Eichstätt
Auf nächtlicher Entdeckungstour

Lars Günther zeigt seine Fotografien "Eichstätt 10 Stunden 04 Minuten" bei Christof Cebulla

01.09.2020 | Stand 02.12.2020, 10:39 Uhr
  −Foto: Kusche/Günther

Eichstätt - Eichstätt per Kamera einmal bei Nacht erkunden - diesen außergewöhnlichen Wunsch erfüllte sich der Wellheimer Landart-Künstler Lars Günther genau vor einem Jahr im August.

Über zehn Stunden wanderte er zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang quer durch die barocke Innenstadt, hoch hinauf auf die Willibaldsburg und schließlich auch auf den Schießstättberg. Die faszinierenden Fotografien jener Augustnacht sind nun in einer Ausstellung in der Galerie der Buchhandlung Christof Cebulla im Chauvistrehaus zu sehen. "Eichstätt 10 Stunden 04 Minuten" lautet der Titel der außergewöhnlichen Fotoausstellung, die den Besucher auf die nächtliche Entdeckungstour in und um Eichstätt mitnimmt.

Viele Menschen genossen den warmen und schönen Sommerabend des 23. August 2019 bei einem kühlen Getränk oder beim Grillen. Der junge LandArt- und Fotografiekünstler Lars Günther, Jahrgang 1996, startete indes an jenem Abend pünktlich zum Sonnenuntergang gegen 20.30 Uhr am Herzogsteg zu seiner fotografische Entdeckungstour. Ausgerüstet mit seiner Nikon-Kamera, Taschenlampe, Proviant und Jacke nahm er zunächst die besonderen Lichtstimmungen während des Sonnenuntergangs in den Fokus: der Blick vom Herzogsteg auf Altmühl, Häuserkulisse und Spitalkirche, die Domtürme im Licht der letzten Sonnenstrahlen. Schon beim Überqueren der Schlößl-brücke zu den Seminarwiesen, um 21.30 Uhr, spazierte Günther im Dunkeln, einen letzten lichtblauen Himmelsstreifen erhaschte er mit seiner Kamera nur noch über dem Hofgarten mit seinem gerade noch hell hervorstechenden Pavillon.

Beim Passieren der Universitätsbibliothek fotografierte der junge Künstler die gespenstische Atmosphäre der spärlich beleuchteten Bibliotheksräume mit ihren Wendeltreppen, Bücherregalen und Arbeitstischen, bevor er dann in seinem nächtlichen Spaziergang an freundlich-hell beleuchteten Gebäuden wie der Sommerresidenz, dem Haus der Musik der Universität in der Ostenstraße und Notre-Dame vorbeiwanderte. Wunderschöne Aufnahmen von Eichstätts Zentrum bei Nacht gelangen Günther schließlich vom Schießstättberg, von wo aus er sowohl die majestätisch wirkenden Domtürme als auch das beleuchtete Rathaus in den Fokus setzte.

Während sich die meisten Menschen wohl gegen Mitternacht zur Ruhe legten, begann für Günther in jener Augustnacht gerade einmal die zweite nächtliche Fototour: "Nach einer ersten Pause standen bei mir ab circa ein Uhr ein weiterer Gang durch Eichstätts Zentrum sowie ab 4 Uhr die Willibaldsburg auf dem Programm", erzählt Günther beim Aufhängen seiner Bilder in der Galerie Christof Cebulla. Diese Erfahrung sei schon außergewöhnlich gewesen, betont der junge Künstler, der in Kürze nach Eichstätt zieht: "Ich habe fast keine Menschenseele mehr getroffen, das war schon sehr einsam", erinnert sich Günther, der eindrucksvolle Aufnahmen von dem um 1.18 Uhr fotografierten Eingang des Landratsamts, faszinierende Schattenspiele der Domfassade um 2.35 Uhr und ein atemberaubendes Bild vom gespenstisch grünlich schimmernden Heiligen Willibald vor dem Halbmond präsentiert - aufgenommen um 3.05 Uhr. Vor allem den anschließenden Gang Richtung Willibaldsburg und das Passieren des Burgtunnels zur Burg hat Günther als "sehr gruselig" in Erinnerung: "Hier gibt es ja so gut wie keine Beleuchtung, da half nur die Taschenlampe", betont Günther lachend, der den Tunneleingang dann auch in imposanten Fotografien festgehalten hat.

Schon um 4.56 Uhr konnte Günther dann die ersten Lichtspiele des beginnenden Sonnenaufgangs ausmachen: majestätisch zeichnet sich die Burg vor dem bereits orange sich färbenden Morgenhimmel ab, während in westlicher Richtung noch ein wunderbarer Sternenhimmel zu sehen ist. Um 5.30 Uhr gelang Günther noch ein eindrucksvolles Panoramabild vom frühmorgendlichen Eichstätt, dessen beleuchtete Domtürme, angestrahltes Rathaus und illuminierte Schutzengelkirche aus dem Halbdunkel der Stadt herausstechen. Um 6.14 Uhr zeugt die Aufnahme der Domtürme und der Spitalkirche vor dem Morgenhimmel ganz eindeutig vom neuen Tagesanbruch - die nächtliche Fototour ist zu Ende.

Die Idee zu einer nächtlichen Fototour hatte Günther schon vor längerer Zeit: "Das komplette Ensemble von Lichtstimmungen einmal von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang einzufangen, das hat mich schon immer gereizt", betont der junge Künstler, der als Reitsportsattler in Rennertshofen tätig ist und schon mehrere Ausstellungen, so auch 2017 die Schau "Draußen" in der Galerie Christof Cebulla, veranstaltet hat.

130 eindrucksvolle Fotografien sind in der Nacht vom 23. auf den 24. August zwischen 20.16 Uhr und 6.20 Uhr entstanden, von denen rund 25 in der Galerie von Christof Cebulla zu bestaunen sind. Der Betrachter spürt: Günthers Ansprüche an seine Fotografien sind hoch: "Mir geht es nicht allein um Dokumentation von Natur, Bauten oder Objekten, sondern um ganzheitlich hervorragende Fotografien, bei denen das Motiv, das Licht und der Hintergrund in der Gesamtheit stimmen. " Mit eben diesem professionellen Blick für Motiv und Lichtstimmung ist dem jungen Fotokünstler dann auch seine aktuelle Ausstellung gelungen. Sie zeigt eine ganz besondere Seite von Eichstätts Schönheit, die allerdings nur zur Schlafenszeit, in tiefster Nacht, zu entdecken ist.

Die Ausstellung "Eichstätt 10 Stunden 04 Minuten" ist noch bis zum 30. Oktober in der Buchhandlung Cebulla in der Ostenstraße 2, Montag bis Freitag von 9 bis 12 Uhr und 14 bis 18 Uhr, zu sehen. Die Fotografien sind auch auf der Homepage von Lars Günther unter www. guenther-lars. de zu sehen.

EK