Eichstätt
"Aufklären ohne Schonung meiner Person"

16.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr
Mit der „Grundhaltung der Demut“ und im Dialog will Bischof Gregor Maria Hanke nach dem Finanzskandal des Bistums das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen. −Foto: Schneider (Archiv)

Eichstätt (EK) Das Bistum Eichstätt wird von einem Finanzskandal erschüttert. Unter diesen Vorzeichen treffen sich kommende Woche in Ingolstadt die deutschen Bischöfe zu ihrer seit Langem anberaumten Vollversammlung. Wir haben mit Bischof Gregor Maria Hanke gesprochen.

Herr Bischof, Sie sind immer wieder in den Pfarreien unterwegs, etwa zwei Tage nach dem Bekanntwerden des Finanzskandals auf Pastoralbesuch in Adelschlag. Die Affäre bewegt die Menschen. Was sagen Sie ihnen?

Bischof Gregor Maria Hanke: Mein Anliegen ist, mit den Menschen draußen ins Gespräch zu kommen, ihrer Meinung Raum zu geben. Natürlich kommuniziere ich auch von meiner Seite diese tiefe Betroffenheit, die Beschämung, die ich über solch einen Finanzskandal empfinde, der sehr viel Vertrauen zerstört hat - über den materiellen Verlust hinaus. Dieses Vertrauen der Gläubigen muss man wirklich mühselig wiedergewinnen. Da hilft nichts anderes, als mit den Menschen zu reden, ihnen zu begegnen, den Dialog zu suchen. Abgesehen von den grundsätzlichen Fragen, die der Skandal natürlich aufwirft.

 

Glauben Sie, dass die Kirche das Vertrauen der Menschen wiedergewinnen kann?

Hanke: Ich hoffe. Da wird viel auch von uns abhängen, in welcher Art und Weise wir uns auf die Menschen zubewegen, wie wir bereit sind, auf die Menschen zu hören, auch auf die Kritik. Ich denke, da hilft nur eine Grundhaltung der Demut.

 

Sie stehen als Bischof selber in der Kritik.

Hanke: Ich bin mit diesem Fall schon lange befasst. Ich habe bereits nach den ersten Grunderkenntnissen eine ganz klare Entscheidung getroffen, nämlich aufzuklären, alles auf den Tisch zu legen, ohne Wenn und Aber. Auch ohne Schonung meiner Person. Es geht hier um die Sache, es geht hier um einen Dienst an der Diözese. Das können auch die Rechtsanwälte bestätigen. Ich habe immer die Devise ausgegeben: Volle Fahrt voraus, keine Versuche des Tricksens oder des Herabmilderns. Das hat seinen Höhepunkt erreicht, als ich die Strafanzeige an den Staatsanwalt gerichtet habe. Von daher wusste ich natürlich auch, worauf ich mich einlasse. Aber ich sehe auch keinen anderen Weg als den der konsequenten Aufklärung. Und ich bin froh, dass ich die Transparenzoffensive so vehement verfolgt habe. Sonst wären wir heute nicht so weit.

 

Sie sagen, ohne Schonung Ihrer Person. Sie sind das bewusst angegangen, auch wenn es Kritik hageln wird?

Hanke: Das war mir bewusst. Es ist natürlich absehbar, wie die medialen Gesetze ablaufen, wie die Stimmung sich entwickelt.

 

Auch weil Sie wussten, wie man mit Bischof Tebartz-van Elst in Limburg umgegangen ist.

Hanke: Da kann man keinen Vergleich herstellen. Eichstätt stellt einen anderen Fall dar. Aber es war für mich ganz klar: Aufdecken und Aufklären ist nicht unbedingt eine Sache, die einem Orden einbringt.

 

Vor zwei Jahren haben Sie die deutschen Bischöfe ins Bistum Eichstätt eingeladen zur Frühjahrsvollversammlung. Damals wussten Sie nicht, unter welchen Vorzeichen die Konferenz beginnen wird. Und der Skandal hier ist nicht der einzige finanzielle Brandherd in deutschen Diözesen. Wird das Geld Thema sein?

Hanke: Es wird sicher Thema sein. Und wir müssen uns auch über diese Fragen noch tiefer austauschen. Ich persönlich meine allerdings, dass man das nicht so sehr an Köpfen oder an Bistümern festmachen sollte. Es ist vielmehr die Frage des Systems: Wie geht die Kirche mit Geld um? Und es ist auch die Frage: Wie viel Geld braucht die Kirche? Wohin wird uns die Zukunft führen? Was ist wirklich notwendig? Wo sind wir vielleicht zu sehr ein Spiegelbild der Gesellschaft, was die Vorsorgepolitik und Absicherungstechnik anbelangt? Ich habe Freunde, die Bischöfe in anderen europäischen Ländern sind, die wirtschaftlich ganz anders aufgestellt sind, und erlebe, dass auch dort sehr wohl ein guter Weg möglich ist. An die genannten Fragen müssen wir geistlich und pragmatisch herangehen. Und es sind Grundsatzfragen, denen wir uns stellen müssen.

 

Sie haben Ihren Mitbrüdern einen Brief geschrieben, um zu vermeiden, dass Sie vom Finanzskandal in Eichstätt aus den Medien erfahren. Haben Sie Reaktionen erhalten?

Hanke: Ich habe Rückmeldungen bekommen und auch Zusagen, dass man bei der Konferenz darüber miteinander ins Gespräch kommt.

 

Freuen sie sich trotz allem auf kommende Woche?

Hanke: Doch, ich freue mich. Es ist doch immer schön, wenn man Besuch bekommt. Und ich glaube auch, dass die Bischöfe, die kommen, im Gebet mit uns verbunden sind. Wo gebetet wird, öffnet sich der Himmel, auch wenn sonst noch viele grauen Wolken am Himmel hängen.


Das Gespräch führte Marco Schneider.