Eichstätt
Bedeutung der Rede- und Glaubensfreiheit

24.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:11 Uhr
Die Mitglieder des Arbeitskreises Shalom an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt mit der Preisträgerin (4. von links) und den Laudatoren. −Foto: Dagmar Kusche

Eichstätt (ddk) Die Wahl des Laudators für die diesjährigen Shalom-Preisträger Yara Bader und Mazen Darwish hätte keinen besseren Kenner der Materie treffen können: Professor Michael Naumann (Foto) ist Journalist und Publizist, Politiker und ehemaliger Kulturstaatsminister.

Seit 2015 ist er zudem Gründungsdirektor der Barenboim-Said-Akademie in Berlin, einer Musikhochschule. Naumann kennt die beiden syrischen Preisträger persönlich, da er sie seit ihrer Flucht nach Deutschland bei ihrem Kampf für die Einhaltung der Menschenrechte in Syrien unterstützt.

In seiner Laudatio hielt er auch der westlichen Gesellschaft unerbittlich den Spiegel vor. Sein Ausgangspunkt war die Erklärung der Menschenrechte im Dezember 1948 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen - und dabei die besondere Rolle der "Rede- und Glaubensfreiheit und der Freiheit von Furcht und Not", die in der Präambel verankert ist.

"Wo die Kritik an den Machenschaften der Herrschenden unterbunden wird," so Naumann, "gleitet jeder Staat früher oder später ab in Unterdrückung, Unfreiheit und soziales Elend, wenn nicht gar in Krieg. " Dabei komme es gerade auch auf eine unbestechliche und unabhängige Justiz an, die über den Grundsatz der Redefreiheit zu wachen habe. Naumann verwies nicht nur auf das historische Nazi-Deutschland und seine "Lügen-Presse", wie Göbbels die freie Berichterstattung genannt hatte, sondern auch auf die mehr als 50000 politischen Gefangenen, die derzeit in türkischen Gefängnissen sitzen, unter ihnen auch Journalisten und Menschenrechtler.

Die populistischen Tendenzen in Budapest und Warschau führten ebenso zu einer Einschränkung der Rede- und Gedankenfreiheit wie Donald Trumps "tägliche Lügen" über Twitter oder seine jüngste Abberufung der Vereinigten Staaten aus dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen. Freilich entlarve die amerikanische Presse "Trumps habituelle Lügenhaftigkeit", während dies in Syrien nicht geschehen könne, weil dort Menschen, die die Wahrheit sagen, verhaftet und gefoltert werden oder spurlos verschwinden, wie bisher rund 75000 Journalisten, Menschenrechtler, politische Aktivisten und Oppositionelle.

Auch der syrische Journalist und Anwalt Mazen Darwish und seine Frau Yara Bader wurden unter dem Vorwand des "Terrorismus" verhaftet, weil sie die Pressefreiheit verteidigt und dafür ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben. Von Deutschland aus arbeiteten er und seine Frau bewundernswert beharrlich weiter an ihrem Freiheits-Projekt. Ihnen wurden Tausende Dokumente aus Syrien zugestellt, die nun endlich zu der Anklage des Generalbundesanwalt in Karlsruhe führten, gegen sechs hochrangige Mitglieder des Assad-Regimes wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit vorzugehen, geführt hätten.

Mazen Darwish und Yara Bader, so Naumann, hätten ihr Leben für die Freiheit der Information aufs Spiel gesetzt und dafür gesorgt, dass die Syrer wieder als Menschen wahrgenommen würden. "Für mich sind die beiden Helden in einer Zeit, die glaubt, auf Helden verzichten zu können. "