Chrastava
Eichstätter Delegation bei Attentat auf Vaclav Klaus hautnah dabei

30.09.2012 | Stand 03.12.2020, 1:01 Uhr
Vor dem Attentat: Vaclav Klaus (tschechischer Staatspräsident), Michael Canov (Bürgermeister von Chrastava) und Eichstätts OB Andreas Steppberger (von rechts) durchschneiden das Band und geben die Brücke offiziell frei. −Foto: hr

Chrastava/Eichstätt (hr) Dramatische Sekunden für die Delegation aus Eichstätt in Chrastava: Hautnah miterlebt haben Oberbürgermeister Andreas Steppberger und Mitglieder der Eichstätter Delegation am Freitagnachmittag ein Attentat auf den tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Klaus. Das Attentat ging zum Glück glimpflich aus, da der Täter eine Softair-Pistole benutzt hatte. Klaus wurde nur leicht verletzt.

Die Eichstätter waren am vergangenen Wochenende nach Chrastava gereist, um das zehnjährige Bestehen der Partnerschaft zwischen den beiden Städten zu feiern. Dabei sollte gleichzeitig eine Brücke eingeweiht werden, die bei dem katastrophalen Hochwasser 2010 zusammen mit sechs weiteren Brücken zerstört worden war. Die Brücke war auch mit Spendengeldern aus Eichstätt wieder errichtet worden. Zur Einweihung hatte sich auch der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus angesagt.

Nachdem Klaus zusammen mit OB Steppberger die Brücke eröffnet hatte und bei seinem Gang durch die Menschenmenge wieder auf dem Weg zu seinem Wagen war, zog ein 26-jähriger, in einem grün-braunen Tarnanzug gekleideter junger Mann direkt neben Klaus und in unmittelbarer Nähe von Steppberger und Bürgermeister Josef Schmidramsl die Pistole und drückte vier Mal ab. „Es ging alles rasant schnell, und wir waren wie gelähmt“, schilderten ein zutiefst erschrockener Steppberger und ein fassungsloser Schmidramsl die Situation. „Wir konnten überhaupt nicht reagieren, hörten nur das viermalige Peng der Schüsse.“

Völlig überrascht war auch Klaus, der sich, verblüfft ob des Attentats, lediglich die Körperstelle, auf die die Schüsse gerichtet worden waren, mit der Hand abstreifte und zunächst das Bad in der Menge fortsetzte.

Reagiert hatten auch die Leibwächter des tschechischen Staatspräsidenten nicht, was Klaus am Abend dann, nachdem er mit Blutergüssen in einem tschechischen Militärkrankenhaus behandelt worden war, mit den Worten kommentierte, er sei mit seiner Security alles andere als zufrieden. Der Attentäter, ein 26-jähriger radikaler Jungkommunist, wurde von der Stadtpolizei festgenommen, der Staatspolizei übergeben und zu einem Polizeiwagen gebracht, wo er noch in aller Ruhe eine Zigarette rauchen konnte, bevor er weggebracht wurde.

Auch die weiteren Mitglieder der Eichstätter Delegation, MdL Eva Gottstein, Gerhard Julius Beck, Hans Bittl und der ehemalige Oberbürgermeister Arnulf Neumeyer, hatten den Vorfall miterlebt und waren verblüfft über die geringen Vorsichtsmaßnahmen, die vor und während des Besuchs von Vaclav Klaus in Chrastava getroffen worden waren.

Chrastavas Bürgermeister Michael Canov zeigte sich nach dem Attentat erleichtert über den Ausgang. Ein Attentatsversuch auf einen politischen Repräsentanten der Republik sei in Tschechien bisher nicht vorgekommen und auch unvorstellbar, sagte er im Hinblick auf die sozialistische Vergangenheit der jungen Republik: „Wir kennen hier so etwas überhaupt nicht.“ Entsprechend lax waren auch die Sicherheitsvorkehrungen.

Canov musste die im Anschluss an die Brückeneinweihung angesetzten Feierlichkeiten zum zehnjährigen Bestehen der Partnerschaft zwischen den Städten Eichstätt und Chrastava in der Aula der Schule auch immer wieder verlassen: Er musste die vielen Anrufe entgegennehmen und beantworten, in denen tschechische Medien Auskunft über den Hergang des Attentats verlangten. Der Vorfall in Chrastava war am Abend auch Hauptthema im tschechischen Fernsehen sowie am nächsten Tag in den Zeitungen des Landes.

Ausführlicher Bericht über die Feierlichkeiten zum Jubiläum der Städtepartnerschaft folgt.