolutionäre Telearbeiterin im Innersten. Und so schalte ich mich wenig später in die erste Videokonferenz des Tages, gekleidet ins Kostüm der Herzkönigin aus "Alice im Wunderland". Während sich die Grinsekatze auf meiner Tastatur breitmacht, schmettere ich Kundschaft und Kollegen ein fröhliches "Ab mit dem Kopf" entgegen - erhobenen Hauptes, selbstverständlich.

EK

(Fortsetzung folgt. . . )